Title:  Ms-141 (WL) - Diplomatic transcription [Draft]
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Author:  Ludwig Wittgenstein
Editor:   Edited by
Organization: Wittgenstein Archives at the University of Bergen (WAB). Editors: Alois Pichler, WAB (text and facsimile)
Funders & Partners:   Trinity College, Cambridge; Oxford University Press, Oxford; Uni Research, Bergen; University of Bergen, Bergen; L. Meltzers Høyskolefond, Bergen; COST Action A32, Brussels; eContent+ DISCOVERY, Luxembourg; ICT PSP DM2E, Brussels
Transcription: Espen Ore, Kyrre Trohjell, Heinz Wilhelm Krüger, Jürgen Gercken (transcription in MECS-WIT markup: 1995, 1997, 1999)
Alois Pichler (2001-: coordination and editorial guidelines; amendments; conversion from MECS-WIT to XML-TEI; XML-TEI markup)
Claus Huitfeldt, Kjersti Bjørnestad Berg, Sindre Sørensen, MLCD project (2001: parser for conversion from MECS to XML)
Vemund Olstad, Øyvind L. Gjesdal (2002-: stylesheets)
Tone Merete Bruvik, Øyvind L. Gjesdal (2006-: XML-TEI validation)
Heinz Wilhelm Krüger, Deirdre C. P. Smith, Florian Gstöhl (2006-: amendments; XML-TEI markup)
Rights:  Copyright holders: The Master and Fellows of Trinity College, Cambridge; University of Bergen, Bergen. Released under the Creative Commons General Public License Attribution, Non-Commercial, Share-Alike version 3 (CCPL BY-NC-SA).
Source description: Tba.

     
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    Augustinus' Beschreibung des Lernens der Sprache.
  Diese Auffassung ist einem großen Teil der Menschen die natürliche.
  Man denkt daran, wie das Kind die Namen den Gebrauch von Personen & Worte
wie “Mann”, “Sessel”, “Zucker”, lernt.
   An Bestandteile der Sprache wie “jetzt und”, “nicht”, “aber”, “alle”vielleicht
denkt man dabei nicht.
  Augustin's Auffassung des Lernens der Sprache könnte man
unvollständig, nennen lückenhaft nennen. Als sähe jemand
auf einen Wald aus von Laubbäumen, Nadelbäumen, ˇSträuchern, Farnen & anderem.,.
& sagte, der Wald bestehet aus Kiefern.
  Es ist aber wichtig, daß wir uns eine Sprache (System der Verstän-
digung) denken können, für die Augustins Beschreibung gilt.
     
1)     Denken wir uns eine Sprache deren Funktion es ist, daß ein
Bauender A sich durch sie mit einem Handlanger B verständigt.
B soll dem A Bausteine zureichen. Es gibt Quadern, Säulen, Platten,
Balken, usw.. Die Sprache besteht aus den Wörtern: “Quader”, “Säule”,
“Platte”, “Balken”; A ruft dem B eines dieser Wörter zu, B bringt darauf
einen Baustein von bestimmter Form.
  Das Kind lernt diese Sprache von den Erwachsenen; es wird zum
Gebrauch der Sprache abgerichtet. Dabei wird auf einen Baustein
hingewiesen, die Aufmerksamkeit des Kindes auf ihn gelenkt, & ein Wort
ausgesprochen. Dies kann man “hinweisendes Wortelehren“ nennen.
     Im eigentlichen Gebrauch dieser Sprache ruft der eine Teil die
Worte, als Befehle, der andere handelt nach ihnen; aber das Lernen im Lernen
der Sprache kann den Vorgang enthalten wird es vorkommen daß der Lernende die Dinge
nur ‘benennt’, d.h., die Wörter der Sprache sagt ausspricht wenn auf die Dinge
gezeigt wird. Ja es gibt in diesem Lernen auch d[en|ie] einfacheren
Übung: der Lernende wiederholt die Wörter die der Erwachsene ihm vor-
spricht.
     
2)     Betrachten wir eine Erweiterung dieser Sprache: Der Handlanger
weiß die Reihe der Wörter “eins” bis “zehn” auswendig; auf den Befehl
“fünf Platten!” geht er an den Ort wo die Platten liegen, sagt die Reihe von
“eins” bis “fünf” & nimmt bei jedem Wort eine Platte auf; dann bringt
er die fünf dem Bauenden. (Hier gebrauchen beide Teile die Sprache redend)
  Beim Im Lernen dieser Sprache wird das Memorieren der Zahlwörter
einen bedeutenden Platz einnehmen. – Die Anwendung der einzelnen Zahl-
wörter wird wieder hinweisend gelehrt werden. Aber nun wird das
gleiche Wort (etwa “drei”) sowohl durch den Hinweis auf Platten, wie
auf Quadern etc. gelehrt, & anderseits verschiedene Zahlwörter
durch den Hinweis auf durch den auf verschiedene Gruppen der
gleichen Art von Steinen.
     
3)     Führen wir weitere Vorrichtungen der Sprache ein: Einem bestimmten
Gegenstand (Baustein) wird – durch Hinweis – ein Name (Eigenname)
gegeben; wird der Name gerufen, so bringt B den Gegenstand. Das Hin-
weisende Lehren ist hier wieder anders; vergleiche es mit dem Früheren.
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4)     Auf den Befehl “Die Platte dort!” bringt B die Platte auf welche gezeigt
wird wurde; auf den Befehl “Platte dorthin!” bringt er eine Platte an den Ort,
auf den gewiesen wird. Wird der Gebrauch der Worte “dort” & “dorthin”
auch hinweisend gelehrt? N.B., <:> Bedenke: man gibt nicht einem Ort den Namen “dort”.
     
5)     Frage & Antwort. A fragt “Wieviele Platten?” – B zählt sie & antwortet die
Zahl.
       Jede dieser Formen des sprachlichen Verkehrs könnte man ein “Sprach-
spiel” nennen. Sie sind dem, was wir gewöhnlich “Spiele” nennen, mehr
oder weniger, verwandt. Das Kind lernt den Gebrauch die Sprache mittels
solcher Spiele. (Und sie diese haben dann oft auch den unterhaltenden Cha-
rakter des Spiels.)
       Die Sprachspiele wollen wir nicht als unfertige Teile, als Bruch-
stücke eines Ganzen, der Sprache, betrachten, sondern als in sich ab-
geschlossene Sprachen, Systeme menschlicher Verständigung. Und
hiezu ist es nützlich sich vorzustellen, ein primitiver Volksstamm
besitze so eine Sprache, die, z.B., nur blos aus einem System von Befehlen
zum Gebrauch im Kriege besteht. – Eine solche primitive Sprache ist
dann unmittelbar verwandt einer primitiven Arithmetik.
Auch wer der welcher die chem Zeichenschrift der Chemie, darstellende Geo-
metrie, das Lesen der Wetterkarte lernt, etc., lernt neue Sprach-
formen, Sprachspiele.
     
6)     Ein weiteres Sprachspiel: Nach der Benennung fragen. Es werden
neue Formen von Bausteinen eingeführt. B zeigt auf einen & fragt: “Was
ist das?” – A antwortet “Das ist ein …”. Ruft A später das so neu eingeführte
Wort ˇ(etwa z.B. “Sockel”) so bringt B den Stein. Die Worte “das ist …” mit der hinweisen-
den Gebärde heißen “hinweisende Erklärung”.
     Erklärt wurde in diesem Fall ein Gattungsname (insbesondere
ein Formname). Analog kann hinweisend nach dem Eigennamen eines
bestimmten Dings gefragt werden, & so auch nach dem Namen
der Benennung einer Farbe, einer Zahl, einer Richtung, etc..
     
7)     In einer Tabelle werden sind Schriftzeichen Abbildungen gegenübergestellt.
B ist mit der Tabelle versehen; A schreibt eines der Zeichen; B sucht es
in der Tabelle, blickt ˇoder zeigt auf das dazugehörige Bild & bringt den Gegen-
stand, den es darstellt.
     Wir haben in jedem dieser Sprachspiele neue Zeichenarten ein-
geführt. – Ich will vor allem zwischen Sätzen & Wörtern unterschei-
den. “Satz” nenne ich hier jedes vollständige Zeichen eines Sprach-
spiels. Seine Teilzeichen sind Wörter. Ein Satz kann auch aus bloß
einem Wort bestehen. So sind im Sprachspiel (I) die Wörter “Quader”, “Platte”, etc. die Sätze. die Sätze des Sprachspiels (I) die Wörter “Quader”, “Platte”, etc..
Im zweiten Sprachspiel besteht ein Satz aus zwei Wörtern.
     Je nach der Rolle, die ihnen in dem Sprachspiele zufällt können
wir unter den Sätzen Befehle, Fragen, Beschreibungen & andre Arten
unterscheiden.
     
8)     Wenn in einem, No 1 ähnlichen, Sprachspiel der Befehl Zuruf lau-
tet “Quader, Platte, Säule!”, worauf der Gehilfe eine Quader, eine Platte
& eine Säule zureicht, so kann man hier von drei Befehlen (Sätzen), aber
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auch von einem (zusammengesetzten) sprechen.
     
Soll aber
9)     durch die Ordnung der Wörter die Ordnung des Zureichens
angegeben werden, (“Quader, dann Platte, dann Säule”), so werden wir sagen,
A rufe einen Satz, der aus drei Wörtern besteht.
     Unter den Wörtern sehen wir ˇGruppen solcher mit gleichartigen Funktionen
Wir sehen eine Analogie im Gebrauch der Wörter “eins”, “zwei”, “drei”, etc.
& anderseits eine im Gebrauch Analogie in der Art des Gebrauchs von “Quader”, “Säule”, etc.. Wir unterscheiden
daher Wortarten; z.B. Zahlwörter & Formwörter. Man könnte aber, aus
naheliegenden Gründen, das Wort “eins”

     Die Sätze in (8) bestehen aus mehreren Wörtern der gleichen Wortart.
     Die Funktion der eines W[o|ö]rter kann in einem andern Sprachspiel auf
die Ordnung der übrigen Wörter des Satzes übergehn. Was hier ein
Wort leistet wird in einem andern System ohne ein solches getan.
  Die Befehle im Sprachspiel (9) hätte man mit Hilfe von Ordnungs-
wörtern geben können; also etwa so: “Zweitens Platte, erstens Quader, drittens
Säule!”; & diese Ordnungswörter kann man durch die Ordnung der
Formwörter eliminieren.
     Eine solche Überlegung zeigt, wie viel weniger rigid die Funktion
des Wortes im Satz ist als die Logiker vielfach meistens annehmen.
     Wenn wir Wörter nach der Ähnlichkeit ihrer Funktion zusammen-
stellen, so werden sie sich nach verschiedenen Gesichtspunkten,
verschieden zusammenstellen lassen. So könnte man, aus nahe-
liegenden Gründen, das Wort “eins” nicht mit “zwei”, “drei”, etc. zusammen-
fassen wollen. (Man sagt oft “zwei oder mehrere”.) “Weiß ist keine Farbe”.
     Wörter kann man in vielen Beziehungen mit Schachfiguren
vergleichen. – Denke an die verschiedenen Möglichkeiten die Schachfi-
guren nach ihren Funktionen im Spiel in Gruppen zu sondern.
     Es ist natürlich, zur Sprache, zum Ausdruck, auch die zeigen-
de Gebärde zu rechnen, die z.B. in (4) die Worte begleitet. Aber auch
die Abbildungen in (7) sind solche Sprachmittel. Augustinus
     Solche Abbildungen & andere ähnliche Mittel der Sprache nennen
wir “Muster”. (Das ist eine vague Bestimmung; & soll es sein.)
     Muster & Wort haben ganz verschiedene Funktion. Mit dem Muster
wird etwas verglichen, mit dem Wort nicht. (Wird aber das ein Wort onomatopoetisch
gebraucht, so könnte man es auch ein Muster nennen.)
     Wir haben mit dieser Unterscheidung aber nicht eine fundamentale,
letzte Dualität in der Logik festgestellt; sondern nur aus de[m|n] <…>
Mitteln unsrer Sprache zwei charakteristische Arten hervorgehoben.
     Man wird etwa “1”, “2”, “3”, “4”, etc. Wörter nennen; “|”, “||”, “|||”, “||||”,
etc. dagegen Muster. Wenn nun in einer Sprache die Zahlwörter
“eins”, “eins eins”, “eins eins eins”, etc. lauteten,– sollten wir “eins” ein Wort
nennen oder ein Muster?
     Das gleiche Sprachelement kann hier als Wort & dort als
Muster fungieren. Eine Kreisfigur kann der Name (Wort) einer das Wort für eine Elipse
sein, aber auch das Muster womit sie in einem Sprachspiel nach
bestimmter Projektionsmethode zu vergleichen ist.
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     Wir nennen eine große Mannigfaltigkeit mit einander mehr oder
weniger verwandter Vorgänge den “Vergleich eines Gegenstands mit
einem Muster” & wir fassen Sprachelemente mit vielerlei mehr oder
weniger verwandten Funktionen unter dem Wort “Muster” zusammen.
     Im Sprachspiel In (7) vergleicht B ein Bild auf einer Tabelle mit Ge-
genständen, die er vor sich hat. Aber wie vergleicht er sie? – Die Abbildun-
gen
Auf der Tabelle
seien in einem Fall (α) das die Bild<er> eines Hammers, einer Zange,
eines Meißels & einer Säge, in einem anderen (β) zwanzig Abbildungen ver-
schiedener Schmetterlinge der Gattung Schwärmer. Im zweiten Fall wird
das Vergleichen von der Abbildung mit den Gegenständen ein ganz ande-
rer Vorgang sein, als im ersten. Wieder anders aber im Fall γ), wenn
die Bilder die Maßstabgetreuen Zeichnungen von Quadern verschiede-
ner Proportionen sind & das Vergleichen ˇetwa mit dem Meßzirkel ge-
schieht. Etc., etc..
     Die Aufgabe konnte sein einen Stoff von der Farbe des Musters
zu bringen. Aber wie sind die Farben von Muster & Stoff zu vergleichen?
     
10)     Etwa so: Man zeigt B das Muster, daraufhin holt er den Stoff
(“nach dem Gedächtnis”).
     
11)     Oder: B erhält das Muster & blickt vom Muster auf die Stoffe
aus denen er zu wählen hat.
     
12)     Oder: B hält das Muster der Reihe nach an die Stoffe & wählt
den, den er vom Muster nicht unterscheiden kann; für welchen, etwa,
der Ubergang vom Muster zum Stoff verschwindet.
     
13)     Denken wir anderseits an den Vergleich der Farben, wenn der
Auftrag lautete: “Bringe einen Stoff, etwas dunkler als dieses Muster”.
     In (10) sagte ich, B hole den Stoff nach dem Gedächtnis; ich
bediente mich damit einer gebräuchlichen Redeweise. Es konnte da
aber verschiedenerlei geschehen. α) B schwebt ein Erinnerungsbild
des gesehenen Musters vor. Er läßt beim Wählen des Stoffes abwech-
selnd den Stoff vor seinen Augen & das Erinnerungsbild auf sich ein-
wirken, indem er auf den Stoff sieht, dann die Augen schließt & sich
das Muster vorstellt. β) B schwebt kein Bild des Musters vor. Er
sieht die Stoffe der Reihe nach an, er schüttelt jedesmal den Kopf,
empfindet eine gewisse Spannung, Unbefriedigung; endlich kommt
er zu einem, bei dessen Anblick sich die Spannung löst; er
nickt mit dem Kopf & zieht den Stoff aus dem Haufen. γ) Die Vor-
gänge sind die gleichen wie in (β), aber ohne die Kopfbewegungen
& ohne das Spiel der Empfindungen.
     “Aber warum hat er denn dann diesen Stoff gebracht? Wie
hat er ihn denn erkannt? Woran?” – Wenn Du “warum” fragst, fragst
Du da nach der Ursache, oder nach dem Grund? Wenn nach der Ursache,
– so läßt sich ja leicht eine physiologische oder psychologische
Hypothese ausdenken, nach der die Wahl unter diesen & diesen Bedin-
gungen so ausfallen mußte. Im übrigen ist es Sache der experimentel-
len Wissenschaft solche Hypothesen zu prüfen. Fragst Du nach dem Grund,
so ist die Antwort: die Wahl muß keinen Grund gehabt haben. Ein Grund
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wäre ein Schritt, vor dem Schritt der Wahl, der den Wählenden dazu ge-
bracht hat, diesen zu tun. Aber warum soll einem Schritt immer ein
anderer vorherangehecn?
     “Dann hat aber B den Stoff, den er bringt, doch nicht als den
richtigen erkannt.” – Aber warum sollen wir die Vorgänge γ nicht
auch unter das Erkennen rechnen? – “Aber es fehlt ihn doch nun
das Kriterium zum Erkennen! Im Falle α hatte er z.B. das Gedächtnis-
bild, & an der Übereinstimmung mit diesem erkannte er den ver-
langten
gesuchten Stoff.” – Aber hatte er auch ein Bild dieser
Übereinstimmung bei sich, mit dem er die Übereinstimmung verglei-
chen konnte, um zu sehen, ob es die verlangte Übereinstimmung
war? Und könnte es, anderseits, so ein Muster oder Bild der
Übereinstimmung nicht geben? Erklärt man einem Menschen nicht
das Wort “Übereinstimmung” an Beispielen, & könnte ich dem, der nach
einem roten Gegenstand mit rotem Muster sucht, nicht
außer diesem zwei gleichfärbige Gegenstände mitgeben, damit er
sich, sozusagen, daran erinnert, was “gleichfärbig” heißt?
Ist irgend eine solche Erklärung wesentlich die letzte;”?
Anderseits irgend eine wesentlich unumgänglich? – Und wenn
Du sagst, im Fall β habe B das Gesuchte durch das Nachlassen
der Spannung erkannt, so frage ich, woran er denn das Nachlassen
der Spannung als solches erkannt hat.
     “Aber B handelt eben im Fall γ wie ein Automat, der nicht
weiß, was er tut.” – B hat im Fall γ ein einfacheres Erlebnis, als
in α & β. Und Du wolltest wohl sagen, B weiß nicht, warum er
so handelt. Aber, was die Ursache der Handlung anbelangt,
so sind alle drei Fälle auf der gleichen Stufe; & vom Grund
kann man nicht sagen, B wisse ihn nicht; sondern es ist kein
Grund vorhanden.
     “Aber wenn er nun den Stoff bringt & er stimmt mit dem Muster
nicht zusammen!” – Aber das hätte auch im Fall α so geschehen
können. Man hätte dann vielleicht gesagt, sein Erinnerungsbild
habe sich verändert.
     “Aber es ist doch ein wesentlicher Unterschied zwischen
den Fällen α und γ.” Gewiß! eben der, den ihre Beschreibungen an-
geben.
     In (1) hatte B gelernt auf den Zuruf “Quader” einen Stein von
bestimmter Form zu bringen. Wir können uns ˇdenken, daß dies so vor
sich ging: In B wurde durch das Wort die Vorstellung einer Quader
wachgerufen, das Abrichten hatte, wie man sagen würde, diese Asso-
ziation hergestellt. B hebt nun einen dieser Vorstellung entsprechen-
den Baustein auf, etc.. – Mußte das aber der Vorgang sein? – Wenn
das Abrichten es bewirken konnte, daß die Vorstellung, – automa-
tisch, – auf den Zuruf entstand, warum nicht auch, daß B auf
das Wort nach dem Stein von dieser Form greift? Das bedeutet ja nur
eine kleine Variation des assoziativen Mechanismus.
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     Die Vorstellung, die so auf das Wort hin entsteht, wird
ja nicht nach diesem mittels einer Regel gebildet, sondern
sie ist durchaus mit einem Täfelchen zu vergleichen, das durch den
Druck auf einen Knopf hervorspringt. Ja, wir könnten uns
dieses Hilfsmittel statt desjenigen der Assoziation auch wirklich
im Gebrauch denken.
     Das Sprachmittel der Vorstellung einer Farbe, einer Figur,
eines ˇräumlichen Ding's, eines Lautes, etc ist <…> durchaus dem einer wirklich
gesehenen Farbe, Figur, etc., etc. an die Seite zu stellen.
     
14)     Das Abrichten kann darauf ausgehen, nicht nur die Verwen-
dung einzelner Tabellen beizubringen, sondern zu bewirken, daß
<…> der Lernende Tabellen mit neuen Zuordnungen von Schriftzeichen & Bildern
anlegt & verwendet. Sprachspiel: “[l|L]eg eine andere Tabelle an!” Oder: “Gib
den Dingen Namen!”
¤
     Im Abrichten zum Gebrauch einer Tabelle kann die Übung
vorkommen: mit dem Finger von rechts gerade nach links
zeigen, (sozusagen, mit dem Finger, parallele horizontale Striche
ziehn).
¤
     Ich werde eine Tabelle<n> wie auch eine hinweisende Erklärunge<n> &
andere analoge Behelfe, in Übereinstimmung mit dem allgemeinen
Sprachgebrauch, “Regeln” nennen.
     Zum Gebrauch einer Regel [D|d]ieses Behelfs wird man abgerichtet. Im Abrichten …
     
Der Gebrauch der einer Regel kann auch durch eine weitere Regel
erklärt werden. Es wird Beispiel: Es wird der Gebrauch von Tabellen gelehrt,
15)     die man von oben nach unten, statt von links nach rechts
abliest. Wir stellen die Gebrauchsart der Tabellen durch Schemata
dar; etwa:
oder oder etc.

   Solche Diese So ein Schemata können kann nun als Regeln zum des Ablesen<s> einer Tabelle
beigegeben werden.
     Könnte man nicht auch Regeln zum Gebrauch dieser Regeln
geben? Gewiß. – Ist das Lehren der Regeln unvollständig, wenn
dies nicht geschieht
ˇIst es eine Unvollständigkeit der Erklärung, wenn der Gebrauch einer Regel nicht
durch die Angabe einer Regel <…> für ihren Gebrauch bestimmt wird?
? Nein. Die Regeln haben einen Anfang.
     Es wird eine Notation der Zahlwörter eingeführt in der man
beliebig weiter zählen kann, etwa die Dezimalnotation
¤
     
16)     Es wird die Dezimalnotation der Kardinalzahlen, oder eine ähn-
liche Zeichenreihe (Wortreihe) eingeführt. Der Lernende aufgemuntert,
die Reihe selbständig nach Analogie weiterzuführen.
        Befehl, : in der Reihe einen Schritt weiter zu gehn;
        oder, weiterzuzählen bis “Halt!” gerufen wird;
        oder; schreib andere Zahlwörter hinschreiben;
        Gegenstände Dinge, Glockenschläge, etc. zählen;
        Dinge in Gruppen zu so & so vielen ordnen. Die elementare
Arithmetik, wie sie in den Volksschulen wirklich gelehrt wird, be-
steht ganz aus solchen Sprachspielen.
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In (7) holt bringt B Gegenstände nach Befehlen mittels einer
Tabelle. Es kann nun sein, daß der Vorgang, etwa nach einigen
Wiederholungen, dahin abgeändert wird, daß B auf den Befehl hin
den Gegenstand ˇbringt, ohne die Tabelle zu verwenden, <…> bringt (also
wie in (1)). Man sagt in so einem Falle etwa, er habe sich nun
die Bedeutungen der Worte gemerkt. – Aber hier gibt es wieder ver-
schiedene Fälle Möglichkeiten, ähnlich denen in (10). Statt der wirklichen Tabelle kann
z.B. eine vorgestellte verwendet werden, ehe dieser so ein Behelf gänzlich fallen
gelassen wird.
wegfällt.
     Die Tabelle, Regel, ist nun ganz aus dem Spiel ausgeschieden.
Sie steht zu ihm nur mehr noch in der Beziehung eines Behelfs des Lehrens,
Abrichtens, während sie in (7) ein Instrument des Spiels ist.
     Wir können also unterscheiden den Fall, in welchem das Spiel
mit Hilfe der Regel gespielt, wird, von dem Fall, in dem es in Übereinstim-
mung
aber ohne mit der Regel aber ohne ihre Hilfe gespielt wird.
     
     Das Schachspiel wird, in diesem Sinne, für gewöhnlich nicht mit
Hilfe
der Schachregeln gespielt. Wir könnten uns aber ein ähnliches Spiel
17)     denken, in dem die Spieler mit Tabellen versehen sind; in einer Kolum-
ne stehen die Abbildungen der verschiedenen im Spiel benutzen Steine, in
der andern diesen Bildern zugeordnet Schemata, welche die Freiheit (die erlaub-
ten Züge) der Steine darstellen. Das Ablesen der Tabelle bei jedem Regeln von für jede[m|n] Zug ist ein
Teil des Spieles. Das Spiel wird mit Hilfe dieser Regeln gespielt. Wurden
dem Lernenden ˇauch Regeln zum Gebrauche dieser gegeben, so gehören jene
(die Regeln ‘zweiten Grades’) ˇhier nicht zu den Instrumenten des Spiels.
     
¤      [Zu S. 6] 15˙1) Sprachspiel: Sich nach Zeichen bewegen. Das Zeichen
sei “– – x”; man folgt ihm dadurch, daß man eine bestimmte Weg-
strecke geht, indem man immer nach je zwei Schritten einmal hüpft.
Analog folgt man den Zeichen “– x x”, “– – x x” & andern. Das Abrichten zielt
darauf hin, daß <…> neuen neue Zeichen dieser Art, solche, deren Befolgung
das Abrichten nicht eigens gelehrtbeigebracht hatte, ad hoc gefolgt wird.befolgt werden.
     Wir werden hier gewiß sagen, die ein Zeichen – x x – seien Regeln … Regel, die uns zeigent,
wie wir zu gehen uns zu bewegen haben.
15˙2)     Anders wäre es, wenn unser Spiel nur darin bestünde Es könnte aber unser Spiel <…> hier darin bestehen, daß auf das
eine Zeichen “– – x” in der beschriebenen Weise reagiert würde.
     Oder auch, wenn
15˙3)     sich das Spiel auf die Verwendung sagen wir etwa ˇum 5 sol-
cher Zeichen erstreckte. ein Spiel könnte sich auf die Verwendung einer bestimmten Anzahl, sagen wir etwa ˇum 5 sol-
cher Zeichen erstrecken. Der Begriff des Folgens, der Regel, ist von dem Fall der
nicht begrenzten Anwendung hergenommen. Es kann uns aber Manches
veranlassen, den einen Fälle ˇder begrenzten Anwendung wie 15˙3, ja sogar wie 15˙2, unter dem Gesichts-
punkt ihrer Ähnlichkeit mit denen der unbegrenzten Anwendung zu be-
trachten & die Zeichen auch dort Regeln zu nennen.
     Denken wir uns die Zeichen im Spiel 15˙1 dadurch gebildet, daß Würfel,
die Striche oder Kreuzchen tragen (quasi Lettern) zu dem Zeichen zusammen-
gesetzt werden.