Wittgenstein liest Freud

Matthias Kroß

Abstract


Freuds Hauptleistung wird bis heute in der „Erfindung“ eines Verfahrens gesehen, die Träume eines Menschen nach Maßgabe libidinöser Energieströme rational zu rekonstruieren und ihren verborgenen, frühkindlich-sexuellen Sinn in therapeutischer Absicht zur Sprache zu bringen. An der Plausibilität dieser Deutungsstrategie ist von verschiedenen Seiten Kritik geübt worden, auch von dem Sprachphilosophen Ludwig Wittgenstein. Freud war der Familie Wittgenstein seit Erscheinen der Traumdeutung bis zu seinem Tod eng verbunden; und Ludwig bezeichnete sich – trotz seiner vernichtenden Kritik vor allem an der Traumdeutung – sogar als dessen „Schüler“. In dem Vortrag soll – bei Wahrung der unübersehbaren Unterschiede zwischen beiden – herausgearbeitet werden, dass diese „Schülerschaft“ bis in den Kernbereich der Wittgenstein’schen Spätphilosophie hineinreicht und eine Gemeinsamkeit der anthropologischen und philosophischen Perspektive indiziert. Die von Wittgenstein gespürte Nähe zu Freud wird dabei auf den beide verbindenden Aspekt der „moralischen“ Kränkung zurückgeführt, die beide als das Trauma des 20. Jhds. diagnostizieren und gegen das sie ihre Idee der sprachlichen Therapie setzen.

Keywords


20th century philosophy; philosophy; Wittgenstein Ludwig; culture; mysticism; Freud Sigmund; philosophy of science; psychoanalysis; psychology; society; truth

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