Medienphilosophie als ethisches Projekt? Vilém Flussers Wittgenstein

Matthias Kroß

Abstract


Der Medienphilosoph Vilém Flusser (1920–1991) gilt als einer der wichtigsten und meistdiskutierten Begründer der heutigen Medienphilosophie. Bekannt ist Flusser in wissenschaftlichen Kreisen vor allem für sein holistisches Konzept der Medienevolution und seine Theorie einer nulldimensionalen „telematischen Gesellschaft“ des „Posthistoire“. Weniger bekannt ist der große Anteil Wittgensteins an der Ausarbeitung dieser Philosophie. Dies dürfte vor allem daran an dem Umstand liegen, dass der tschechische Staatsbürger Flusser 1938 emigrieren musste und wesentliche Bestandteile seines Ansatzes in Brasilien, wo er vom Beginn der vierziger Jahre bis Ende der sechziger Jahre lebte, und d.h. in portugiesischer Sprache formulierte. Wittgensteins Denken spielt namentlich in dem bis heute nicht auf deutsch zugänglichen Língua e Realidad (1963, ²2004) eine herausragende Rolle. Im Vortrag soll der prägende Einfluss Wittgensteins auf Flusser am Beispiel einiger seiner Hauptschriften, aber auch unter Berücksichtigung einiger bisher praktisch unbeachtet gebliebener, wenn auch höchst bedeutsamer kleinerer Schriften herausgearbeitet werden. Das Material gibt Anlass zu der These, dass Flusser Wittgenstein programmatisch „gegen den Strich“ liest, um ihn vor allem als Medienethiker fruchtbar zu machen. Diese Lesweise, so die These des Vortrags, vermag, auch wenn sie zu einem nicht unerheblichen Teil in einem „misreading“ Wittgensteins besteht, durchaus zur Bewahrung von dessen Legat und zu dessen Aktualität in der philosophischen Diskussion beizutragen.

Keywords


20th century philosophy; media philosophy; philosophy; Wittgenstein Ludwig; culture; ethics; media theory; Flusser Vilém; picture; society

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