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NORM Regel & Erfahrungssatz. Ist eine Regel ein Erfahrungssatz - etwa über den Gebrauch der Sprache? Ist eine Regel des Schachspiels ein Satz darüber, der sagt, wie die Menschen seit dem Ereignis der Erfindung des Schachspiels es gespielt haben; d.h. d.h. etwa mit den Schachfiguren gezogen haben. Denn wenn davon die Rede ist daß die Menschen das Schachspiel so gespielt haben so muß ”Schachspiel” so definiert sein, daß es Sinn hat davon auszusagen es sei einmal anders gespielt worden. (Es ist etwa durch seine mit [h|H]ilfe seiner historische Kontinuität definiert.) Sonst nämlich gehören die Regeln zur Definition des Schachspiels. Daß jemand d[er|ie]‹ser Regel gemäß spielt, das ist eine Erfahrungstatsache; oder: ”A spielt dieser


Item Recto Page 58 58 Regel gemäß”, ”die meisten Menschen spielen dieser nach dieser Regel”, ”niemand spielt nach dieser Regel” sind Erfahrungssätze. Die Regel ist kein Erfahrungssatz@@; sie ist in unsern Beispielen ein Teil solcher Sätze.

NORM Wenn die Definition des Meters die Länge des Pariser Urmeters ist, so sagt der Satz ”dieses Zimmer ist 4 m lang” dasselbe wie: ”dieses Zimmer ist 4 m lang & die Lan 1 m = die Länge des Pariser Urmeters”. Die Legende zu auf einer Landkarte ist ein Verzeichnis von Regeln, die der Beschreibung des Landes beigefügt sind., welche der einer geographischen Beschreibung beigefügt sind. Sie sagen nichts über die Geographie des Landes aus; sowenig wie der Satz die Erklarung ”1 m ist die Länge des Pariser Urmeters die Länge eines Gegenstandes angibt. Wenn man die Regel dem «beschreibenden» Satze beifügt so ändert sich der Sinn des Satzes nicht.

NORM Ich könnte auch sagen: Ich will «nur» das mitteilen, was der Satz der Sprache mitteilt; & die Regel ist nichts als ein Hilfsmittel dieser Mitteilung. Die Regel ist keine Mitteilung[,|:] [w|W]enn sie die Regel dem Satz beigefügt wird, fügt sie seiner Mitteilung nichts hinzu. Sie ist (also) keine ???? Mitteilung über den Sprachgebrauch.

NORM // Denken wir uns (etwa) ein Bild, einen Boxer in bestimmter Kampfstellung darstellend. Dieses


Item Verso Page 59 59 Dieses Bild kann nun dazu gebraucht werden um jemandem mitzuteilen, wie er stehen, sich halten soll; oder, wie er sich nicht halten soll; oder, wie ein bestimmter Mann dort & dort gestanden hat; oder etc. etc.. Man könnte dieses Bild (chemisch gesprochen[)|)] ein Satzradikal nennen. Die Eine Regel ist quasi ein Satzradikal. In diesem Sinne ist auch die Regel ein Satzradikal. //In diesem Sinne kann man auch die Regel … nennen.//

NORM Man könnte die Regeln Regeln die Beschreibung eines Spiels nennen, oder die Vorschrift, die sagt befielt, wie man es spielen soll. Aber merken wir wohl: die Regel Regeln [B|b]eschreibt sagt //sagen// nicht «daß &» wie eine Partie des dieses Spiels je gespielt wurde, oder daß sie gespielt wurde worden ist wurde[. A|, a]uch befielt befohlen sie niemandem, so zu spielen. Sie beschreiben das nicht ein Spiel nicht, sondern sie definieren es. eines.

NORM Die Beschreibung einer Notation fängt charakteristischerweise oft mit den Worten an: ”Wir können auch so schreiben: …”. Man könnte fragen: Was ist das für eine Mitteilung: ”wir können …”?

NORM / Sagte ich nicht, die Vorschriften, die den Gebrauch eines Wortes regeln, gäben ihm damit seine Bedeutung? (Konstituierten seine Bedeutung.) Könnte ich nun aber nicht sagen zwei Wörter - schreiben wir sie ”non” & ”ne” - hätten dieselbe Bedeutung, sie sind seien beide


Item Recto Page 60 60 Verneinungszeichen, aber non non p = p & ne ne p = ne p1 - In den Wortsprachen vielen Sprachen bedeutet eine doppelte Verneinung «sehr» oft eine Verneinung. - Warum nenne ich dann aber beide ”Verneinungen”? Was haben sie mit einander gemein? Nun es ist klar, daß sie einen ein große[n|r] Teil ihres Gebrauchs beiden gemeinsam ist. Das löst aber unser Problem noch nicht. Denn wir möchten doch sagen: Auch daß die doppelte Verneinung eine Bejahung ist, muß für beide stimmen, wenn wir nur die Verdoppelung entsprechend auffassen. Aber wie? Nun so, wie es z.B. durch Klammern ausgedrückt werden kann. (ne ne) p = ne p, n (ne p) = p Es bietet sich uns gleich ein analoger (oder besser, spezieller) Fall der Geometrie an:: Wir denken gleich an einen analogen Fall der Geometrie: ”Zwei halbe Drehungen addiert heben sich einander auf”, ”Zwei halbe Drehungen addiert gebe sind eine habe Drehung”. Graphic, Graphic Es kommt eben darauf an, wie wir sie addieren. (Ich könnte es ebensowohl ”sie addieren” nennen einen Gegenstand nach dem Schema I bewegen zweimal zu drehen, wie das Schema I zeigt; oder auch ihn einmal um 180• zu drehen, & dann, gleichsam um diese Drehung zu bekräftigen,
Item Verso Page 61 61 ihn in die erste Stellung zurück & nocheinmal im ersten Sinn zu drehen. (II.)

NORM //2 Hier stoßen wir auf eine merkwürdige & charakteristische Erscheinung in philosophischen Untersuchungen: Die Schwierigkeit - könnte ich sagen - ist nicht, die Lösung zu finden, sondern, etwas als die Lösung anzuerkennen, was aussieht, als wäre es erst eine Vorstufe zu ihr. ”Wir haben schon alles gesagt. - Nicht etwas, was daraus folgt, sondern eben das ist die Lösung!” Das hängt, glaube ich, damit zusammen, daß wir fälschlich [keine Beistriche] eine Erklärung erwarten; während eine Beschreibung die Lösung der Schwierigkeit ist, wenn wir sie richtig in unsere Betrachtung einordnen. Wenn wir bei ihr verweilen & nicht versuchen, über sie hinauszukommen. Die Schwierigkeit ist hier, -: Halt zu machen.

NORM 2 ”Das ist bereits alles, was sich darüber sagen läßt.” - ”non non p” als Verneinung des verneinten Satzes auffassen, das ist für uns das Gleiche wie etwa: eine Erklärung der Art ”non non p = non (non p)” zu geben. //das Gleiche, wie zu schreiben: ”non non p = non (non p)”.// ”Wenn ’ne’ eine Verneinung ist, so muß [|]ne ne p’, wenn es nur richtig aufgefaßt wird gleich p sein.” ”Wenn man ’ne ne p’ als Negation von p nimmt, muß man die Verdoppelung anders auffassen.” Man möchte sagen[;|,]die ’Verdoppelung’


Item Recto Page 62 62 heißt dann etwas anderes, darum ergibt sie jetzt eine Verneinung”, also: daß sie jetzt eine Verneinung ergibt, ist die Folge ihrer ihres anderen Bedeutung Wesens. ”Ich meine sie jetzt als Verstärkung”, würde man sagen. Wir setzen statt der Meinung den Ausdruck der Meinung.

NORM ?//2 Worin mag das gelegen haben, daß ich, «zur Zeit»3 als ich die doppelte Verneinung sagte, «ich» sie als verstarkte [v|V]erneinung & nicht als Bejahung Verstärkung gemeinte war? In den Umständen unter denen ich den Ausdruck gebrauche, im Bild, das mir etwa dabei vorschwebt «oder mit dem ich bereit bin die doppelte Negation zu vergleichen», im Ton meiner Rede (so wie ich auch im Ton die Klammern in ”ne (ne p)” wiedergeben kann). ”ne ne” Die Verdoppelung als Verstärkung meinen, ist kann von der Art sein ist dann von der Art, es «sie unter gewissen Umständen» als Verstärkung aussprechen. Die Verdoppelung als Aufhebung meinen, heißt z.B. Klammern setzen (auch im mündlichen gesprochenen Ausdruck). - ”Ja, aber diese Klammern selbst können doch verschiedene Rollen spielen; denn wer sagt, daß «sie» in ”~(~p)” im gewöhnlichen Sinn als Klammern aufzufassen seien & nicht irgendwie anders; etwa die erste als Trennungsstrich zwischen den beiden ’~’, die zweite als Zugehör des ’p’ //als Schlußpunkt des Satzes//?” Niemand sagt es. Und Du hast ja Deine Auffassung wieder durch Worte ersetzt. Was die Klammern bedeuten, wird sich in ihrem Gebrauch zeigen &, in anderm Sinn, liegt es etwa im Aspekt (gesehenen Rhythmus) des Gesichtseindrucks von ”~(~p)”.

NORM / Soll ich nun sagen: die Bedeutung Bedeutungen von ”non”


Item Verso Page 63 63 & ”ne” sei seien2 etwas verschieden? Sie seien verschiedene Abarten der Verneinung? - Das würde niemand sagen. Denn, würde man einwenden, heißt dann ”geh nicht in dieses Zimmer!” (etwa) am Ende vielleicht nicht ganz genau dasselbe, wenn ich ”nicht nicht” p” als Bejahung gebrauche //Denn, würde man einwenden heißt denn ”geh nicht in dieses Zimmer!” wenn wir die Regel aufstellen ”nicht nicht” solle verneinen als Verneinung gebraucht werden & nicht als Bejahung? - Dagegen aber möchte man einwenden: ”Wenn d[er|ie] beiden S[a|ä]tze ’geh nicht in dieses Zimmer’ dasselbe heißt wie ”ne p” und ”non p” «ganz» dasselbe sagen, wie kann dann ”ne ne” nicht dasselbe bedeuten wie ”non non”? Aber hier setzen wir eben einen Symbolismus voraus, d.h., nehmen ihn zum Vorbild, in welchem aus ne p = non p folgt, daß die beiden Wörter in allen Fällen gleich verwendet werden. Die Drehung um 180• & die [N|V]erneinung sind im besonderen Fall tatsächlich dasselbe, & die Anwendung des Satzes ~~p = p von der Art der Anwendung einer Geometrie.

NORM // Denken wir, ich fragte: Zeigt es sich uns klar, wenn wir die Sätze aussprechen ”dieser Stab ist 1 m lang” & ”hier steht 1 Soldat”, daß wir mit ’1’ verschiedenes meinen, daß ’1’ verschiedene Bedeutungen hat? - Es zeigt sich uns gar nicht. Besonders Gar, wenn wir etwa einen Satz sagen «wie»: ”auf der Fläche ”auf je 1 m steht 1 Soldat, auf 2 m 2 Soldaten usw.”


Item Recto Page 64 6[5|4] Gefragt ”meinst Du dasselbe mit den beiden Einsern” würde man etwa antworten: ”freilich meine ich dasselbe: - eins!” (wobei man (etwa) einen Finger in die Höhe hebt).

NORM / Was meint man damit: ’ne ne p’, auch wenn es, nach dem Übereinkommen, ’ne p’ bedeutet, könnte auch als aufgehobene Verneinung gebraucht werden? - Man möchte sagen: ”’ne’ könnte, mit der Bedeutung, die man wir ihm gegeben hat haben, «könnte» sich selbst aufheben, wenn wir es nur richtig applizieren anwenden.” Was meint man damit? (Die beiden halben Drehungen «in der gleichen Richtung» könnten einander aufheben, wenn sie richtig entsprechend zusammengesetzt würden.) ”Die Bewegung der Verneinung ’ne’ kann ist im Stande sich selbst auf«zu»heben”. Aber wo ist diese Bewegung? Man möchte natürlich von einer geistigen Bewegung der Verneinung reden, zu deren Ausführung das Zeichen ’ne’ nur das Signal ist gibt.

NORM /// [Denk an andere Mittel der Verneinung, etwa durch die Tonhöhe.] Wir können uns ganz leicht Menschen mit einer ’primitiveren’ Logik mit ’primitiverer’ Logik denken, in der es etwas unserer Verneinung entsprechendes nur für gewisse Sätze gibt; für solche etwa, die keine Verneinung enthalten. In dieser der Sprache «dieser Menschen» könnte man dann einen Satz wie ”er geht in dieses Haus” verneinen; würde man «ihnen» aber einem von ihnen einen Satz sagen in welchem zwei sie würden aber eine Verdopplung der Verneinung immer nur als Wiederholung


Item Verso Page 65 65 der Verneinung nie als ihre Aufhebung verstehen.

NORM // Zu fragen Die Frage, ob für diese Menschen die Negation Verneinung dieselbe Bedeutung hat, wie für uns wäre dann analog der, ob die Ziffer ’2’ für Menschen deren Zahlenreihe nur bis 5 geht// mit 5 endigt// dasselbe bedeutet wie für uns.

NORM /2 Wer ”~~p = p” (oder auch ”~~p ≡ p”) einen ”notwendigen Satz der Logik” nennt(, aber und nicht geneigt ist, ihn eine Bestimmung über die von uns angenommene Darstellungsart) zu nennen, der hat auch die Tendenz zu sagen, dieser Satz gehe aus der Bedeutung der Verneinung hervor. Wenn in einer dialektischen4 Redeweise «des Dialekts» die doppelte Verneinung als Verneinung gebraucht wird, wie in ”er hat nirgends nichts gefunden”, so sind wir geneigt zu sagen: eigentlich heiße das, er habe überall etwas gefunden. Überlegen wir was dieses ”eigentlich” heißt! -

NORM ///2 Unser Problem könnte man sehr klar so stellen: Angenommen wir hätten zwei Systeme der Längenmessung; eine Länge wird in beiden durch ein Zahlzeichen ausgedrückt,, & ihm diesem folgt ein Wort, welches das Maßsystem bezeichnet. angibt. Das eine System bezeichnet eine Länge als ”n Fuß” & Fuß ist eine Längeneinheit im gewöhnlichen Sinne; im andern System wird eine Länge mit ”n W” bezeichnet & 1 Fuß = 1 W. Aber


Item Recto Page 66 66 2 W = 4 Fuß, 3 W = 9 Fuß, u.s.w.. - Also heißt der Satz ”dieser Stock ist 1 W lang” dasselbe wie, ”dieser Stock ist 1 Fuß lang”. Frage: Hat in diesen beiden Sätzen ”W” & ”Fuß” dieselbe Bedeutung?

NORM ///2 Die Frage ist falsch gestellt. Das sehen wir, wenn wir sieht man, wenn wir … Bedeutungsgleichheit durch eine Gleichung ausdrücken. Die Frage kann dann nur lauten: ”ist W = Fuß, oder nicht?” - die Die Sätze, in denen diese Zeichen stehen, verschwinden in dieser Betrachtung. - Ebensowenig kann man natürlich in dieser Terminologie fragen ”ist, ob ”ist” das gleiche bedeutet wie ”ist”; wohl aber, ob ”ε” die Copula das gleiche bedeutet wie ”=” das Gleichheitszeichen. Nun, wir sagten ja: 1 Fuß = 1 W; - aber Fuß • W.

NORM ∫2 Unsere Schwierigkeiten können gelöst werden; & sie brauchen zu ihrer Lösung nicht neuer & feine Entdeckungen, tiefer dringende Analysen & dergleichen, sondern eine Zusammenstellung der richtigen Beispiele. (Das erlösende Wort.)

NORM ∫2 Wenn man sagt ”ne ne p” könnte auch als aufgehobene Verneinung gebraucht werden, so soll das doch wohl heißen, daß der Kalkül mit «der Regel» ne ne p = p sich ganz in einen mit der Regel ne ne p = ne p übersetzen läßt.

NORM Hat nun ”ne” dieselbe Bedeutung wie ”non”? - Kann ich ”ne” statt ”non” setzen? - ”Nun, an


Item Verso Page 67 67 gewissen Stellen ja wohl, an andern nicht.” - Aber danach fragte ich nicht. Meine Frage war: kann man, ohne weitere Qualifikation ne statt non gebrauchen? - Nein.

NORM ”’ne’ & ’non’ heißen in diesem Fall genau dasselbe.”. - Und zwar, was5? ”Nun, man solle das & das nicht tun.” Aber hier damit hast Du ja nur gesagt, daß in diesem Fall ne p = non p ist & das läugnen wir (ja) nicht. Wenn Du erklärst ne ne p = ne p, non non p = p, so gebrauchst Du die beiden Wörter eben in verschiedener Weise; & hält man dann an der Auffassung fest, daß, was sie in gewissen Kombinationen ergeben von ihrer Bedeutung ’abhängt’, der Bedeutung, die sie mit sich herumtragen, dann muß man also sagen, sie müssen verschiedene Bedeutungen haben, wenn sie, auf gleiche Weise zusammengesetzt verschiedene Resultate ergeben können. 6[| D.h., man muß dann sagen: ne ne p kann nicht etwas Anderes ergeben als non non p wenn die Bedeutungen von ”ne” & ”non” wirklich dieselben sind.]6 Und wir drücken das nur anders aus.4

NORM ///2 Man möchte etwa von der Funktion des Wortes in diesem Satz reden. Aber worin besteht diese Funktion? Wie tritt sie zu Tage? Denn es ist ja nichts verborgen;, wir sehen ja den ganzen Satz! Die Funktion muß sich im Kalkül //im Laufe des Kalküls// zeigen.


Item Recto Page 68 68 ///2 Man will «nun7 aber7» sagen: ”[|]non[|] tut dasselbe mit ’p’, was ’ne’ tut, - es kehrt ihn um”. Aber das sind nur andere Worte für ”non p = ne p” (welches was nur stimmt gilt, wenn ”p” nicht selbst selbst ein verneinter Satz ist). Immer wieder der Gedanke, daß, was wir vom Zeichen sehen nur eine Außenseite zu einem Innern ist, worin sich die eigentlichen Operationen Prozesse des Sinnes & der Bedeutung abspielen //die [E|e]igentlichen Operationen der Meinung abspielen//.

NORM ///2 Ist es nun nicht merkwürdig, daß ich sage das Wort ”ist” werde in zwei verschiedenen Bedeutungen (als ’ε’ & ’=’) gebraucht, & nicht sagen möchte, seine Bedeutung bestehe darin, daß es wie ’ε’ & wie ’=’ gebraucht werde? sei sein Gebrauch als ’ε’ & ’=’? //seine Bedeutung sei sein Gebrauch als ’ε’ & als ’=’?// Man will möchte sagen diese beiden Arten des Gebrauchs geben nicht eine Bedeutung; sie die Personalunion durch das gleiche Wort sei ist ein bloßer unwesentlicher8 Zufall.

NORM /// Aber wie kann ich entscheiden, welches ein wesentlicher & welches ein unwesentlicher, «zufälliger» Zug der Notation ist? Liegt denn eine Realität hinter der Notation nach der sich ihre Struktur8 Grammatik richtet? Denken wir an einen ähnlichen Fall im Spiel: Im Damespiel wird eine Dame dadurch gekennzeichnet, daß man zwei Spielsteine aufeinanderlegt. Wird man nun nicht sagen, daß es es sei für das Spiel unwesentlich ist , daß eine


Item Verso Page 69 69 Dame aus zwei Steinen besteht?

NORM // Sagen wir: die Bedeutung eines Steines (einer Figur) ist ihre Rolle im Spiel. - Nun werde vor Beginn einer jeder Schachpartie immer durch das Los entschieden «welcher der Spieler» wer [w|W]eiß erhält. indem man die der eine die beiden Schachkönige Dazu halte der eine «der» Spieler in jeder «geschlossenen» Hand einen Schachkönig hält & der andere wähle «auf gut Glück» eine der beiden Hände. wählt. Wird man es nun zur Rolle des Königs im Schachspiel rechnen, daß er (so) beim zum Auslosen verwendet wird?

NORM //2 9 Ich bin (also) geneigt auch im Spiel zwischen wesentlichen & unwesentlichen Regeln zu unterscheiden. Das Spiel, könnte möchte ich sagen, hat nicht nur Regeln, sondern auch einen Witz.

NORM / «[Zu S. 70]» A Denken wir uns (aber) die beiden Ämter in einer Person vereinigt als ein altes Herkommen.

NORM // Wozu das gleiche Wort[,|?] wir machen ja im Kalkül keinen Gebrauch von dieser Gleichheit! Wozu für beide Verwendungen für Beides die gleichen Steine? - Aber was heißt es hier ”von der Gleichheit Gebrauch machen”? Ist es denn nicht ein Gebrauch, wenn wir eben das gleiche Wort gebrauchen?

NORM // Hier scheint es nun als hätte der Gebrauch des


Item Recto Page 70 70 gleichen Worts, des gleichen Steins, einen Zweck - wenn die Gleichheit nicht zufällig, unwesentlich, ist. Und als sei der Zweck, daß man den Stein wiedererkennen,, & wissen könne, wie man zu spielen hat. Ist da von einer physischen oder einer logischen Möglichkeit die Rede? Wenn das Letztere, so gehört eben die Gleichheit der Steine zum ins Spiel.

NORM ///2 Das Spiel soll doch durch die Regeln bestimmt sein! Wenn also eine Spielregel vorschreibt, daß zum Auslosen vor der Schach[P|p]artie die Könige zu nehmen sind, so gehört das, wesentlich, zum Spiel. Was könnte man dagegen einwenden? Nun, [d|D]aß man den Witz dieser Vorschrift Regel nicht einsehe. Etwa, wie man auch nicht den Witz einer Regel nicht einsähe, die vorschriebe nach der jede[n|r] Stein erst dreimal umzudrehen bevor wäre, ehe Vorschrift einsähe, jeden Stein dreimal … man mit ihm zieht. Fänden wir diese Regel in einem Brettspiel, so würden wir uns wundern & Vermutungen über den Grund Zweck (zu) so einer Regel anstellen. (”Sollte diese Vorschrift verhindern daß man ohne Überlegung zieht”) //(Wie man sich (etwa) fragt: Was ist der Ursprung des ’Abhebens’ nach dem Mischen der Spielkarten?)

NORM ///2 ”Wenn ich den Charakter des Spiels richtig verstehe”, könnte möchte ich sagen, ”so gehört das nicht wesentlich dazu”.

NORM ¥ S 69 A


Item Verso Page 71 71 Man sagt: d[as|er] Gebrauch des gleichen Wortes ist hier unwesentlich, weil es er diese Gleichheit keine Übergänge überbrückt.//, weil die Gleichheit der Wortgestalt hier nicht dazum dient, einen Übergang zu überbrücken vermitteln herzustellen. eine Brücke zu einem Übergang ist.// Aber damit beschreibt man nur den Charakter des Spiels, welches man spielen will.

NORM Eine der Versuchungen, der wir beim Philosophieren widerstehen müssen, ist, die, zu glauben denken, wir müßten unsere Begriffe exakter machen, als sie nach dem gegenwärtigen Stand unserer Einsicht sind. Dieser Abweg führt in eine Art mathematischer Philosophie, welche glaubt, mathematische Probleme lösen zu müssen, damit wir zur philosophischen Klarheit kommen. (Ramsey.) Wir brauchen nur eine richtige Beschreibung der gegenwärtigen Lage.

NORM Sage mir, was Du mit einem Satz anfängst, wie Du ihn verifizierst, etc., & ich werde ihn verstehen?

NORM Die Frage ”wie kann man das wissen” fragt nach einem grammatischen logischen Zusammenhang, wenn ”kann” die logische Möglichkeit bedeutet8.

NORM ”Was ist ein Sessel? ”Wie sieht ein Sessel aus?” Sind das etwa von einander unabhängige Fragen? Wie haben wir denn die Bedeutung des Wortes


Item Recto Page 72 72 ”Sessel” gelernt? Wie wurde sie uns denn erklärt?

NORM //\2// Die Frage nach der «Möglichkeit der Art der» Verifikation des Satzes ist nur eine besondere Form der Frage ”wie meinst Du das?”. Die Antwort ist ein Beitrag zur Grammatik des Satzes.

NORM //2 Wie weiß man, wenn es regnet? Wir sehen, fühlen, den Regen. Die Bedeutung des Wortes ”Regen” wurde uns mit an diesen solchen Erfahrungen erklärt. « Ich sage, sie sind ’Kriterien’ dafür, daß es regnet. » ”Was ist Regen” & ”wie sieht Regen aus” sind logisch verwandte Fragen. - Die Erfahrung habe nun gelehrt, daß ein plötzliches Fallen des Barometers & ein Regenguß immer zusammengehen; dann werde ich ein solches Fallen des Barometers als ein Symptom für das [n|N]iedergehn eines Regengusses ansehen. Ob ein Phänomen ein Symptom des Regens ist, lehrt die Erfahrung; was als Kriterium des Regens gilt ist Sache der Abmachung unsere Bestimmung (Definition).

NORM //\2 Es ist nichts gewöhnlicher, als daß der Gebrauch die Bedeutung eines Ausdrucks in der Weise schwankt, daß ein Phänomen bald als Symptom bald als Kriterium angesehen wird. Und meistens wird dann in einem solchen Fall der Wechsel der Bedeutung nicht gemerkt. In der Wissenschaft ist es üblich Phänomene die genaue Messungen //Messungen bestimmter Art// zulassen zu definierenden Kriterien eines Ausdrucks zu machen; & man ist dann geneigt zu


Item Verso Page 73 73 meinen, nun sei die eigentliche Bedeutung gefunden worden. Eine Unmenge von Verwirrungen ist auf diese Weise zustande gekommen. Es gibt Grade der Erwartung Hoffnung, aber es ist unsinnig von einer Messung der Hoffnung zu reden, wenn wir dem Wort ”Hoffnung” seinen normalen Gebrauch lassen. Nun setzt gibt man etwa einem meßbaren Phänomen das manchmal mit der Hoffnung Vergnügen2 zusammen geht statt den Namen ”HoffnungVergnügen2” & sagt, man habe eine Methode gefunden die Hoffnung Vergnügen2 zu messen. Es ist wahr, daß in gewissen Fällen das ein meßbares Phänomen, den Platz den einnimmt, den früher vor ihm ein nicht meßbares hatte. Das Wort, was diese[m|n] Platz bezeichnete, wechselt dann seine Bedeutung, & seine alte Bedeutung ist mehr oder weniger obsolet geworden. Man beruhigt sich dann dabei damit, der eine Begriff sei der genauere, @@, der andere der ungenauere; & meint sieht beachtet nicht, daß hier in jedem besondern Fall ein anderes Verhältnis von ”genau” & ”ungenau” vorliegt //Verhältnis zwischen dem ’genauen’ & ’ungenauen’ vorliegt//. Es ist der alte Fehler die besondern Fälle nicht zu prüfen. 10[ Das führt dann dahin, daß wir glauben jedes Phänomen, welches Grade zuläßt, müsse sich ’eigentlich’ messen lassen. So z.B. die Wahrscheinlichkeit daß mein Freund mich heute besuchen wird. ]10

NORM \2////2 Das Schwanken der Grammatik zwischen Kriterien & Symptomen läßt es dann erscheinen als gäbe es überhaupt nur Symptome. Wir sagen dann etwa: es ist Erfahrungs-


Item Recto Page 74 74 tatsache «[d|D]ie Erfahrung lehrt» daß es regnet, wenn d[er|as] Barometer fällt, aber es ist ebenso Erfahrungstatsa[g|c]he sie lehrt auch daß es regnet, wenn wir ein bestimmtes Gefühl der Nässe & Kälte, oder einen bestimmten Gesichtseindruck haben.” Als Erhärtung dessen Argument dafür gibt man dann an sagt man dann, daß wir uns ja irren können diese Sinneseindrücke uns täuschen können. Aber man bedenkt dabei nicht, daß gerade die Tatsache, daß sie uns gerade den Regen vortäuschen auf einer Abmachung beruht.

NORM Nicht darum handelt es sich «hier»3, das ist maßgebend, … daß unsere Sinneseindrücke uns belügen können, sondern, daß wir ihre Sprache Lügen verstehen. (Und diese Sprache beruht, wie jede andere, auf Übereinkunft.)

NORM // Man ist etwa geneigt zu sagen: ”[e|E]s regnet, oder es regnet nicht; wie ich das weiß, wie mich die Kunde davon erreicht hat, ist eine andere Sache. Aber stellen wir also die Frage so: ”Was nenne ich denn: ’eine Kunde davon, daß es regnet’?” (Oder habe ich auch von dieser Kunde nur Kunde erhalten?) - Und was kennzeichnet denn diese ’Kunde’ als Kunde von etwas? Leitet uns da nicht die Form unseres Ausdrucks irre? Ist das eben nicht ein irreleitendes Gleichnis //eine irreleitende irreführende Metapher//: ”mein Auge gibt mir Kunde davon, daß dort ein Sessel steht”?

NORM


Item Verso Page 75 75 //2 ”Der Sessel Regen2 existiert unabhängig davon, ob ihn jemand wahrnimmt.” Ist das ein Erfahrungssatz[?|;] oder eine verschleierte Festsetzung «der Grammatik»? //Ist das ein Erfahrungssatz?// Soll es sagen, die Erfahrung habe gelehrt, daß ein Sessel nicht verschwindet, wenn man sich von ihm wegwendet?

NORM ”Welches ist die ’wirkliche Lage’ des Körpers, den ich unter Wasser sehe, was, die ’wirkliche Farbe’ des Tisches?” Welches Welche nennst Du ”die wirkliche Lage”? Du selbst kannst es entscheiden. - Wie findet man die wirkliche Lage; was willst Du als Methode der [b|B]estimmung der wirklichen Lage gelten lassen anerkennen? Die Frage nach der Verification ist eine Frage nach der Methode. (Methodologie.)

NORM ”Es wird niemals Menschen mit zwei Köpfen geben” So ein Dieser Satz //[e|E]in solcher Satz// scheint irgendwie ins Unendliche, Unverifizierbare zu reichen & sein Sinn von jeder Verification unabhängig zu sein. Aber wenn wir seinen Sinn erforschen wollen, so meldet sich(, ganz richtig8 mit Recht sogleich,) die Frage: Können wir die Wahrheit eines solchen Satzes je wissen, & wie können wir sie wissen; & welche Gründe können wir haben, was der Satz sagt anzunehmen, oder abzulehnen? - Nun wird sagt man vielleicht sagen: es ist ja nach dem Sinn gefragt worden, & nicht ob danach, ob, & wie man ihn wissen kann. Aber die Antwort auf die Frage ”wie kann


Item Recto Page 76 76 man diesen Satz wissen?” ist nicht eine psychologische, sondern sie sagt, mit welchen andern Sätzen er erklärt beschreibt seinen den Zusammenhang im Kalkül mit andern Sätzen. //erklärt seinen Zusammenhang (des Kalküls) mit andern Sätzen// //erklärt seinen logischen Zusammenhang, «seinen» Zusammenhang im Kalkül, mit andern Sätzen//. <//sondern sie erklärt seinen logischen, quasi rechnerischen, Zusammenhang mit andern Sätzen//>11 Und die «möglichen» Gründe den Satz anzunehmen sind nicht pesönliche Angelegenheiten, sondern Teile des Kalküls (zu dem der Satz gehört). Wenn ich frage: wie kann man4 ich man den Satz ”jemand ist im Nebenzimmer” verifizieren, oder,: wie kann ich man herausfinden, daß jemand im Nebenzimmer ist, - so ist etwa eine Antwort: ”indem ich man in's Nebenzimmer geh[e|t] & nachsieh[e|t]”. Wenn nun gefragt wird: ”wie kann ich man ins Nebenzimmer kommen, wenn die Tür versperrt ist”, - so bedeutet das ”kann” hier die physische Moglichkeit, nicht, wie in der ersten vorigen Frage, die logische.

NORM //2 Die Ursachen, warum wir einen Satz glauben, sind für die Frage, was es denn ist, was wir glauben allerdings irrelevant; aber nicht so die Gründe, die ja mit dem Satz grammatisch verwandt sind & uns sagen, wer er ist.

NORM Der Instinkt führt uns richtig, der zur Frage führt: wie kann man so etwas wissen; was für einen Grund können wir haben, das anzunehmen; aus welchen Erfahrungen würden wir so einen Satz ableiten; etc..

NORM


Item Verso Page 77 77 /2 Der Sinn des Satzes ist ja nicht etwas, was wir, wie die Struktur der Materie, erforschen, & was vielleicht zum Teil unerforschlich ist. (Ungelöste Probleme der Mathematik.) So daß wir später (erst) noch einmal daraufkommen könnten, daß dieser Satz von andern Wesen, als wir sind, auf andere Art gewußt werden kann. (Ich rede nicht von Symptomen.) Daß So daß er dieser Satz mit diesem Sinn bliebe, dieser Sinn aber Eigenschaften hätte, die wir jetzt nicht ahnen. Der Satz, oder sein Sinn, ist nicht das pneumatische Wesen, was sein Eigenleben hat & nun Abenteuer besteht, von denen wir nichts zu wissen brauchen. Wir hätten ihm quasi Geist von unserm Geist eingehaucht, aber nun hat er sein Eigenleben - wie unser Kind - und wir können ihn nur beobachten & untersuchen. //beobachten & sein Wesen zu erforschen trachten.// (Mathematik.)

NORM ∫ Wenn man nun fragt: hat es Sinn zu sagen ”es wird nie das & das geben@”?””? - Nun, welche Evidenz gibt es dafür; & was folgt daraus? - Denn, wenn es keine Evidenz gibt - nicht, daß wir noch nicht im Stande waren sie zu erhalten, sondern daß keine im Kalkül vorgesehen wurde -, dann ist damit der Charakter dieses Satzes bestimmt. So wie das Wesen einer Zahlenart «dadurch» bestimmt ist, dadurch, daß kein daß wenn wir sagen, daß diese Zahlen seien mit [r|R]ationalzahlen rationalen Zahlen unvergleichbar.

NORM


Item Recto Page 78 78 ”Das & das wird nie geschehen” - man glaubt durch diesen Satz in die unendliche Zukunft zu reichen. Quasi, zum mindesten eine Eisenbahn Wenigstens eine Eisenbahn … dorthin gelegt zu haben, wenn wir auch noch nicht die ganze Strecke bereist haben. Es liegt da die Idee Dem liegt die Idee … zu Grunde, daß das Wort ”nie” die Unendlichkeit bereits mitbringe, da das eben seine Bedeutung ist. { Es kommt darauf an: Was kann ich mit diesem so einem { Satz anfangen,? Denn denn auf die Frage, ”was sagt er?” kommt ja wieder ein kommt wieder ein … Satz zur Antwort, & der führt mich so lange nicht weiter, als ich aus der Erklärung nichts über die Züge erfahre & der führt mich nicht weiter, ehe ich «nicht» etwas über die Züge erfahre…, die ich mit den Figuren machen darf. (Als ich ehe [s|S]olange ich … sozusagen nur immer wieder die gleiche Spielstellung vor mir sehe & keine andern, die ich aus ihr bilden kann.) So höre ich, z.B., daß keine Erfahrung den Satz beweisen kann, & das beruhigt mich über seine unendliche Bedeutung.

NORM Aus keiner Evidenz geht hervor, daß dieser Satz wahr ist. Ja, aber ich kann ihn doch glauben[.|,] //Ja, aber ich kann doch glauben, was er sagt!// daß das der Fall ist, //daß was er sagt! //daß es sich so verhält, wie er sagt!// Aber was heißt (das): ”glauben, daß es sich so verhält”? Reicht (etwa) dieser Glaube in die Unendlichkeit; fliegt er der Verifikation voran? - Was heißt es, diesen Satz das glauben: ihn diesen Satz mit


Item Verso Page 79 79 bestimmten Empfindungen sagen? in der & der Weise handeln? - Und diese Handlungen interessieren uns nur, sofern sie zeigen, wie wir den Satz im Kalkül verwenden. gebrauchen.

NORM @∫ Jemand fragt mich: ”warum hälst Du Deine Wange?” - ich antworte: ”Zahnschmerzen”. Das heißt offenbar dasselbe wie ”ich habe Zahnschmerzen”; aber weder stelle ich mir die fehlenden Worte im Geiste vor, noch ergänze ich die fehlenden Worte im Geiste, noch … gehen sie mir im Sinn ab. ”Daher Also ist es auch möglich, daß ich den Satz ”ich habe Zahnschmerzen” so meine, als sagte ich nur das letzte Wort; oder, als wäre der ganze Satz das ganze Satzzeichen nur ein Wort.” (Man sagt[:|,] ’Hut & Stock!’ heiß[t|e] eigentlich: ’gib mir meinen den Hut & meinen den Stock!’.)

NORM ‹›/ Daran könnte man sehen, was es mit dem Meinen & der Bedeutung auf sich hat.

NORM A Denken wir an die folgende Verwendung der Sprache: Ich schicke jemand einkaufen. Ich gebe ihm auf dem einen Zettel auf diesem stehen die Zeichen ”drei rote Äpfel”. Er trägt den Zettel zum Kaufmann; dieser der sucht sucht sieht nach öffnet die Lade, auf welcher das Zeichen ”Äpfel” steht; dann schlägt er in einer Tabelle das Wort ”rot” nach & findet ihm gegenüber ein färbiges Quadrat Täfelchen; nun zählt er sagt er «etwa» die Reihe der Kardinalzahlwörter, die er auswendig kann Grundzahlwörter ich nehme an er kann weiß sie auswendig, «bis zum Wort ”drei”» & bei jedem Zahlwort Wort nimmt er einen Apfel aus der Lade der die Farbe des Täfelchens hat. So &


Item Recto Page 80 80 ähnlich operiert man mit Worten. ”Wie weiß er aber, wo & wie er das Wort ”rot” nachschlagen soll & wie was er mit dem Wort ”drei” anzufangen hat?” Nun, ich nehme eben an, er handelt, wie ich es beschrieben habe. Die Erklärungen haben irgendwo ein Ende. - Was ist aber die Bedeutung des Wortes ”drei”? - Von einer solchen war hier gar nicht die Rede; nur davon, wie das Wort ”drei” gebraucht wird!

NORM A Das Wort ”Bedeutung” hat, wenn es systematisch verwendet wird, einen gefährlichen Beigeschmack des okulten. Darum ist es gut, wenn wir die Erscheinungen der Sprache an primitiven Verwendungsformenarten der Sprache studieren. An Sprachspielen Formen der & Verwendungen der Sprache wie sie dem das Kind gebraucht wenn es anfängt zu sprechen. Das Lehren der Sprache ist hier kein Erklären sondern ein Abrichten.

NORM A Denken wir uns etwa folgendes Sprachspiel: Man spricht zu einem Kind dem Lernenden indem man das elektrische Licht i[n|m] einem Rau Zimmer andreht: ”Licht”[;|,] dann, indem man es abdreht: ”Finster”; @ man tut das mehrere male, variiert4 indem man die Zeitlängen & spricht mit eindringlicher Betonung m Tonfall, begleitet die Worte etwa auch mit Gesten. Dann dreht man etwa4 im Nebenzimmer das Licht an oder & ab & bringt & bringt das Kind dazu, daß es uns mitteilt:


Item Verso Page 81 81 ”Licht”, oder ”Finster”. Soll ich nun ”Licht” & ”Finster” Sätze nennen? Nun, wie ich will. - Und wie ist es mit der ’Ubereinstimmung mit der Wirklichkeit”?

NORM A Wenn ich bestimmte einfache Sprachspiele beschreibe, so geschieht es nicht, um mit ihnen von ihnen aus nach an & nach die «wirklichen»3 Vorgänge der normalen ausgebildeten Sprache zu beschreiben, - was nur zu Ungerechtigkeiten führt führen würde. (Nicod & Russell.) Sondern ich stelle die Sprachspiele als Vergleichsobjekte hin Vielmehr lassen wir die Sprachspiele als das stehn, was sie sind. & lassen sie Sie sollen bloß ihre aufklärende Wirkung auf unsere Probleme ausstrahlen.

NORM Man könnte nun einwenden: ”Die Worte ’Licht’ & ’Finster’ sind hier nicht als Sätze gemeint & nicht einfach als Wörter”. D.h. «Das heißt», sie sind hier so «nicht» gebraucht nicht so gebraucht, wie wir sie in der gewöhnlichen Sprache gebrauchen (obwohl wir tatsächlich auch oft so sprechen.) Wenn ich Einer «jemand» plötzlich ohne sichtbaren Anlaß das Wort ”Licht” aussprech[e|i]‹cht, «& nichts dazusetzt»‹, so wird man allerdings sagen: ”was heißt das fragen ”was meinst Du fragen: ”warum sagst Du ’Licht’, was soll's damit?” oder: ”was meinst Du mit ’Licht’? ’Licht’ ist doch kein Satz!”. Aber ebenso unverständlich wäre es uns, wenn er einen kompletten vollständigen Satz ohne jeden Anlaß & Zusammenhang ausgesprochen hätte etwa ”da kommt er” oder ”der Himmel ist


Item Recto Page 82 82 blau”. Und anderseits würden wir es so gut wie jeden Satz verstehen, wenn Einer, der einen Gegenstand im Finstern etwas sucht, einem Andern zuriefe: ”Licht!”. Das Aussprechen des Wortes ”Licht” war, im obigen Fall, noch kein kompletter vollständiger Zug des Spieles, auf das wir gefaßt waren.

NORM Reden wir Aber reden wir … doch nicht vom Meinen als einem unbestimmten & nicht verstandenen Vorgang, sondern vom wirklichen, ’praktischen’, Gebrauch des Wortes, von den Handlungen, die wir mit ihm ausführen. Reden wir vom Meinen nur, wenn es ein Teil des Sprachkalküls ist (etwa der Teil, der aus Vorstellungsbildern besteht). Und dann brauchen wir eigentlich das Wort ”meinen” nicht, denn das scheint immer anzudeuten, daß es sich um Vorgänge handelt, die der Sprache nicht angehören, sondern ihr gegenüberstehn; & daß es Vorgänge von wesentlich anderer Natur sind als der sprachlichen.

NORM ¥ [Als neuer Absatz S. 83 A Wie unterscheidet sich aber ”Licht”, wenn es den Wunsch nach Licht ausdrückt, von ”Licht”, wenn es konstatiert mitteilt daß es im Zimmer licht ist? Wir können Vielleicht dadurch, daß wir es in anderem Ton aussprechen, - mit anderer Empfindung (Meinung als Begleitung). Oder es kommt bloß in einem andern Spielzusammenhang vor. Denken wir, man fragte: ”Wie unterscheidet sich ein Zug im Damespiel von der gleichen Bewegung eines Steins im Schlagdamespiel?” Vielleicht Der Unterschied kann sein, daß er das


Item Verso Page 83 83 eine Mal auf die Frage ”was meinst Du” antwortet: ”ich meine Du sollst Licht machen”, das andremal ”ich meine, es ist licht”, es ist das Licht angezündet”.

NORM Wenn ein Mann im Ertrinken ”Hilfe!” schreit, - konstatiert er die Tatsache, daß er Hilfe bedarf? daß er ohne Hilfe ertrinken werde? Dagegen gibt es den Fall, in dem man, quasi sich beobachtend, sagt,: ”ich habe jetzt den Wunsch nach …”.

NORM «[Zu S. 82]» A Wenn das Meinen für uns irgend eine Bedeutung, Wichtigkeit, haben soll, so muß dem System der Sätze ein System der Meinungen zugeordnet sein, was immer für Vorgänge die Meinungen sein mögen.

NORM Inwiefern stimmt nun das Wort ”Licht” im Sprachspiel mit einer Wirklichkeit überein, oder nicht überein? Wie gebrauchen wir das Wort ”übereinstimmen”? - Wir sagen ”die beiden Uhren stimmen überein”, wenn sie die gleiche Zeit zeigen; ”die beiden Maßstäbe stimmen überein”, wenn gewisse Teilstriche zusammenfallen (übereinstimmen); ein Plan stimmt stimme mit einer Gegend überein[;|.] was [e|E]iner auf dem Klavier spielt, die Melodie, die ich höre, mit den Noten. In jedem Fall muß Wir sagen, ”zweidie beiden Längen stimmen überein”, wenn sie gleich sind; aber auch, wenn sie in einem «andern»‹, von uns festgesetzten festgelegten, Verhältnis stehen (Maßstab des eines Planes). Und daß sie übereinstimmen, heißt dann nichts anderes, als daß


Item Recto Page 84 84 sie im Verhältnis des Maßstabs stehen. So muß also in jedem Fall erst festgesetzt erklärt werden, was unter ”Übereinstimmung zu verstehen ist. - So ist es nun auch mit der Übereinstimmung einer Längenangabe mit der Länge eines Gegenstandes //mit einer Länge//. Wenn ich sage: ”dieser Stab ist 2•5 m lang”, so kann ich z.B. eine Erklärung geben, wie man verfährt, um nach diesem Satz mit einem Maßstab die Maßband die Länge des Stabes zu kontrollieren; wie man etwa nach diesem Satz einen 2•5 m langen Meßstreifen erzeugt //einen Meßstreifen der angegebenen Länge erzeugt//. Und ich sage nun, der Satz stimmt mit der Wirklichkeit überein, wenn der so konstruierte Meßstreifen mit dem Stab übereinstimmt. (Diese Konstruktion Diese Anfertigung eines des des «eines» Meßstreifens illustriert übrigens, was ich in der Abhandlung damit meinte,: der Satz komme bis an die Wirklichkeit heran.) Als ich nun de[m|n] Andern das Sprachspiel lehrte & sagte: ”Licht” (indem ich Licht machte) & ”Finster” (indem ich das Licht es abdrehte), hätte ich auch sagen können, & mit keiner andern Bedeutung: ”das heißt ’Licht’” (indem wobei ich [l|L]icht mache) & ”das heißt ’Finster’” etc., & auch ebensogut: ”das stimmt mit ’Licht’ überein”, ”das stimmt mit ’Finster’ überein”.

NORM Man denkt «leicht» beim Worte ”Übereinstimmung” nur an Ähnlichkeit, in dem Sinne, in welchem zwei Gegenstände ähnlich sind, wenn man sie leicht mit einander verwechseln kann (wenn sie ähnlich ausschauen) einander gleich sehen).

NORM


Item Verso Page 85 85 Wir gebrauchen den Ausdruck (das Wort) ”Übereinstimmung mit der Wirklichkeit” nicht als metalogischen Ausdruck, sondern als Teil der gewöhnlichen - praktischen - Sprache. //Der Ausdruck ”Übereinstimmung mit der Wirklichkeit” gehört «für uns» nicht der Metalogik an, sondern dem gewöhnlichen - praktischen - Gebrauch unserer «gewöhnlichen»3 Sprache.// Man kann «etwa» sagen: Im Sprachspiel ”Licht - Finster” kommt der Ausdruck ”Übereinstimmung mit der Wirklichkeit” nicht vor.

NORM ∫✓ Freges Ansicht, daß in der einer Behauptung ein@ eine Annahme steckt die dasjenige ist, was behauptet wird, basiert eigentlich auf der Moglichkeit jeden Behauptungssatz in der Form zu schreiben: ”Es wird behauptet, daß das & das der Fall ist”.

NORM A∫✓ Aber wir könnten sehr gut auch jede Behauptung in Form einer Frage mit nachfolgender Bejahung (oder Verneinung) schreiben. Z.B. - statt: ”Es regnet”, ”Regnet es? Ja!” Würde das zeigen, daß in jeder Behauptung eine Frage steckt?

NORM A✓ Wir könnten uns eine menschliche Sprache denken, in der es keine Behauptungssätze gibt, sondern nur Fragen & die Bejahung & Verneinung.

NORM


Item Recto Page 86 86 A✓ Man hat natürlich das Recht ein Behauptungszeichen zu verwenden wenn «man» es im Gegensatz, etwa, zu einem Fragezeichen gebraucht. Irreleitend ist es nur, wenn man meint, daß die Behauptung nun aus zwei Akten besteht, dem Erwägen & dem Behaupten (Beilegen des Wahrheitswertes, oder dergl.) & daß wir diese Akte nach dem geschriebenen Satz ausführen, ungefähr wie wir nach Noten singen. 6[ Mit [d|D]em Mit dem Singen nach Noten ist nun4 allerdings das «laute, oder leise,» Lesen des geschriebenen Satzes analog zu vergleich[bar|en]; aber nicht eine die Tätigkeit den Satz zu denken. //; aber nicht ein ’Denken’ «oder ’Meinen’» des Satzes.// Ist «also» ein Behauptungszeichen im geschriebenen Satz, so wird wieder ein Behauptungszeichen im gelesenen sein (etwa die Betonung, oder der Stimmfall). Aber nicht, als ob im geschriebenen das Denken des Satzes besteht nicht darin, daß wir nach den Signalen (Wörtern Zeic des Satzes Gedankenoperationen - u.a. auch das Behaupten - ausführten. Und als seien im Satz die Zeichen, & die Bedeutungen im Denken. ]6 [Statt des Durchstrichenen S. 87 A]

NORM A✓ Man könnte die Funktion des Fregeschen Behauptungszeichens auch darin sehen, daß es den Anfang der Behauptung bezeichnet. Es entspräche dann dem großen Anfangsbuchstaben, oder dem Schlußpunktpunkt des vorhergehenden Satzes. Das Behauptungszeichen unterscheidet dann einfach ist dann eine von zwei Klammern, die den selbständigen Satz von einem unterscheiden, der Teil eines andern


Item Verso Page 87 87 ist. (Dies ist zum Teil gewiß auch der Idee Freges gemäß.) Und diesen Unterschied stark hervorzuheben ist gewiß wichtig. Denn unsere philosophischen Schwierigkeiten die Negation & das Denken betreffend rühren in gewissem Sinn daher, daß wir nicht sehen8, daß die ein S[ä|a]tze ”|- ~p” & oder ”|- ich denke p” mit dem Satz ”|- p” wohl ”p” gemein hat, aber nicht ”|- p”.

NORM ✓ [Zu S. 86 statt des Gestrichenen] Mit dem Singen nach Noten ist nun allerdings das laute (oder leise) Lesen nach dem geschriebenen Satz zu vergleichen; aber die Zeichen des Satzes sind nicht Signale zu psychischen seelischen Tätigkeiten des Meinens. Nicht, also [a|A]ls seien im Satz die Zeichen, & die, & die Bedeutungen im Denken.

NORM ✓ Wir könnten uns auch eine Sprache denken die nur aus Befehlen besteht. So eine Spra

NORM ✓ Denken wir an die große Mannigfaltigkeit der Sprachspiele: Eine Mitteilung machen, wie: ”Licht”, ”Finster”; einen Befehl geben (”mach [l|L]icht!”, ”[L|l]ösch aus!”); auf Fragen - ”Licht?”, ”Finster?” - mit ”ja” oder ”nein” antworten; einen Befehl ausführen; fragen, & die Antworten auf ihre Richtigkeit prüfen; negative, disjunktive Befehle ausführen; eine Vermutung aussprechen (”welche Karte werde ich jetzt aufschlagen”) & sie verifizieren;


Item Recto Page 88 88 eine Notation in eine andere transformieren; Schlüsse ziehen; ein angewandtes Rechenexempel lösen; eine Zeichnung herstellen & sie beschreiben; einen Hergang erzählen; eine Erzählung erdichten; eine Hypothese aufstellen & prüfen; eine Tabelle anlegen; grüßen; ein Tier abrichten, daß es auf den Ruf folgt; auf Zeichen dressieren //abrichten//. etc. etc.. einen Witz erzählen,

NORM ✓ Es hilft hier immer sich darauf zu besinnen, wie das Kind aus solchen Sprachspielen sprechen lernt. «Es hilft» [A|a]uch «sich» einen primitiven Volksstamm mit einer vorzustellen, der primitiven Sprache zu fingieren besitzt. Eine Sprache etwa die nur aus Befehlen im Krieg besteht; oder aus Befehlen & Berichten. Etwa aus gezeichneten Berichten in einer einfachen zeichnerischen Darstellungsform. (Denke daran, wie die Schrift einmal nu[n|r] für sehr speziellen Zwecken verwendet wurde.) - Auch der Erwachsene lernt neue Sprachformen, wenn er eine neue Rechnungsart kennen & lernt & ihre [a|A]nwend[e|u]ng lernt; «oder» wenn er lernt eine graphische Darstellung «von Messungsresultaten» zu machen, oder abzulesen.

NORM Denke daran daß man Würfeln ein Spiel nennt, & aber auch Tauziehen, & auch Reigentanzen. Dem falschen (d.h. unvorteilhaften) Zug im Schach entspricht etwas im Damespiel, & auch im Kartenspielen & auch etwas im Bridgespiel etc.; aber nichts in einem Abzählspiel.


Item Verso Page 89 89 Der falsche Zug in diesem Sinne gehört wesentlich zum Spiel; er ist nicht eine Verunreinigung des Spiels, wie ein falscher Schritt im Tanz.en Denke nun nun an die die verschiedene Rollen4, die die [U|u]nwahrh[ei|rer]t «Sätze» in Sprachspielen. spielen kann Das Subject eines im psychologischen Experimentes Experiment soll sagen, was es gesehen hat; z.B. - es beschreibt seine Erfahrung falsch. - Der Meteorologe macht eine Prognose des zukünftigen Wetters; sie trifft nicht ein.

NORM v Wenn wir nicht sehen, daß es eine Menge von Sprachspielen gibt, so sind wir geneigt zu fragen: ”Was ist eine Frage?” Ist es sie die Feststellung, daß wir ich das & das nicht wissen weiß[?|;] oder die Feststellung daß ich wünsche der Andere möchte mir sagen …? Oder ist es die Beschreibung meines seelischen Zustandes der [u|U]ngewißheit? Und ist der Ruf ”Hilfe!” so eine Beschreibung?

NORM v Denke daran, wie Verschiedenes ”Beschreibung” genannt wird. Denke an die Beschreibung des Lage eines Körpers durch eine Zeichnung, einen Plan & anderseits an die Beschreibung des Verlaufs einer Schmerzempfindung.

NORM v Den Untersch Man kann freilich statt der gewöhnlichen Notation der Frage eine Notation der Feststellung oder Beschreibung


Item Recto Page 90 90 einführen: ”ich will wissen, ob …” oder ”ich bin im Zweifel, ob …” - aber damit hat man die verschiedenen Sprachspiele einander nicht näher gebracht.

NORM Es ist uns, als könnten wir sagen, der fragende Tonfall sei dem Sinn der Frage angemessen. Ist der Schrei dem Schmerz angemessen?

NORM ✓ Man sagt «manchmal»2: die Affen sprechen nicht, weil ihnen die geistigen Fähigkeiten fehlen. Das heißt: ”sie denken nicht, darum sprechen sie nicht”. Aber sie sprechen eben nicht, & das ist alles. d.h. sie spielen keine Sprachspiele2 oder besser: sie verwenden die Sprache nicht12. Befehlen, fragen, erzählen, plauschen, sind so natürliche Handlungen, wie gehen, essen, trinken, spielen.

NORM ✓ Das hängt damit zusammen, daß man meint, das Lernen mit der Idee zusammen, das Lernen2 der Sprache bestehe darin, daß man Gegenstände benennt, & zwar: Menschen, Formen, Farben, Schmerzen, Stimmungen, Zahlen, etc.

NORM ✓ Wie gesagt - das Benennen ist etwas Ähnliches, wie einem Ding ein Namenstäfelchen anheften. Man kann das eine Vorbereitung zum Gebrauch eines Worts nennen. Aber worauf ist es eine Vorbereitung?

NORM


Item Verso Page 91 91 ”Wir benennen die Dinge, & können nun über sie reden. Uns in der Rede auf sie beziehen” Als ob mit dem Akt des Benennens schon das, was wir weiter tun, gegeben sei. Als ob es nur [e|E]ines gäbe, was heißt: ”von Dingen reden”. Während wir doch das Verschiedenartigste mit unsern Sätzen tun. @

NORM Denken wir doch nur «zum Beispiel allein »2 an die Ausrufe - mit ihren ganz verschiedenen Funktionen: Wasser! - Fort! - Au! - Hilfe! - Schön! - Nicht! -

NORM Bist Du nun noch geneigt diese Wörter ”Namen” zu nennen?

NORM //2// ”Wie wäre es, wenn die Menschen ihre Schmerzen nicht äußerten (nicht stöhnten, das Gesicht verzögen, etc.), - dann könnte man einem Kind nicht das Wort ”[W|Z]ahnschmerzen” beibringen.” - Nun, nehmen wir an das Kind sei ein Genie & erfinde selbst einen Namen für den Schmerz, obwohl ihm keiner gelehrt wurde! - Aber nun könnte es sich freilich mit diesem Wort nicht verständlich machen! - Also versteht es den Namen, kann aber seine Bedeutung niemandem erklären? - Aber was heißt es denn, daß er ”seinen Schmerz benannt hat”? - Wie hat er das gemacht: den Schmerz «(zu)»3 benennen?? Und, was immer er


Item Recto Page 92 92 getan hat, was hat es für einen Zweck? - Wenn man sagt ”er hat dem Schmerz einen Namen gegeben”, so vergißt man, daß schon viel in der Sprache vorbereitet sein muß, damit das bloße Benennen einen Sinn hat. Und wenn wir davon reden, daß er dem Schmerz einen Namen gibt, so ist die Grammatik des Wortes ”Schmerz” hier das [v|V]orbereitete; es zeigt den Posten an, an den wir das neue Wort gestellt wird.

NORM Warum ist der Gedanke, - die Erwartung, der Glaube, - keine bloße Spielerei? Was hat mein Gedanke mit dem zu tun, was der Fall ist? - Was macht uns die Erwartung zur Erwartung der Wirklichkeit? Ich habe das Gefühl: Nur die Stellungnahme zum Bild kann es uns zum Bild der Wirklichkeit machen; d.h., kann es mit der Wirklichkeit so verbinden, gleichsam wie eine Lasche, die die Überleitung von dem Bild zur Wirklichkeit herstellt, die beiden in der rechten Lage zu einander haltend, dadurch, daß beide für sie dasselbe bedeuten. Und es ist wahr: das Portrait erhält seine Bedeutung für uns dadurch daß unsere Einstellung zu ihm & unsere Einstellung zu dem Menschen etwas gemein haben.

NORM Was verbindet den Glauben, die Überzeugung, mit der Wirklichkeit? <Was verbindet den Ausdruck des Gl. mit d. W.?>13 Ich «vielleicht» möchte sagen:


Item Verso Page 93 93 ”Der Glaube ist in uns, die Wirklichkeit außer uns; die beiden sind von einander isoliert. Was hat kann dann mein Glaube für eine Bedeutung haben?” - Nun, wer glaubt, macht wirklich nur ein Bild & die Verbindung des Bildes mit der Wirklichkeit ist keine andere, als die durch die besondere Entstehung dieses Bildes gemachte oder durch Erklärungen der Zeichen des Bildes. Aber uns Bilder zu machen ist Teil unseres Lebens.

NORM < Denk Dir, jemand malte ein Bild@ der Heimkunft seines Freundes, an die er glaubt. Er betrachtet es gläubig. Handelt diesem Glauben entsprechend. >11

NORM \2////2 Hat es einen Sinn zu fragen: ”Woher weißt Du, daß Du das es glaubst?” - & ist etwa die Antwort: ”ich erkenne es durch Introspektion”? ( In manchen Fällen wird man so etwas sagen können, in ( manchen den meisten nicht.

NORM ( ( ////2( Es hat Sinn zu fragen ”liebe ich sie wirklich, mache ich mir das nicht nur vor?” Und der Prozess der Introspektion ist das Wachrufen von Erinnerungen; das Vorstellen von Vorstellungen möglicher Situationen & der Gefühle die man hätte, etc..

NORM Introspektion nennt man einen Vorgang des Schauens, - im Gegensatz zum Sehen.

NORM Wenn ich das Wort ”glauben” so gebrauche, verstehe, daß ich geneigt bin zu sagen: ”ich kann nicht glauben & es nicht wissen, daß ich glaube” dann hat es, eben darum, keinen Sinn zu sagen:


Item Recto Page 94 94 ”ich weiß, daß ich das & das glaube”. Wie es keinen Sinn hat zu sagen ”ich weiß, daß ich Zahnschmerzen habe”, wenn ich ”nicht Zahnschmerzen haben kann, ohnes es zu wissen”. (Wenn also ”ich habe Zahnschmerzen” nicht heißen soll ”ich habe Schmerzen, die vom schlechten Zahn herrühren”.) (Denke auch an die Frage: ”wie merkst Du, daß Du Z Schmerzen hast?”; oder gar: ”wie merkst Du, daß Du fürchterliche Schmerzen hast?”.) - Dagegen: ”wie merkst Du, daß Du Schmerzen bekommen wirst?”.)

NORM (Hierher gehört die Frage: welchen Sinn hat es von der Verification des Satzes ”ich habe Zahnschmerzen” zu reden? Und hier sieht man deutlich, daß die Frage ”wie wird dieser Satz verifiziert?” von einem Gebiet der Grammatik zum andern ihren Sinn ändert.)

NORM Ist ”[i|I]ch glaube …” der Ausdruck des Glaubens; oder die Beschreibung des Geistes psychischen Erlebnisses //des seelischen Zustandes//?

NORM //2 Ist der Satz ”es regnet” die ”es wird regnen” die Beschreibung meiner Geistestätigkeit, - da er doch die Wiedergabe meines Gedankens ist, daß es regnen wird? - Wir werden nicht so leicht geneigt sein, den Satz die Beschreibung der Geistestätigkeit zu nennen, wenn wir bedenken, daß das Denken im Reden bestehen kann,


Item Verso Page 95 95 keine Begleitung des Gedankenausdrucks ist.

NORM Man kann in Worten glauben.

NORM Anderseits, warum sollen wir nicht sagen, daß die Aussage ”ich glaube …” die Beschreibung des seelischen Zustandes ist? Es ist ja damit nichts verredet. Denn ”seelischer Zustand” & ”Beschreibung eines seelischen Zustandes” heißt eben ja so Vieles.

NORM Man könnte nun die Sache so - falsch - auffassen: Die14 < Frage ”wie weisst Du, dass Du Zahnschmerzen hast” wird darum nicht gestellt, weil man dies von den Zahnschmerzen (selbst7) aus erster Hand erfährt, während man, dass ein Mensch im andern Zimmer ist, aus zweiter Hand, etwa durch ein Geräusch, erfährt. Das eine weiss ich durch unmittelbare Beobachtung, das andere erfahre ich indirekt. Also: ”Wie weisst Du, dass Du Zahnschmerzen hast” - ”Ich weiss es, weil ich sie habe” - ”Du entnimmst es daraus, dass Du sie hast:15?16 aber musst Du dazu nicht schon wissen, dass Du sie hast?”. - - Der Uebergang von den Zahnschmerzen zur Aussage ”ich habe Zahnschmerzen” ist eben ein ganz anderer, als der vom Geräusch zur Aussage ”in diesem Zimmer ist jemand”. Das heisst, die Uebergänge gehören ganz andern Sprachspielen an //gehören zu ganz verschiedenen Sprachspielen//.

NORM Ist, dass ich Zahnschmerzen habe e i n G r u n d zur Annahme, dass ich Zahnschmerzen habe?

NORM (Man kann die Philosophen dadurch verwirren7 (confound), dass man nicht bloss da Unsinn spricht, wo auch sie es tun, sondern auch solchen, den zu sagen sie sich scheuen (würden7).)

NORM Erschliesst man aus der Wirklichkeit einen Satz? Also etwa ”aus den wirklichen Zahnschmerzen, darauf, dass man Zahnschmerzen hat”? Aber das ist doch nur eine unkorrekte Ausdrucksweise; es müsste heis-


Item Recto Page 96 96 sen: man schliesst, dass man Zahnschmerzen hat daraus, dass man Zahnschmerzen hat (offenbarer Unsinn).

NORM ////2 ”Warum glaubst Du, dass Du Dich an der heißen16 Herdplatte verbrennen wirst?” - Hast Du Gründe für diesen Glauben, und brauchst Du Gründe?

NORM Hast Du diese Gründe - gleichsam - immer bei Dir, wenn Du es glaubst? Und glaubst Du es immer - ausdrücklich - wenn Du Dich etwa wehrst, die Herdplatte anzurühren? Meint man mit ’Gründen des Glaubens7 //für den Glauben//’ dasselbe, wie mit ’Ursachen des Glaubens’ (Ursachen des Vorgangs des Glaubens)?

NORM ////2 Was für einen Grund habe ich, anzunehmen, dass mein Finger, wenn er den Tisch berühren, einen Widerstand spüren wird? Was für einen Grund, zu glauben, dass dieser Bleistift sich nicht schmerzlos durch meine Hand stecken lässt? Wenn ich dies frage, melden sich hundert Gründe, die einander gar nicht kaum16 zu Wort kommen lassen wollen. ”Ich habe es doch selbst ungezählte Male erfahren; und ebenso oft von ähnlichen Erfahrungen gehört; wenn es nicht so wäre, würde …; etc.”.

NORM Glaube ich, wenn ich auf meine Tür zugehe, ausdrücklich, dass sie sich öffnen lassen wird, - dass dahinter ein Zimmer und nicht ein Abgrund sein wird, etc.? Setzen wir statt des Glaubens den Ausdruck des Glaubens. -

NORM Was heisst es, etwas aus einem bestimmten Grunde glauben? Entspricht es, wenn wir statt des Glaubens den Ausdruck des Glaubens setzen, dem, dass Einer //man// den Grund sagt, ehe er //man// das Begründete sagt?

NORM ”Hast Du es aus diesen Gründen geglaubt?” ist dann eine ähnliche Frage, wie: ”hast Du, als Du mir sagtest, 25 x 25 sei 625, die


Item Verso Page 97 97 Multiplikation wirklich ausgeführt?”

NORM // Die Frage ”warum glaubst Du das” //”aus welchen Gründen glaubst Du das”// könnte bedeuten7: ”aus welchen Gründen leitest Du das jetzt ab (hast Du es jetzt abgeleitet)”; aber auch: ”welche Gründe kannst Du mir nachträglich für diese Annahme angeben”.

NORM Ich könnte also unter ’Gründen’ zu einer Meinung tatsächlich nur das verstehen, was der Andere15 Einer16 sich vorgesagt hat, ehe er zu der Meinung kam. Die Rechnung, die er tatsächlich ausgeführt hat.

NORM Frage ich jemand: ”warum glaubst Du, dass diese Armbewegung einen Schmerz mit sich bringen wird?”, und er antwortet: ”weil sie ihn einmal hervorgebracht und einmal nicht hervorgebracht hat”, so werde ich sagen: ”das ist doch kein Grund zu Deiner Annahme”. Wie nun, wenn er mir darauf antwortet: ”oh doch! ich habe diese Annahme noch immer gemacht, wenn ich diese Erfahrung gemacht hatte”? - Da würden wir doch15 sagen: ”Du scheinst mir die Ursache (psychologische Ursache) Deiner Annahme anzugeben, aber nicht den Grund”.

NORM ”Warum glaubst Du, dass das geschehen wird?” - ”Weil ich es zweimal beobachtet habe”. Oder: ”Warum glaubst Du, dass das geschehen wird?” - ”Weil ich es mehrmals beobachtet habe; und es geht offenbar s o vor sich: …” (es folgt eine Darlegung einer umfassenden7 Hypothese). Aber diese Hypothese, dieses Gesamtbild, muss Dir einleuchten. Hier geht die Kette der Gründe n i c h t weiter. - (Eher könnte man sagen, dass sie sich schliesst.)

NORM


Item Recto Page 98 98 Man möchte sagen: Wir schliessen nur dann aus der früheren Erfahrung auf die zukünftige, wenn wir die Vorgänge verstehen (im Besitze der richtigen Hypothese sind). Wenn wir den richtigen, tatsächlichen, Mechanismus zwischen den beiden Beobachteten Rädern annehmen. Aber denken wir doch nur: Was ist denn das //unser// Kriterium dafür, dass unsere Annahme die richtige ist? - Das Bild und die Daten überzeugen uns und führen uns nicht wieder weiter - zu andern Gründen.

NORM Wir sagen: ”diese Gründe sind überzeugend”; und dabei handelt es sich nicht um Prämissen, aus denen das f o l g t , wovon wir überzeugt wurden.

NORM Wenn man sagt: ”die gegebenen Daten sind insofern Gründe, zu glauben, p werde geschehen, als dies aus den Daten zusammen mit dem angenommenen Naturgesetz folgt”, - dann kommt das eben darauf hinaus, zu sagen, das Geglaubte folge aus den Daten n i c h t , sondern komme vielmehr ? - einer neuen Annahme gleich. - ?

NORM ////2 Wenn man nun fragt: wie k a n n aber frühere Erfahrung ein Grund zur Annahme sein, es werde später das und das eintreffen, - so ist die Antwort: welchen allgemeinen Begriff vom Grund zu solch einer Annahme haben wir denn? Diese Art Angabe über die Vergangenheit nennen wir eben Grund zur Annahme, es werde das in Zukunft geschehn. - Und wenn man sich wundert, dass wir ein solches Sprachspiel //Spiel// spielen, dann berufe ich mich auf die W i r k u n g einer vergangenen Erfahrung (dass ein gebranntes Kind das Feuer fürchtet).

NORM


Item Verso Page 99 99 // Wer sagt, er ist durch Angaben über Vergangenes nicht davon zu überzeugen, dass in Zukunft etwas geschehen wird, der muss etwas anderes mit dem Wort ”überzeugen” meinen, als wir es tun. - Man könnte ihn fragen: Was willst Du denn hören? Was für Angaben nennst Du Gründe um? //dafür//, das zu glauben? Was nennst Du ”überzeugen”? Welche Art des ”Ueberzeugens” erwartest Du Dir. - Wenn d a s keine Gründe sind, was sind denn Gründe? - Wenn Du sagst, dass sind [G|//]seien// keine Gründe, so musst Du doch angeben können, was der Fall sein müsste, damit wir mit Recht sagen könnten, es seien Gründe für unsern Glauben //unsere Annahme// vorhanden. ’Keine Gründe’ -: im Gegensatz wozu?

NORM // Denn, wohlgemerkt: Gründe sind hier nicht Sätze, aus denen das Geglaubte f o l g t .

NORM // Aber [N|n]icht, als ob man //wir// sagen könnte @kön //wollten//: Für's Glauben genügt eben weniger, als für das Wissen. - Denn hier handelt es sich nicht um eine Annäherung an das logische Folgen.

NORM ?// Irregeführt werden wir durch die Ausdrucksweise //Redeweise//: ”Das ist ein guter //richtiger// Grund zu unserer Annahme, denn er macht das Eintreffen des Ereignisses wahrscheinlich”. //”Dieser Grund ist gut, denn er macht das Eintreffen des Ereignisses wahrscheinlich”.// Hier ist es, als ob wir nun etwas weiteres über den Grund ausgesagt hätten, was seine Zugrundelegung //was ihn als (guten7) Grund// rechtfertigt; während mit dem Satz, dass dieser Grund das Eintreffen wahrscheinlich macht, nichts gesagt ist, wenn nicht, dass dieser Grund dem //einem// bestimmten Standard Maßstab16 des guten Grundes entspricht, - der Standard Maßstab16 aber nicht begründet ist!

NORM ?// Ein guter Grund ist einer,16 der s o aussieht.

NORM ”Das ist ein guter Grund, denn er macht das Eintreffen wahrscheinlich” erscheint uns so wie: ”das ist ein guter Hieb, denn er macht den Gegner kampfunfähig”.

NORM


Item Recto Page 100 100 // Man möchte sagen: ”ein guter Grund ist er nur darum, weil er das Eintreffen w i r k l i c h wahrscheinlich macht”. Weil er sozusagen wirklich einen Einfluss auf das Ereignis hat, also quasi einen erfahrungsmässigen.

NORM ”Warum nimmst Du an, dass er besserer Stimmung sein wird, weil ich Dir sage, dass er gegessen hat? ist denn das ein Grund?” - ”Das ist ein guter Grund, denn das Essen hat erfahrungsgemäss einen Einfluss auf seine Stimmung”. Und das könnte man auch so sagen: ”Das Essen macht es wirklich wahrscheinlicher, dass er guter Stimmung sein wird”. Wenn man aber fragen wollte: ”Und ist alles das, was Du von der früheren Erfahrung vorbringst, ein guter Grund, anzunehmen, dass «es» sich auch diesmal so verhalten wird”, so kann ich nun nicht sagen: ja, denn das macht das Eintreffen der Annahme w[h|a]hrscheinlich. Ich habe oben meinen Grund mit Hilfe des Standards für den guten Grund gerechtfertigt; jetzt kann ich aber nicht den Standard rechtfertigen.

NORM Wenn man sagt ”die Furcht ist begründet”, so ist nicht wieder begründet, dass wir das als guten Grund zur Furcht ansehen. Oder vielmehr: es kann hier nicht wieder von einer Begründung die Rede sein. >17

NORM ////2 Die Rechtfertigung durch die Erfahrung hat ein Ende. Hätte sie keins, so wäre sie keine Rechtfertigung.

NORM // Das Raisonnement, das zu einem endlosen Regress führt, ist nicht darum aufzugeben, ’weil wir so nie das Ziel erreichen können’, sondern weil es hier ein Ziel gar nicht gibt, sodaß es gar keinen Sinn hat zu sagen ’wir können es nicht erreichen’.

NORM


Item Verso Page 101 101 // Wir meinen leicht, wir müßten den end Regress ein paar Stufen weit durchlaufen & ihn dann «sozusagen» in Verzweiflung aufgeben. Während seine Ziellosigkeit (das Fehlen eines Zieles im Kalkül) aus der Anfangsposition zu entnehmen ist.

NORM ////2 Ich lege meine Hand auf die Herdplatte, fühle unerträgliche Hitze & ziehe die Hand schnell zurück. War es nicht möglich, daß die Hitze der Platte im nächsten Augenblick aufgehört hätte? Konnte ich es wissen? Und war es nicht möglich, daß ich gerade durch mein Zurückziehen mich weiterem Schmerzen aussetzte? Es müßte also kein guter Grund sein zu sagen: ”ich habe sie zurückgezogen, weil die Platte zu heiß war”.

NORM ////2 Wenn man mich fragte: ”[b|B]ist Du sicher, daß Du es deswegen getan hast?” - wäre da irgendein Zweifel? Sollte man sagen: ”Ich weiß, daß ich es aus d deshalb tun wollte; nicht: daß der Arm sich aus dieser Ursache zurückgezogen hat”? D.h., ich weiß das Motiv, nicht die Ursache.

NORM ////2 ”Ich habe es nicht mehr länger ausgehalten, ich mußte die Hand zurückziehen” Das heißt also wohl,: Du weißt das Motiv, nicht die Ursache. - Und wie weißt Du, daß Du


Item Recto Page 102 102 es aus diesem Motiv getan hast? - ”Ich erinnere mich daran, es darum getan zu haben.” - Aber woran erinnerst Du Dich? An das, was Du Dir damals gesagt hast; an die Gefühle der Angst; an den K«r»ampf in den Muskeln [d|D]eines Arms? Es gibt sehr verschiedene Fälle, in denen wir sagen: ”das war das Motiv meiner M Handlung”.

NORM Mit den Worten ”wollen”, ”willkürlich” (im Gegensatz zu ”unwillkürlich”) beschreibt man eine [m|M]enge verschiedener Erfahrungen. Denke daran, wenn wir beim Essen die Hand mit dem Löffel heben - weil wir sie heben wollen; anderseits wenn wir ein Gewicht zu heben uns anstrengen, es zu heben versuchen. Ist eine solche Erfahrung des [v|V]ersuchens auch im ersten Fall & nur insofern modifiziert als es uns so leicht gelingt den Löffel zu heben? - Oder ich schreibe: schreibe ich unwillkürlich? - Aber ist mein Schreiben von Willensakten begleitet? Will ich einen Buchstaben schreiben bevor ich ihn schreibe? Und wie verschieden ist es wieder, wenn ich nachdenken will, mich erinnern will, etc.. Zwischen allen diesen Fällen bestehen verschiedene Familienähnlichkeiten einander übergreifende Analogien, (Familienähnlichkeiten).

NORM Was man im Falle des Armhebens ’wollen’ nennt hängt mit der Erfahrung der


Item Verso Page 103 103 Muskelempfindung zusammen. Man versuche sich vorzustellen daß man seinen einen Arm hebt (willkürlich hebt) ohne aber zu fühlen, daß er sich hebt (oder man ihn) hebt, sondern bloß mit den Augen wahrnehmend, daß er sich hebt.

NORM ✓////2 Wenn wir unsere Finger entsprechend in «einer» bestimmte[r|n] Weise verschränken so sind wir nicht im Stande einen Finger bestimmten Finger auf Befehl zu heben wenn der Befehlende bloß auf den Finger zeigt - ihn bloß unserem Aug zeigt. Wenn er ihn dagegen berührt so können wir ihn bewegen. Man kann möchte diese Erfahrung so beschreiben: wir seien nicht im Stande, den Finger heben zu wollen. Aber nicht nur ist das ganz anders als, wenn der Fall ist ganz verschieden von dem, wenn wir nicht im Stande sind den Finger zu heben6[, weil ihn etwa jemand hält, sondern der Ausdruck ”nicht im Stande sein” oder das Wort ”versuchen” bedeutet hat im ersten Fall etwas eine anderes, wenn auch ähnliche, Bedeutung]6. Man ist nun leicht geneigt den ersten Fall so zu beschreiben, man könne für den Willen keinen Angriff finden ehe der Finger nicht berührt sei, ehe man den Finger nicht fühle. Erst wenn man ihn fühle könne der Wille wissen, wo er anzugreifen habe. Aber diese Ausdrucksweise ist irreführend; man möchte sagen: ”wie soll ich denn wissen, wo ich mit dem Willen anzupacken habe, wenn das Gefühl nicht die Stelle bezeichnet?” Aber ich könnte fragen: ”Und wie weiß man denn, wenn das Gefühl


Item Recto Page 104 104 da ist, wohin ich den Willen zu lenken habe?”

NORM ////2✓ ”Das Wollen ist auch nur eine Erfahrung”, möchte man sagen (der ’Wille’ auch nur ’Vorstellung’). Er kommt, wenn ( er kommt, & ich kann ihn nicht herbeiführen.

NORM ( ( ’Nicht herbeiführen’? - Wie was? - Was kann ich denn herbeiführen? Womit vergleiche ich das Wollen, wenn ich das dies (von ihm) sage?

NORM Im Gegensatz wozu nenne ich denn hier das Wollen ”eine Erfahrung”, & oder sage, es komme, wenn es komme?!

NORM Wo ist die Antithese, auf die ich hier denke, zu Hause?

NORM ////2 Von der Bewegung meines Armes«, z.B.», würde ich nicht sagen, sie komme, wenn sie komme, ich könne sie nicht herbeiführen., etc.. [&|Un]‹d hier ist die Domäne, in der wir sinnvoll sagen, daß uns etwas nicht einfach geschieht, sondern daß wir es tun. ”Ich brauche nicht abwarten bis mein Arm sich «vielleicht»3 heben wird, - ich kann ihn heben”. Und hier Hier setze ich die Bewegung meines Arms etwa dem entgegen, daß die Windrichtung sich ändern wird. daß sich das heftige Klopfen meines Herzens legen wird.

NORM // ”Aber mußt Du das Wollen nicht auch doch abwarten?” Die Handlung geschieht, wenn ich will. - ”Aber willst Du auch, wenn Du


Item Verso Page 105 105 willst?” - Das heißt nichts. Und daß es nichts heißt kommt daher, daß hier das Wort ”wollen” grammatisch falsch aufgefaßt wird, wie das Wort ”Zeit”, wenn Das ist wie wenn man denkt, die Zeit müsse sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit bewegen //müsse mit einer bestimmten Geschwindigkeit verfließen//.

NORM ////2 ”Ich kann es nicht herbeiführen” -? Doch, ich kann es herbeiführen, in dem Sinne, in dem ich überhaupt irgend etwas herbeiführen kann. Ich kann es nicht wollen. Und das heißt, es hat keinen Sinn zu sagen. ”ich habe es willkürlich, (oder unwillkürlich) gewollt”.

NORM [¥ S 111 A als neuer eigener Absatz. ////2 So führt man das Wollen herbei, wenn man sich absichtlich in eine Zwangslage versetzt. Wenn man z.B. ins tiefe Wasser springt um schwimmen zu lernen.

NORM ////2 Denke an das Paradox: ’daß es etwas Weiches eigentlich nicht gibt; denn auch das Weichste hat, wenn ich etwa auf ihm liege, eine bestimmte Form & eine ebenso bestimmte, als wäre sie aus Stahl’.//; denn auch das weichste Kissen hat, wenn ich darauf liege eine bestimmte Form, die «auch» nicht bestimmter wäre & die könnte auch nicht bestimmter sein, wenn sie aus Stahl wäre’.//

NORM Man sagt: ”[V|v]ielleicht wird es Dir einmal geschehen, daß Du das siehst, oder hörst”; aber


Item Recto Page 106 106 man sagt nicht: ’vielleicht wird es Dir einmal geschehen, daß Du das willst’. ”Denn”, möchte man sagen, ”wenn Du willst (Lust hast) kannst Du jederzeit wollen. Denn Du tust es ja selbst; nicht der Körper, der nur teilweise von [d|D]ir abhängig ist, sondern Du.

NORM ////2 Das wollende Subjekt stellt man sich hier als etwas [m|M]asseloses[, t|( T]rägheitsloses) Wesen vor, als einen Motor der in sich selbst keinen Trägheitswiderstand zu überwinden hat. Und also nur Treibendes & nicht auch Getriebenes ist. D.h.: Man kann sagen ”ich will, aber mein Körper folgt mir nicht”, aber nicht: ”mein Wille folgt mir nicht”. (Augustinus) Aber in dem Sinn, in welchem es mir nicht mißlingen kann, zu wollen, kann ich es auch nicht versuchen.

NORM <////2 Und doch sagt man: ”Ich glaube, Du wirst das einmal wollen. -”- >11

NORM ////2 Und man könnte sagen: ”Ich kann nur insofern jederzeit wollen, als ich nie versuchen kann zu wollen”.

NORM Und zu sagen, ich könne nicht zu wollen versuchen ist natürlich keine Aussage über die Naturgeschichte des Willens. Das Zeitwort ”wollen” legt es uns nahe, die Tätigkeit des Wollens mit der Tätigkeit der Ausführung des Gewollten zu vergleichen & die grammatische Verschiedenheit für eine Verschiedenheit der Eigenschaften zu nehmen.

NORM


Item Verso Page 107 107 //2 ”Das Wollen ist auch nur eine Erfahrung …” Wogegen richtet sich das? Und wenn die Annahme, die hier zurückgewiesen wird, unrichtig war; wie konnte man diesen Fehler machen? Was hat uns zu ihm verführt? Was ist die Vorstellung, die Analogie, die am Grunde der Anschauung liegt, es gäbe ein passives Prinzip, die Vorstellung, & ein aktives, den Willen?

NORM ¥ [S. 108 A] als eigener Absatz.] ////2 Tun scheint selbst gar kein Volumen der Erfahrung zu haben. Es scheint wie ein ausdehnungsloser Punkt, die Spitze einer Nadel. Diese Spitze scheint das eigentliche Agens. Und alles Geschehen in der Erscheinung nur Folge dieses Tuns. ”Ich tue” scheint einen bestimmten Sinn zu haben, abgelöst von deje jeder Erfahrung.

NORM Denke ich aber an eine Anwendung dieses Ausdrucks, so ist (da) immer eine Erscheinung im Spiele.

NORM Das was den Eindruck erweckt, daß es ein Tun gibt abgelöst vom Erfahren ist die Existenz der Ausdrucksweise: ”[i|I]ch tue das”, ”Ich hebe den Arm”, im Gegensatze zu ”Mein Arm hebt sich”, oder ”Ich fühle, sehe, wie mein Arm sich hebt”.

NORM Wir sind unter dem Eindruck dieser Ausdrucksformweise, wenn wir das unmittelbar Gegebene als Tun & Wahrnehmen sehen.

NORM


Item Recto Page 108 108 ////2 Aber vergessen wir [e|E]ines nicht: Wenn ’ich meinen Arm hebe’, ’hebt sich mein Arm’; & das Problem entsteht: Was ist das, was übrigbleibt, wenn ich von der Tatsache, daß ich meinen Arm hebe, die abziehe, daß mein Arm sich hebt

NORM Bedenken wir auch, daß die Tätigkeit des Deliberierens von den Erfahrungen beim wirklichen Ausführen der Bewegung unabhängig sind. D.h., dieses Deliberieren, Überlegen, Wählen, könnte geschehen, auch ein Entschluß gefaßt werden, & die willkürliche Handlung doch nicht stattfinden. Und umgekehrt konnte die willkürliche Handlung ohne jede vorausgehende Überlegung ausgeführt werden.

NORM [Zu S 107] A Es ist freilich in dieser Konzeption gleich eine Schwierigkeit, daß nämlich das, was der Wille ausführt, sich in der Vorstellung zeigen muß. [Auf dieser Zeile: S. 109 A]

NORM //2 Kann nun eine willkürliche Handlung nicht verursacht werden? - Und ist sie dadurch gezwungen? Wenn ich arretiert & von der Polizei abgeführt werde, so gehe ich gezwungen. Ist nun das Gleiche der Fall wenn ich im Garten spazieren gehe? « Ist denn die Ursache ein Zwang?? » Ist es richtig zu sagen: ”[i|I]ch fühle mich in diesem Falle nur nicht gezwungen, weil mir die Ursache, weswegen ich mich


Item Verso Page 109 109 bewege, wie ich es tue, nicht bekannt ist”? Wäre die Kenntnis eines Naturgesetzes ein Gefühl des Zwanges?

NORM ////2 Ist das Gefühl«, die Erfahrung,» des Zwanges die direkte Erfahrun Wahrnehmung der Ursache, die man sonst nur aus der Koinzidenz erschließt?

NORM [Zu S. 108 A auf einer neuen Zeile] A Was ist das, was wir wollen? Was ist das Objekt des Wollens?

NORM ////2 Vergleiche verschiedene Bedeutungen der Worte ”Zwang”, ”herbeiführen”, ”versuchen”.

NORM ////2 Wenn wir Flüssigkeit durch ein Röhrchen oder einen Strohhalm einsaugen, so sind wir geneigt einen Strohhalm trinken, so sind wir geneigt … zu meinen, wir saugen mit dem Mund, den Wangen, weil wir in ihnen den Luftdruck spüren, aber keine Anstrengung in den Brustmuskeln, die die Kraft ausüben.

NORM Ist das Deliberieren, das zur Handlung führt, selbst eine Erfahrung oder eine Tätigkeit? - Und allgemein: ist der Gedanke eine Erfahrung oder eine Tätigkeit? - Wie willst Du ihn nennen? (Man liest oft in Erzählungen den Ausdruck: ”plötzlich hörte er sich die Worte sagen …”.)

NORM ”Geschieht es uns, daß wir wünschen, oder


Item Recto Page 110 110 tun wir es?” Ja, hat diese Frage einen Sinn? Es hat freilich Sinn zu fragen: ”Hast Du den Arm absichtlich gehoben, oder hat er sich von selbst gehoben?” Und die Frage, ob das Wünschen ein Tun oder ein Erfahren sei, kann etwa bedeuten,: ob das Wünschen ähnlicher ist dem willkürlichen Heben des Armes, oder der Erfahrung, daß mein Arm sich hebt. (Lichtenberg: ”Es denkt.”)

NORM Es hat auch keinen Sinn zu fragen: ”ist das Wollen, eigentlich, eine Erfahrung?” Die eigentümliche, zähe Schwierigkeit dieser Frage zeigt schon, daß es eigentlich keine Frage ist.

NORM ”Das Wollen kommt, wenn es kommt”, & das heißt, es müßte eigentlich etwas sein, was da ist, ehe es da ist.

NORM Das philosophische Problem scheint unlösbar; bis unlösbar. Bis man sieht, daß es eine Krankheit ein Leiden der Darstellungsform gibt. //Das philosophische Problem scheint unlösbar. Bis man sieht, daß es eine Krankheit gibt, die in der Darstellungsform sitzt. die ihren Sitz in der Darstellungsform hat.//

NORM // Meine Wahl ist frei, heißt nichts anderes als: ich kann wählen wähle manchmal. Und «daß» ich manchmal wähle, steht doch nicht in Zweifel. Was man ”frei” nennt, ist nur die Wahl an sich. Zu sagen,: ”wir glauben nur, daß wir wählen”, ist Unsinn. Der Vorgang, den


Item Verso Page 111 111 wir ”wählen” nennen, findet statt, ob man das Resultat der Wahl nach Naturgesetzen vorraussagen kann, oder nicht.

NORM «[Zu S. 105]» A Mein Ausdruck kam daher, daß ich mir das Wollen als ein Herbeiführen dachte, - aber nicht als ein Verursachen, sondern - ich möchte sagen - als ein direktes, nicht-kausales, Bewegen //Herbeiführen//. Und dieser Idee liegt die Vorstellung zu Grunde, daß der kausale Nexus durch einen Mechanismus, eine Reihe von Zahnrädern oder dergleichen, gebildet wird. die Verbindung zweier Maschinenteile durch einen Mechanismus, etwa eine Reihe von Zahnrädern, ist. Diese Verbindung kann auslassen, wenn der Mechanismus gestört wird. (Man denkt nur an die Störungen, denen ein Mechanismus normalerweise ausgesetzt ist; nicht daran, daß etwa die Zahnräder plötzlich weich werden, oder einander durchdringen, etc..) [Siehe Maschinschrift S. 401]

NORM Das Motiv ist nicht eine Ursache ’von innen gesehen’! (Das Gleichnis von ’innen & außen’ hier, wie so oft, gänzlich irreführend. - Es ist von der verwandt der Idee von der Seele, einem Lebewesen, im Kopfe. Aber wir vermengen diese Idee mit andern unverträglichen, wie die diese Idee ist mit andern unverträglichen vermengt, wie die … Metaphern im Satz ”der Zahn der Zeit, der alle Wunden heilt, etc.”)

NORM Man nimmt an daß ein Mensch das Motiv seiner Tat weiß; - das sagt uns etwas über die Bedeutung des Wortes ”Motiv”.


Item Recto Page 112 112 //; - das zeigt uns, wie wir das Wort ”Motiv” gebrauchen.// //; - das sagt uns etwas darüber, wie wir das Wort ”Motiv” gebrauchen.//

NORM // Nach den Gründen zu einer Annahme gefragt, besinnt man sich auf diese Gründe. Geschieht hier dasselbe, wie, wenn man über die Ursachen eines Ereignisses nachdenkt?//, wie, wenn man nachdenkt, was «wohl»3 die Ursachen eines Ereignisses gewesen sein mögen?//

NORM ”Wie weißt Du, daß das wirklich der Grund ist, weswegen Du es glaubst?”, das ist ähnlich, als fragte ich: ”wie weißt Du, daß es das ist, was Du glaubst”. Denn, wenn er die Gründe angibt, (so) beschreibt er ein Operieren mit Gedanken, das zu dem Geglaubten führt (ihn etwa geführt hat); einen Vorgang der seiner Art nach zu dem des Glaubens gehört. Der Unterschied zwischen der Frage nach der Ursache & der Frage nach dem Grund ist etwa der, zwischen den Fragen: ”Was ist die Ursache der Bewegung dieses Körpers von A nach B” & ”[a|A]uf welchem Wege ist er von A nach B gekommen”. (Hier sieht man, wie «auch» die Angabe der Ursache als Angabe eines Weges aufgefaßt werden kann.)

NORM ”Man kann die Ursache einer Erscheinung nur vermuten” (nicht wissen); das muß ein Sat


Item Verso Page 113 113 grammatische Bedeutung haben. Es sagt heißt nicht, daß wir mit dem besten Willen die Ursache nicht wissen können. (”Wir können in der Zahlenreihe, soweit wir auch zählen, kein Ende erreichen” d.h.: von einem ”Ende der Zahlenreihe” kann keine Rede sein.) Nun hat es «einen» Sinn, zu sagen: ”[i|I]ch kann die Ursache dieser Erscheinung nur vermuten”; d.h., es ist mir noch nicht gelungen, sie (im gewöhnlichen Sinne) ’festzustellen’. Im Gegensatz also zu dem Fall, in dem es mir gelungen ist, in dem ich die Ursache weiß. - Sage ich aber als metaphysischen Satz, ”ich kann die Ursache immer nur vermuten”, so heißt das: ich will im Falle der Ursache immer nur das Wort ”vermuten” & nicht das Wort ”wissen” gebrauchen und so «verschiedene» Gebiete verschiedener «der» Grammatik auseinanderhalten. (Das ist also, wie wenn ich sage: ich will in Gleichungen immer das Zeichen ”=” & nicht das Wort ”ist” gebrauchen.) Was an unserm ersten Satz irreführt ist das Wort ”nur”; aber freilich gehört das eben ganz zu dem Gleichnis, das im Gebrauch des Wortes ”können” liegt.

NORM Wie hängt die Furcht mit dem furchtbaren Anblick zusammen? oder mit der furchtbaren @ Vorstellung? - Soll ich sagen: ”sich vor etwas etwas fürchten heißt, es sehe wahrnehmen & sich fürchten”? Wenn man nun mehreres gleichzeitig sieht oder hört, ist da ein Zweifel darüber, welches das Furcht Einflößende ist? - Oder weiß man es eben etwa aus früherer Erfah-


Item Recto Page 114 114 rung, vor welchem von allen diesen man sich fürchtet? ////2 Ich möchte sagen: das Fürchten ist sich vor etwas fürchten ist eine Beschäftigung mit dem Gegenstand der Furcht. - Die Furcht begleitet nicht den Anblick. Sondern das Furchtbare & die Furcht haben die Struktur des Gesichts. Denken wir uns, daß wir den Zügen eines Gesichts mit den Augen in Erregung folgen; sie gleichsam zitternd nachfahren.

NORM ////2 ••So ist das Gesicht, das uns Furcht oder Entzücken einflößt (der Gegenstand der Furcht, des Entzückens, etc.) darum nicht die ihre Ursache, sondern - man könnte sagen - ihre Richtung.

NORM ? •[6[ Das wovor man sich fürchtet braucht nicht die ? ? Ursache der Furcht zu sein. Wenn ich sage: ”ich fürchte ? ? mich, weil er mich anschaut”, so konstatiert das ”weil” ? ? keinen kausalen Zusammenhang. ]6 ?

NORM ////2 Es ist zu unterscheiden zwischen dem Gegenstand der Furcht & der Ursache der Furcht. ]

NORM ”Der Schmerzlose Zustand setzt die Fähigkeit voraus «Schmerzen zu fühlen” & das kann keine physiologische Fähigkeit sein.» Wenn ich sage ”ich habe keine Schmerzen im Arm”, heißt das, daß ich eine Art schattenhaftes Gefühl habe, welches die Stelle andeutet, in die der Schmerz, wenn er käme, eintreten würde? In wiefern enthält der Gegenwärtige, Zustand


Item Verso Page 115 115 schmerzlose, Zustand die Möglichkeit der Schmerzen? Wenn einer sagt,: ”Damit das Wort ’Schmerzen’ Bedeutung habe, ist es notwendig, daß man Schmerzen als solche erkennt, wenn sie auftreten”, so kann man antworten: Es ist nicht notwendiger, daß man Schmerzen als solche erkennt, wenn sie auftreten, als daß man das Fehlen der Schmerzen erkennt.

NORM ”Schmerzen” heißt, sozusagen der ganze Maßstab & nicht einer seiner Teilstriche. Daß der Zustand auf einem bestimmten Teilstrich steht, ist durch einen Satz ausgedrückt. auszudrücken.

NORM Ist absolute Stille zu verwechseln mit innerer Taubheit,? ich meine der Unbekanntheit mit dem Begriff des Tons? Wenn das der Fall ist wäre, so könnte man den Mangel des Gehörsinnes nicht von dem Mangel eines andern Sinnes unterscheiden. Ist das aber nicht genau dieselbe Frage wie: Ist der Mann, der jetzt nichts Rotes um sich sieht, in derselben Lage, wie der, der unfähig ist, rot zu sehen? Worin äußert sich die Fähigkeit «rot» zu sehen & worin die Bekanntschaft mit dem Begriff des Tons? Man wird sagen: Er muß wissen was ”Ton” heißt. Aber was heißt es, das zu wissen? - Ich sage: ”ich weiß was ’rot’ heißt”.


Item Recto Page 116 116 - Jemand fragt: ”Bist Du sicher?” - Was würde ich da tun, um mich davon zu überzeugen?

NORM // Man scheint etwas über den Zustand der Schmerzlosigkeit zu sagen, wenn man sagt, daß er die Möglichzkeit des Schmerzes enthalten muß. Man redet aber nur vom System der Bilder, das wir verwenden.

NORM // Man möchte sagen: ”Das Grau muß bereits im Raum von dunkler & heller vorgestellt sein, wenn ich davon reden will, daß es dunkler oder heller werden kann.” - D.h.: es kann zum Verständnis des Satzes gehören, daß man etwas Helleres & Dunkleres (tatsächlich) vor sich sieht, & man sagt dann etwa: ”dieses Grau kann so oder auch so werden.”, indem man auf die Muster zeigt.

NORM Kann ich mir Schmerzen in der Spitze meines Nagels denken, oder in meinen Haaren? - Sind dieses Schmerzen nicht ebenso, & ebenso wenig vorstellbar, wie die, die an irgend einer Stelle des meines Körpers, wo ich «(jetzt)» gerade keine Schmerzen habe & mich an keine erinnere? - Das Bild der Moglichkeit ist in den Gedanken, das heißt, in der Sprache.

NORM // Das Gefühl ist, als müßte nicht-p, um


Item Verso Page 117 117 p zu verneinen, es der verneinende Satz, um einen Satz zu verneinen, ihn erst in gewissem Sinne wahr machen. («Vergleiche» Erwartung & Erfüllung.) ”|- ~p” enthält nicht ”|- p” ”|-p”.

NORM 1 Vgl. Ms.; Position. 2 Einfügung durch H1 3 Einfügungsstelle mit Wellenlinie 4 Tilgung gelöscht 5 Unterstreichung gelöscht 6 Text gestrichen 7 Unterstreichung mit gebrochener Linie 8 Unterstreichung mit Wellenlinie - Unterstreichung gelöscht 9 Tilgung durch H1 10 Text gestrichen durch H1 11 Einfügung auf dem oberen Rand 12 Der Nachtrag in Bleistift ’d.h. sie spielen (…)’ ist mit Tinte ’oder besser: (…)’ überschrieben. 13 Einfügung durch H1 auf dem unteren Rand 14 <Ts. 213: S. 393ff. Die Paginierung auf den Typoskriptausschnitten ist von Hand.>! 15 Tilgung durch H2 16 Einfügung durch H2 17 Typoskriptzettel


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Page last updated: 19. September 2007

   Franz Hespe