Familienerinnerungen – Heimatmuseum des Großbürgertums? Zu Orientierungsversuchen im Wien der vierziger Jahre. Am Beispiel der Erinnerungen der Familie Wittgenstein.
Abstract
Die Familienerinnerungen der Familie Wittgenstein, von Hermine Wittgenstein – der
Schwester von Ludwig Wittgenstein – in den Jahren 1944-49 in Wien und auf dem
Landsitz der Hochreit auf Anregung ihrer Schwester Helene verfaßt und bislang
unpubliziert, sind dem Wittgenstein-Publikum nicht unbekannt, da bereits das Kapitel
bezüglich Ludwig Wittgenstein veröffentlicht wurde. Hinsichtlich der Familie wurden
nur Teile herauszitiert, ohne daß jene bis jetzt als Ganzes rekontextualisiert,
reflektiert und kritisch beleuchtet wurden. Wie es bei Guy Miron heißt: „The very
choice made by a particular individual to write down memoirs [is] a form of
participation in social processes” (Miron 2000, 252). In diesem Sinne kann an den
Wittgensteinschen Familienerinnerungen beispielhaft die Identifikationsstrategie
einer Familie des Großbürgertums im Wien der vierziger Jahre gezeigt werden. Um die
Familienerinnerungen als historische Quelle (bezüglich geographischer und emotionaler
Zuordnungen) zu lesen, sind jene theoretisch abzusichern: Familienerinnerungen sind
ein literarisches Genre, eine Textsorte mit Intention, Funktion und Rezeption – wie
auch Teil einer Erinnerungskultur, die ihren Ursprung im 19. Jahrhundert hat und
wiederbelebt wird durch den Erinnerungsboom der neunziger Jahre.
Keywords
philosophy; 20th century philosophy; Wittgenstein Ludwig; autobiography; family memory; narrative; identity; story telling; performativity; cultural studies; reception studies; family chronicle; biography
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