Familienerinnerungen – Heimatmuseum des Großbürgertums? Zu Orientierungsversuchen im Wien der vierziger Jahre. Am Beispiel der Erinnerungen der Familie Wittgenstein.
Familienerinnerungen – Heimatmuseum des Großbürgertums? Zu Orientierungsversuchen im Wien der vierziger Jahre. Am Beispiel der Erinnerungen der Familie Wittgenstein.

Abstract

Die Familienerinnerungen der Familie Wittgenstein, von Hermine Wittgenstein – der Schwester von Ludwig Wittgenstein – in den Jahren 1944-49 in Wien und auf dem Landsitz der Hochreit auf Anregung ihrer Schwester Helene verfaßt und bislang unpubliziert, sind dem Wittgenstein-Publikum nicht unbekannt, da bereits das Kapitel bezüglich Ludwig Wittgenstein veröffentlicht wurde. Hinsichtlich der Familie wurden nur Teile herauszitiert, ohne daß jene bis jetzt als Ganzes rekontextualisiert, reflektiert und kritisch beleuchtet wurden. Wie es bei Guy Miron heißt: „The very choice made by a particular individual to write down memoirs [is] a form of participation in social processes” (Miron 2000, 252). In diesem Sinne kann an den Wittgensteinschen Familienerinnerungen beispielhaft die Identifikationsstrategie einer Familie des Großbürgertums im Wien der vierziger Jahre gezeigt werden. Um die Familienerinnerungen als historische Quelle (bezüglich geographischer und emotionaler Zuordnungen) zu lesen, sind jene theoretisch abzusichern: Familienerinnerungen sind ein literarisches Genre, eine Textsorte mit Intention, Funktion und Rezeption – wie auch Teil einer Erinnerungskultur, die ihren Ursprung im 19. Jahrhundert hat und wiederbelebt wird durch den Erinnerungsboom der neunziger Jahre.

Table of contents

    Die Familienerinnerungen1 der Familie Wittgenstein, von Hermine Wittgenstein – der Schwester von Ludwig Wittgenstein – in den Jahren 1944-49 in Wien und auf dem Landsitz der Hochreit auf Anregung ihrer Schwester Helene verfaßt und bislang unpubliziert, sind dem Wittgenstein-Publikum nicht unbekannt, da bereits das Kapitel bezüglich Ludwig Wittgenstein veröffentlicht wurde. Hinsichtlich der Familie wurden nur Teile herauszitiert, ohne daß jene bis jetzt als Ganzes rekontextualisiert, reflektiert und kritisch beleuchtet wurden. Wie es bei Guy Miron heißt: „The very choice made by a particular individual to write down memoirs [is] a form of participation in social processes” (Miron 2000, 252). In diesem Sinne kann an den Wittgensteinschen Familienerinnerungen beispielhaft die Identifikationsstrategie einer Familie des Großbürgertums im Wien der vierziger Jahre gezeigt werden. Um die Familienerinnerungen als historische Quelle (bezüglich geographischer und emotionaler Zuordnungen) zu lesen, sind jene theoretisch abzusichern: Familienerinnerungen sind ein literarisches Genre, eine Textsorte mit Intention, Funktion und Rezeption – wie auch Teil einer Erinnerungskultur, die ihren Ursprung im 19. Jahrhundert hat und wiederbelebt wird durch den Erinnerungsboom der neunziger Jahre.

    Familiale Erinnerungskultur

    Bekam die Familie im 19. Jahrhundert zunehmend Bedeutung zugesprochen, so wurden auch Familienerinnerungen ein populäres Genre. Parallel zu der Nationalstaatskonzeption des 19. Jahrhunderts, der Schaffung von öffentlichkeitswirksamen „imagined communities“ (Bendict Anderson), sind die Familienerinnerungen eine bewußte Strategie für ein Identifikationskonzept im Privaten: Mit dem Prozeß der Verbürgerlichung und Individualisierung wurde die Familie „umgedeutet von einem Ort der Produktion und materiellen Absicherung zu einem Ort der Intimität und Selbstverwirklichung”, und die Familienerinnerungen werden als Instrument für die angestrebte Verinnerlichung des bürgerlichen Wertekanons eingesetzt (Gebhardt 1996, 175). Damit ist die familiale Erinnerungskultur ein historisches Phänomen, „das seine größte Bedeutung in der Übergangszeit zwischen dem traditionellen kollektiven Erinnern und dem modernen individuellen Erinnern hatte” (Gebhardt 1996, 177).2 Obwohl im Erinnerungsdiskurs um 1900 das kollektive Gedächtnis den Mittelpunkt bildet, gilt doch die Individualisierung der Erinnerung als das Phänomen der Modernisierung (vgl. die subjektiven Erinnerungsmodelle von Freud, Dilthey und Bergson; Patzel 1996, 192), da mit der Pluralisierung der Lebenswelt kollektive Denk- und Verhaltensmuster dem einzelnen immer weniger Orientierung bieten konnten. Diese Spannung zwischen kollektiven und individuellen Identitätsstrategien initiierte nicht nur den Erinnerungsboom am Ende des 19. Jahrhunderts (Autobiographien etc.), sondern auch die Renaissance des Begriffs ‘Erinnerung‘ in gesellschaftlicher wie wissenschaftlicher Hinsicht zu Anfang der Neunziger Jahre.3

    Im Gegensatz zur nationalstaatlich ausgerichteten Elitengeschichtsschreibung4 werden seitens der Wissenschaft seit den achtziger Jahren solche autobiographischen und lebensgeschichtlichen Erzählungen auch als historische Quellen anerkannt. Dieser ‘narrative turn‘ wurde initiiert durch den individuellen Zugang zur Vergangenheit des Nationalsozialismus. Großkollektive wie das Nationale wurden obsolet und es kam zu einer breiten „Akzeptanz der Repräsentation des Gesellschaftlichen im Individuellen”, einem Paradigmenwechsel (Patzel 1996, 207). Die Unterscheidung zwischen objektiv und subjektiv wird mit dem aufkommenden Schlagwort ‘facts and fiction‘ (Richard Evans) zunehmend obsolet geführt. Der Gedanke von der Subjektivität aller historischen Quellen wird nicht nur akzeptiert, sondern dem scheinbar einschränkenden Faktor der Subjektivität und Selektivität wird Wert und Qualität beigemessen.

    Maurice Halbwachs hatte bereits in den siebziger Jahren, diese neuen Ansätze vorwegnehmend, als erster eine systematische Erinnerungstheorie formuliert und von einem kollektiven Familiengedächtnis gesprochen: In dem sich Familienerinnerungen auszugsweise auf bestimmte Ereignisse konzentrieren, sind sie „symbolhaft” in der Definition der Gruppe, mit der sich der einzelne über seine Erinnerung identifiziert.5 Damit bilden sie keine historische Realität ab, sondern konstruieren unter dem Blickwinkel der Gegenwart die Erinnerung jeweils neu. Somit formt die Denkweise der Gegenwart die Erzählungen des Vergangenen.6 Welche Aussagekraft hat dann das Genre als historische Quelle? Es interessiert die Repräsentation in ihrer Konstruktion; nicht die Chronologie und Details der Familiengeschichte, sondern der Anlaß zu den Erinnerungen, die Auslassungen, Betonungen und Brüche in der Erzählung – entsprechend neuer Ansätze in der Autobiographieforschung, konzentriert auf Schnittstellen und Lebensphasen und weniger auf Gesamtdarstellungen.

    Die Wittgensteinschen Familienerinnerungen können im Sinne Pierre Noras als metaphorischer Gedächtnisort betrachte werden. ‘Orte des Gedächtnisses‘ (lieux de memoire) sind Orte, „an die sich das Gedächtnis lagert oder in die es sich zurückzieht” (Nora 1990, 22). Im Prozeß von Identitätskonstruktionen greifen Individuen wie kollektive Identitäten auf solche Orte zurück. Wenn das Heimatmuseum ein ‘Gedächtnisort‘ par excellence ist, eine Legitimitätsversicherung des Kleinbürgertums und Manifestation ihrer Kultur im Monument (Köstlin 2000), so befassen sich die folgenden Überlegungen mit abstrakteren Räumen: mit ‘kulturellen Codes‘ als Erinnerungsstrategien im Wiener Großbürgertum. Solche Codes sind maßgeblich in der Konstruktion von personalen und kollektiven Identitäten, und wie Moritz Csáky betont, sind jene im Prinzip, wenn auch zuweilen national instrumentalisiert, von „vielmehr gesamtregionaler, europäischer oder ‘globaler’ Provenienz bzw. Relevanz”>7 Anhand der Familienerinnerungen soll der Versuch unternommen werden, einen Heimatbegriff zu bestimmen, der seine Besonderheit aus dem sozialen Kontext des Wiener Fin de Siècle, dem pluralistisch verfaßten Raum der Monarchie, ableitet, der – so die These – weniger im nationalen als transnationalen, mehr durch „Mehrfachkodierung“ und „Multipolarität” als Einheitlichkeit ausgezeichnet ist. Denn, während im Deutschen Kaiserreich das identitätsstiftende Merkmal der Nation den öffentlichen Diskurs zur Jahrhundertwende bestimmte, brachte der Nationalgedanke die k.u.k.-Monarchie, welche durch Pluralitäten (Vielfalt der Sprachen, der verfassungsmäßigen Struktur, der kulturellen Symbole) bestimmt gewesen war, zu Fall. Diese Nachwehen des Modernisierungsprozesses prägten das individuelle und kollektive Bewußtsein der Bürger der Habsburger Monarchie und manifestierten sich im kulturellen Gedächtnis der Nachfolgestaaten durch identitätsstiftende Sprach-, Denk- und Lebensformen (Csáky, Reichensperger 1999, 16). In diesem Sinne soll der Wittgensteinsche Begriff von ‘Heimat‘ – im Sinne von Identität – untersucht werden: hinsichtlich der geographischen Zuordnung, der emotionalen Zuordnung und der Zuschreibungen von außen. Nachdem Identität nur in einem Netzwerk, oder mit Pierre Bourdieu gesprochen in einem ‘Feld‘ ausgebildet wird, sind die Familienerinnerungen in der Interaktion mit anderen Autobiographien, Texten und Zeugen zu betrachten, denn: „The view from inside which means the hermeneutic text interpretation is not able ‘to see the real break-ups; it leads to systematic misjudgements and false estimation’” (Liebau 1987, 87). Das dekonstruierende Korrektiv wird sich in diesem Rahmen auf einige Verweise auf Ludwig Wittgensteins Äußerungen, wie auf einige Zeitstimmen zu den behandelten Fragen beschränken.

    Die Familienerinnerungen

    Man könnte die Wittgensteinschen Familienerinnerungen mit Guy Miron „echoes of the system of bourgeois civil values” bezeichnen (Miron 2000, 256). Was der Kulturhistoriker Peter Gay bezüglich dem Tagebuch ein „bourgeoise style of thinking” (Zand 1999,18) nennt, zeichnet auch jene aus. Obwohl Hermine Wittgenstein am Anfang das Bewußtsein formuliert nur „Strohhalme” abbilden zu können, zeigt ihre konservative Darstellung und das Bemühen um Ordnung, Linearität und Kontinuität ein illusionistisches und darin auch bürgerliches Verlangen. Dazu gehört das Schildern der Erfahrungen in Kindheit und Jugend im prozeßhaften Herausbilden der Charaktere. Unpolitisch, deskriptiv und ein Beispiel für die geübte ‘Nabelschau‘ einer sozialen Klasse, präsentiert sie einen höchst individualistischen Zugang zur Geschichte, ohne jegliche Kontexte zu berücksichtigen – darin abweichend vom bürgerlichen Genre der „contemporary history in miniature” (Warneken, 1995, 9)8. Nur bei Karl Wittgenstein wird deutlich, daß er die österreichische Geschichte nicht nur miterlebt sondern auch mitgestaltet hat. Aus diesem „freundlichen Rahmen“ (Fam.Er., 153) von Liebheiten, Tugendhaftigkeit und sozialem Engagement fällt die Beschreibung des Jahres 1938 heraus; ein historischer Einschnitt in Österreich, der die Familienmitglieder zum Handeln veranlaßt. Dieser „herausfallende“ Abschnitt bildet das Zentrum der Argumentation.

    Hermine Wittgenstein setzt den Anfang mit dem Großvater mütterlicherseits, Wilhelm Figdor, einem in Wien ansässigen Großhändler: „Sie waren Juden, fühlten sich aber, wie man das damals konnte, als Österreicher und wurden auch von Anderen als solche betrachtet” (Fam.Er., 3). Auch wenn sie zum Jahr 1938 schreibt, daß sie selbst keine Ahnung gehabt habe von ihrer jüdischen Herkunft, scheint doch genau jener Umstand der zentrale Ausgangspunkt für die Aufzeichnung der Familiengeschichte zu sein. Auch bei Großvater Hermann Wittgenstein – Wollgroßhändler aus Westphalen, der 1839 Fanny Figdor heiratete und 1859 nach Wien übersiedelte – schildert sie, wie die Familie sofort Anschluss fand und vermutet, daß „dabei die Anziehung, die das reichsdeutsche Element auf Hermann Wittgenstein ausübte, eine Rolle spielte. Gerade in jener Zeit lebten und wirkten viele Reichsdeutsche in Wien, fühlten sich sehr wohl und wurden dort sehr geschätzt“ (Fam.Er., 32). Auch dessen Sohn Karl Wittgenstein – der Vater von Hermine und Ludwig Wittgenstein, der Begründer des österreichischen Stahlimperiums – wird als kein Vertreter der alten Habsburg-Ordnung beschrieben. Er wurde auch von der Öffentlichkeit als Deutscher wahrgenommen, so nennt ihn Karl Kraus in der Fackel einen deutschen Großkapitalisten mitsamt seinen „auch-deutschen Kumpanen” (1900, 31), die Arbeiterzeitung einen „Amerikaner” (26.1.1899), seines aggressiven und rücksichtslosen Unternehmertums wegen. Tochter Hermine nennt es in den Familienerinnerungen lediglich die „unösterreichische” Art des Vaters:

    Die überenergische Art und Weise meines Vaters hatte etwas sehr Unösterreichisches an sich. Er selbst empfand es schmerzlich, dass er im bureaukratischen Österreich mehr angefeindet als anerkannt wurde und sagte oft, dass hier jeder Unternehmer hauptsächlich als Geldgewinner angesehen wurde and dass die geistige Arbeit, die Energieleistung, das Aufsichnehmen eines grossen Risikos, die von einem Unternehmer verlangt werden, hier geflissentlich unbeachtet bleiben; in Amerika sei das anders! (Fam.Er., 64)

    Ihre Darstellung des Vaters folgt dem gängigen Topos des sozialen Aufsteigers, wie es Miriam Gebhardt in einer Studie über das deutsch-jüdische Bürgertum formuliert: „Der Familiengründer als klassischer selfmade man, der sich am eigenen Schopf packt und wirtschaftlich und kulturell ‘verbessert’ – diese bürgerliche Selbstlegitimation beschreibt in idealtypischer Weise den Ethos der jungen industriellen Leistungsgesellschaft.“ Darauf sei oft die ganze Dramaturgie des Erinnerns abgestimmt: „Die stereotype Erinnerungsfigur wird aufgeladen mit den Tugenden Fleiß, Sparsamkeit, Bescheidenheit, Bildungshunger, Keuschheit und so zum Musterfall bürgerlicher Sittlichkeit” (Gebhardt, 184). Andere Beschreibungen konterkarieren das Bild der Tochter, so wenn Karl Wittgenstein es aus Stolz auf seine bodenständige Karriere „zwar ablehnt, sich nobilitieren zu lassen, aber dafür umso aristokratischer lebte, wozu die regelmäßige Veranstaltung von Jagdgesellschaften gehörte” (Sekler 1984, 158), oder die luxuriöse Ausgestaltung des Jagdhauses auf der Hochreit durch die Wiener Werkstätte. Zeigt Hermine Wittgenstein ihren Vater vor allem als großzügigen Mäzen9, so kritisiert sie doch, wie er die künstlerischen Neigungen seiner Söhne negiert:

    ... der einzige Beruf, der meinem Vater erstrebenswert schien, war der Doppelberuf des Technikers und Kaufmanns, daher sollte natürlich sein ältester Sohn diesen Beruf ergreifen, und da mein Vater selbst früh vom Elternhaus davongelaufen war und sich die Vorbildung für Leben und Beruf durch Umtun in der Fremde und in den verschiedenartigsten Betrieben angeeignet hatte, so sollte auch der ganz anders geartete Hans ähnliche Vorteile geniessen. Ja, wenn ein grosser Mensch sich in eine Idee verrennt und Fehler begeht, dann gehen auch diese ins Grosse! (Fam.Er., 100)

    Liegt der Erfolg seines Stahl-Imperiums wesentlich in seiner Menschenkenntnis begründet, war diese Sensibilität gegenüber der Familie nur bedingt gegeben. Beispielhaft ist das Schicksal des ältesten Sohnes Hans, der seit seiner frühesten Kindheit „nichts als Musik im Kopf”10 hatte und vom Vater nur Unverständnis erntete. War in kultureller Hinsicht die Familie weitgehend vom 19. Jahrhundert geprägt, mit seinem Mäzenatentum, den privaten Musikzirkeln, Leseabenden und Theateraufführungen, so steht dieses Wertesystem dem unerbittlichen Glauben Karl Wittgensteins an die neuen Werte des 20. Jahrhunderts (von Ingenieur, Technik und Fortschritt) gegenüber. War der Vater zu sehr vom Geniekult des 19. Jahrhunderts beeinflußt, der ihm das Talent von Hans als ungenügend betrachten ließ, das ihn veranlaßte dem Sohn die Karriere des Ingenieurs aufzuoktroieren, und damit den Wertidealen des neuen Zeitalters zu gehorchen?11 Werden die Erziehungsmaßnahmen dem Vater von der Tochter Hermine als erzieherisches ‘Unverständnis’ angelastet, so wird das zugrundeliegende Dilemma nicht mitreflektiert: Hier wird die „unnormale Erziehung” (Fam.Er., 102) als Unsensibilität des Vaters individualisiert, statt sie auch als Reaktion auf einen Werteverlust zu sehen und als ein generationsspezifisches Dilemma in ausgeprägtester Form. Karl Wittgenstein war dem Glauben an die Wertesyteme zweier Zeitalter bedingungslos verhaftet. Diese Ambiguität ist charakteristisch für die soziale Trägerschicht des Fin de Siecle, im wesentlichen das liberale Bildungsbürgertum, für eine Generation, die durch ihre ökonomischen Leistungen bald zur wirtschaftlichen Führungsschicht gehörte und versuchte auch im kulturellen und sozialen Bereichen durch Mäzenatentum und Karitativität hervorzutreten. Karl Wittgensteins Identifizierung mit dem bürgerlichen, viel mehr amerikanischen Arbeitsethos machte es ihm in Wien nicht leicht: Wien war im kulturellen Sinne modern, ohne zugleich wirtschaftliche und soziale Konsequenzen daraus zu ziehen. Wurde diese Diskrepanz zwischen dem Willen zu einer modernen, radikal neuen Sicht auf die Welt und dem Unwillen diese neue Sicht praktisch anzuwenden (Brix, Werner 1990, 10) oft euphemistisch auch als kreative Spannung gedeutet12, führte nicht nur bei den Wittgensteins das Aufeinanderprallen dieser unterschiedlichen Weltbilder zu Konflikten.

    Zeigte der Vater auch nach dem Verschwinden seines ältesten Sohnes Hans 1902 und dem Selbstmord von Rudolf (1904) und Kurt (1918) mehr Verständnis und Geduld für die jüngeren Söhne, sie durften eine öffentliche Schule besuchen und ihren eigenen Interessen nachgehen, hatte Ludwig Wittgenstein diesen Konflikt doch internalisiert. So wenn er auf Drängen des Vaters einen Ingenieurberuf ergriff, dann aber dem inneren Streben folgend sich der Philosophie zuwandte, doch über jene sagte: „Mein Vater war ein Geschäftsmann, und ich bin auch einer. Ich möchte, daß meine Philosophie geschäftsmäßig ist, daß etwas erledigt und in Ordnung gebracht wird.”13 So wie er seinen Erbteil zurückweist aus dem Grund ‘unbelastet‘ sein zu wollen, sieht er die Philosophie als „Tätigkeit“, von der er erwartete auch leben zu können. Es seien diese gesellschaftlichen Spannungsfelder im Wien der Jahrhundertwende zwischen abstraktindividualistischen und kollektiv-romantischen Konzepten, die Wittgensteins Philosophie maßgeblich prägten, betont Ernest Gellner.14

    Es bleibt die These zu verfolgen, ob Hermines Identifizierung der Familie mit Österreich als einer Kulturtradition der Versuch ist, diese Gegensätze zu harmonisieren. So bildet in den Familienerinnerungen die Melodie der Monarchie die Basis eines Selbstverständnisses: Denn, trotz des „unösterreichischen“ Charakters gehörten sie bald zu den reichsten und führendsten Familien der Monarchie, und verstanden sich trotz dieser Widersprüche als Teil derselben. Das Familienpalais in der Argentinierstraße war Ort eines kulturellen, vornehmlich musikalischen Zirkels um Clara Schumann, Johannes Brahms, Josef Labor und Gustav Mahler. Mit den Werken von Rudolf von Alt aus der Gemäldesammlung identifizierte sich Hermine in besonderem Maße, wenn sie schreibt: „[…] prächtige Werke […] die mir als Österreicherin ganz besonders zu Herzen sprechen“. Wenn die Aufzählung der Werke im Anhang deutlich ihrer Intention folgt „einem kunstverständigen Menschen einen kleinen Begriff vom Geist der einstigen Besitzer“ (Fam.Er., 77) zu geben, vermittelt die Darstellung des einstigen Österreich noch viel mehr von diesem ‘Geist‘:

    Das Weltreich Österreich war buchstäblich zerfallen, und was jetzt Österreich hiess, bestand nur mehr aus Wien und einigen mehr oder minder gebirgigen Kronländern. Dem Durchschnittsösterreicher kam das vielleicht nicht einmal so ganz zum Bewusstsein, denn er hatte meist nur diesen Teil des Reiches kennen gelernt; wer kannte denn die ungarische Puszta, das einförmige Galizien, das halbtürkische Bosnien, den Karst und so fort? Nur das Militär und der Militärdienst hatten eine gewisse Beziehung zu den entfernt gelegenen Kronländern vermittelt. Jetzt war das Militär geächtet, das Kaiserhaus abgesetzt, seine Güter als Staatseigentum erklärt, und das verstümmelte Land war ein Land vom Gnaden der Feinde geworden […]. (Fam.Er., 130)

    Der Bezug zu Österreich zeigt sich insbesondere mit dem Anschluß Österreichs an Deutschland im März 1938:

    Die Geschehnisse bestimmen selbst den Stil, und wenn das Kapitel, das von den Jahren 1938 und 39 handelt, notgedrungen aus dem Rahmen dieser Familienerinnerungen fällt, so liegt das daran, dass die Ereignisse selbst aus dem freundlichen bürgerlichen Rahmen herausfielen, der bisher unserer Familie umgeben hatte. (Fam.Er., 152)

    Der Rückgriff auf den Anschluß erfolgt chronologisch exakt. Es ist offensichtlich, daß Hermine um Authentizität und Exaktheit ringt im Versuch objektiv Geschichte zu präsentieren. Hier wird offensichtlich was Guy Miron das Schreiben mit einer „double consciousness” nennt: „the point of view of the author, and the imagined point of view of the ‘other’ to whom the memoirs are addressed“ (Miron 2000, 255) Hermine Wittgenstein schreibt:

    Ich erinnere mich, wie Paul mir eines Morgens nach dem ‘Umbruch‘ (dies der offizielle Name für die Einnahme Österreichs) mit bleichem Entsetzen mitteilte, wir gälten als Juden. Ich selbst, in meiner Weltfremdheit, konnte mir nichts anderes dabei vorstellen, als dass mich vielleicht einige Leute nicht mehr grüssen würden, und mein Leben, das sich beinahe nur in meinen vier Wänden abspielte, wäre vielleicht wirklich zuerst kaum berührt worden. (Fam.Er., 156)

    Hier ist bereits die „Weltfremdheit“ einer großbürgerlichen Schicht formuliert, die aufgrund ihrer Sozialisation (22 Privatlehrer hatten die acht Wittgenstein-Kinder unterrichtet) und der Abgeschlossenheit ihrer Kreise, sich mehr über eine soziale Identität definiert, als über Raum und Nation.15

    […] niemand in meiner Umgebung [hatte] rechtzeitig die ganze Bedrohlichkeit des von Deutschland herannahenden Hitlertums erkannt […] Unsere engste Familie hatte sich nie für Juden gehalten, weil unsere drei nicht arischen Grosselternteile alle getauft waren (im Falle Kalmus auch die Urgrossmutter), und so verblendet waren wir, dass sich niemand von uns die Mühe nahm, die Nürnberger Gesetze überhaupt anzusehen. (Fam.Er., 154f.)

    Hermine nennt es „Verblendung“, Möglichkeiten, wie die Liechtensteiner Staatsbürgerschaft anzunehmen, im Jahr 1934 von der Hand gewiesen zu haben, aber:

    Wie schon erwähnt, hielten wir uns ja nicht für Juden. Auch zeigte sich das Gespenst einer wirklichen Lebensgefahr für Juden erst im Zusammenhang mit dem Gespenst des drohenden Kriegsausbruches im Herbst 1938, denn erst dieser schien die Ausschaltung oder Austilgung der zu Feinden gemachten Juden zu gebieten.

    Zudem schildert sie die Beziehung zur Staatsbürgerschaft als eine emotionale:

    […] und da ich mich erinnere, wie Paul und ich seinerzeit von Leuten dachten, die aus rein materiellen Gründen ihre Staatsbürgerschaft ändern, so verstehe ich, dass er, der mit Leib und Seele Österreicher und österreichischer Reserveoffizier war, den Rat rundweg ablehnte. […] Man hätte vielleicht einen Teil des Jahres im Ausland verbringen müssen und die Möglichkeit, zu jeder Zeit und Jagdperiode auf die Hochreit zu fahren, wäre in Frage gestellt gewesen; mein Schwager war österreichischer Staatspensionist und auch das hätte Komplikationen ergeben können. Das Entscheidende liegt aber darin, dass uns eine klare Voraussicht der Gefahr und der feste Wille, alle Schwierigkeiten zu überwinden, vollkommen fehlten. (Fam.Er., 155f)

    Kommt bisher der kulturell konnotierte Österreichpatriotismus eines Großbürgertums zum Ausdruck, sieht hier Hermine die Familie in einem Österreich verankert, assoziiert mit einem System der Bürokratie und einem Lebensstil. An dieser Stelle zeigt sich ganz besonders auch ein Wunschdenken, war doch die Realität in Anbetracht der äußeren Zwänge bereits eine andere: Der Bruder Ludwig hatte 1938 die englische, wie Paul 1946 die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen (lebte seit 1938 dort).

    Es ist die Idee von Schwester Margarete, die bereits seit 1905 durch ihre Heirat Amerikanerin war, eine Zusammenstellung aller besonderen Leistungen der Familienmitglieder vorzunehmen und jene in Berlin vorzulegen, „um die ‘arische Behandlung’ womöglich doch zu erlangen (…) aber vergebens, ‘ein zweiter arischer Grosselternteil sei nötig’, hiess es” (Fam.Er., 157). Es folgte der Erwerb von jugoslawischen Pässen und nach dem Auffliegen dieser Aktion ein finanzieller ‘Kuhhandel‘ mit der Reichsbank, denn Hermine wollte anders als ihr Bruder Paul nicht ins Ausland flüchten, sondern lieber als „Ausnahmsjude“ im Land bleiben: „Ich wollte weiter in der gewohnten Atmosphäre leben, wenn auch eventuell in viel einfacheren Verhältnissen, nur nicht auswandern!“ (Fam.Er., 178). Daß der Großvater schließlich doch noch als „Arier“ eingestuft wurde, verdankten die Geschwister wohl vor allem ihrem großen Vermögen.

    Hier stellt sich die Frage nach der Bedeutung des ‘Jüdischen‘ für die Familie Wittgenstein. In der Reaktion auf das Jahr 1938 findet sich in den Familienerinnerungen die These des Kunsthistorikers Ernst Gombrich wieder, „that the notion of Jewish Culture was, and is, an invention of Hitler and his fore-runners and after-runners“ (Gombrich 1997, 5). Das Sehnen nach Selbstverortung scheint vor allem eine Antwort auf die nationalsozialistische Gegenwart und deren von außen aufgezwungene Zuweisung zu sein. Der Rückgriff auf die Herkunft erfolgt als Reaktion auf die gesellschaftlich prekäre Lage für das jüdische Bürgertum im Wien Anfang der Vierziger Jahre. Damit spielte der Aspekt des Jüdischen für die Entstehung der Familienerinnerungen eine maßgebliche Rolle.

    Beschäftigt sich Wittgenstein bereits seit Ende der Zwanziger Jahren in den Manuskripten mit Gedanken über das ‘Jüdisch-Sein‘ (ab 1931 Teil seiner Geständnisse)16, beginnt er zur selben Zeit (1929) mit einer Autobiographie.17 Eine bizarre Parallele.

    Während die Erinnerungskultur des 19. Jahrhunderts eher ein positives Ausgangsmotiv hatte, dem öffentlichen Identifikationstrend des Nationalstaates mit einem privaten zu folgen, ist in der Zwischen- und Nachkriegszeit eher ein negatives Moment der Auslöser. Damit sind die Familienerinnerungen nicht nur eine Antwort auf die Ambivalenzen der Moderne, eine Antwort auf den Kontinuitätsverlust und die Delegitimierung zu Ende des 19. Jahrhunderts, sondern auch der Versuch der Hilflosigkeit des Staates mit einer privaten Verwurzelungsstrategie zu begegnen bzw. dem kollektiven ein individuelles Erinnern entgegenzusetzen.

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    Notes
    1.
    Wittgenstein, H. (1948), Familienerinnerungen (Fam.Er.), Typoskript, Wien, 1-250. Sie stehen in einer Tradition des bürgerlichen autobiographischen Schreibens, welches zumeist an die Familie gerichtet war, nicht publiziert wude, oder nur im Privatdruck in einer kleinen Anzahl hergestellt wurde. Vgl. Gebhardt, M. (1999)
    2.
    Miriam Gebhardt verfolgt die These, daß die familiale Erinnerung bei der Modernisierung der deutschen Juden mithalf, da hier der Modernisierungsprozeß "schneller und nachhaltiger" abgelaufen sei, wie auch das kollektive Erinnern hier immer eine zentralere Funktion eingenommen habe. Vgl. Gebhardt (1996, 188).
    3.
    vgl. insbesondere zur Autobiographieforschung der letzten Jahre: Holdenried, M. (2000); Wagner-Egelhaaf, M. (2000).
    4.
    vgl. die Konzepte von Bendict Andersons 'Imagined Communities', Eric Hobsbawms 'Invention of Tradition' oder Pierre Noras 'Regions of Memories', welche sich auf den herrschenden Diskurs in Form von institutionalisierter Erinnerung in der Öffentlichkeit beziehen
    5.
    Das Familiengedächtnis selbst ist nicht homogen, sondern selbst wiederum Bestandteil verschiedener anderer kollektiver Gedächtnisse. Vgl. Halbwachs (1966, 239) Demnach sind auch Individualität und Kollektivität nicht als gegensätzliche Konzepte zu betrachten, denn gerade im autobiographischen Schreiben kommt esoft zu einem Überlappen eines 'Ich' und 'Wir'. vgl. Patzel (1996, 189)
    6.
    vgl. Halbwachs, M. (1991); Ders. (1966).
    7.
    vgl. Csáky, M., Einführungstext, 1f.; Seminar Gedächtnis - Erinnerung - Kultur in der Postmoderne/Globalisierung, an der Universität Graz, SS 2001. Ders., Orte des Gedächtnisses. Seminar an der Universität Graz, WS 1998/99.
    8.
    vgl. zu den unterschiedlichen Merkmalen von Autobiographien aus dem Bürgertum und Arbeitermilieu, 7- 14 - Neben diesen sozialen Faktoren kann hier auf die kulturellen Faktoren (literarische Vorbilder wie die Erinnerungen von Moses Mendelssohn, Wilhelm von Kügelgen, Helene Lecher etc.), die auch die Repräsentation des Selbst bestimmen, nur verwiesen werden.
    9.
    Er unterstützt die Gründung der Secession, die Wiener Werkstätte, Gustav Klimt u.a..
    10.
    Fam. Er. 97 - Hans spielte mit neun Jahren jeden Sonntag beim Hochamt die Geige, später die Orgel und Klavier. Seine musikalischen Interessen neben der Tätigkeiten im Familienwerk werden "mehr oder weniger vor [dem Vater] geheim gehalten". Fam.Er., 100
    11.
    Eine Spekulation, die auf den Geniekult im Wien um 1900 verweist, dem Genie als Symbolfigur für die Versöhnung des "Individuums mit der Ganzheit" (Le Rider 1990, 61). Dieser hatte möglicherweise einen großen Einfluß auf die Familie, auf die Auffassung vom Menschen und seinen Leistungen und der Kunst. Anregungen zum Thema verdanke ich u.a. Michael Nedo und Petra Strähle.
    12.
    vgl. Brix, Janik (1993); Schorske (1982, 138); Janik, Toulmin (1984)
    13.
    Wittgenstein 1930 im Gespräch mit Maurice Drury. Rhees (1987, 159)
    14.
    Vor dem Hintergrund seiner zentraleuropäischen Sozialisation skizziert Ernest Gellner Wittgensteins Entwicklung von einer Privatsprache, die ohne Kultur auskommt und einem logischen Sprachideal folgt, wie im Tractatus vorexerziert, hin zu einer kontextgebundenen, von Alltag und gesellschaftlicher Praxis geprägten Sprache. Gellner (1998, 186).
    15.
    Gespräch mit Pierre Stonborough, Enkel von Wittgensteins Schwester Margarete, verheiratete Stonborough. Wien, 1. Mai 2000 - Gespräch mit Cecilia Sjögren, Ludwigs Großnichte, Tochter von Clara Sjögren, der Tochter von Wittgensteins Schwester Helene, verheiratete Salzer, Wien, 3. Mai 2000.
    16.
    Das sind gewissensreinigende Gesprächen, die Wittgenstein zwischen 1931-36 mit einigen Freunden und Familienangehörigen führte, in denen er Sachverhalte ausführte, die nie explizit ausgesprochen waren und ihn deswegen bedrückten; beispielsweise seine jüdische Herkunft. Vgl. Somavilla (1997, 134, 136f.); Vgl. Rhees (1987, 236f.).
    17.
    vgl. Philosophische Betrachtungen, in: Nedo (1994, 2, 156, 1). - Vgl. zum vieldeutig konnotierten Heimatbegriff von Ludwig Wittgenstein: Immler (2001, 289-310).
    Nicole L. Immler. Date: XML TEI markup by WAB (Rune J. Falch, Heinz W. Krüger, Alois Pichler, Deirdre C.P. Smith) 2011-13. Last change 18.12.2013.
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