Von der Grammatik der Sprache zur Grammatik der Natur
Von der Grammatik der Sprache zur Grammatik der Natur

Abstract

Wittgensteins Methode in den PU zur Untersuchung philo-sophischer Probleme zielt auf die Grammatik der Sprache. Im Beitrag wird danach gefragt, ob es außerdem auch eine Grammatik der Natur gibt – und zwar nicht im Sinne einer Grammatik des Wortes „Natur“, sondern im Sinne einer verallgemeinerten grammatischen Methode selbst. An einem Beispiel wird gezeigt, wie eine entsprechende hypo-thesenfreie Untersuchung der Natur aussehen könnte.

Table of contents

    1. Wieso eine Untersuchung der Grammatik der Natur nahe liegt

    Seit den Philosophischen Untersuchungen [PU] besteht die erste sprachphilosophische Pflicht im Beschreiben von Sprachspielen. Wittgensteins Buch folgend etablierte sich eine ganze Tradition, in der gezeigt wird, wie dabei vorzugehen ist und wieso seine Methode tatsächlich auf den Boden der Tatsachen führt. Dorthin, wo sich der Spaten schließlich zurück biegt. Aber es wird eben nur für Sprachspiele gezeigt.

    In § 217, wo Wittgenstein die Metapher vom Erreichen des harten Felsens und dem sich zurück biegenden Spaten benutzt, besteht die finale und nicht weiter zu begründende Einsicht darin, dass wir eben so und so handeln. Hier und auch sonst, wo es ihm um Praktiken geht, bezieht er sich auf die kulturelle Sphäre unseres Lebens. Diese charakterisiert er hinsichtlich bestimmter Aspekte als gewissermaßen widerständig und zugleich auch kontingent. Dabei interessiert ihn nicht einmal die ganze Sphäre kultureller Leistungen, sondern nur ein ausgewählter Teil: die Sprache. Worauf sich seine Untersuchung richtet, ist – allgemein und in Wittgensteins Worten gesagt – die Grammatik der Sprache. Die Grammatik, das ist eben der feste Grund, der uns zu tragen vermag, das sind die harten Felsen, an denen sich unsere Spaten zurück biegen. Denn die in Frage stehende Praxis ist nur unter Annahme der jeweiligen Grammatik denkbar (Widerständigkeit), wobei gleichzeitig jegliche konkrete Begründung für sie fehlt und auch unnötig ist (Kontingenz). Sprachspiele mit Farben sind bspw. nur unter der Annahme unserer Grammatik der Farbbegriffe denkbar, wobei es für deren konkrete Gestalt gleichzeitig keinerlei Gründe gibt und geben kann. Aber es muss doch erstaunen: Immer soll es Sprachliches sein, das diese enorme Kraft besitzt. Was ist mit dem wirklichen Felsen, an dem der wirkliche Spaten zerbricht? Ist er weniger „hart“ als sein metaphorisches Pendant? Was ist mit dem Widerstand, den der Tisch meiner Faust entgegensetzt? Was ist mit der Wirkung des Pausenkaffees? Wie verhält es sich überhaupt mit den Naturgesetzen? Wartet nur die Sprache mit Widerständigem und Kontingentem auf? Wollen wir nicht auch manchmal sagen, dass „es eben so und so ist“? Und zwar nicht etwa deshalb, weil „wir so und so handeln“...

    Da es Wittgenstein vordergründig um die Auflösung philosophischer Probleme geht, liegt seine Konzentration auf Sprache nahe. Die Natur hält er anscheinend für unproblematisch bzw. gelten ihm ihre Probleme einfach als Gegenstände anderer Disziplinen. Aber trotzdem: Die Natur gehört auch zu unserer Lebenswelt. Wir erlernten als Kinder nicht nur unsere Muttersprache, wir lernten auch über Natur. Und wir versuchen noch immer bestimmte Eigenarten der Natur zu verstehen, so wie wir noch immer Sprachphilosophie betreiben. Ist Wittgensteins Trennung von Sprache und Natur vielleicht zu streng? Ist die Anwendbarkeit seiner Methode womöglich gar nicht auf Sprache beschränkt? Gibt es möglicherweise nicht nur eine Grammatik der Sprache, sondern auch eine Grammatik der Natur? Falls ja, wäre damit freilich nicht die Grammatik des Wortes „Natur“ gemeint. Es ginge z. B. nicht um eine Untersuchung, wie sie Wittgenstein für die Grammatik des Wortes „wissen“ in Über Gewißheit vorschlägt. Es würde auch nicht interessieren, ob Naturgesetze im Allgemeinen diese oder jene (sprachliche/logische/grammatische) Form haben. Zwar würde die Beschäftigung mit der Grammatik der Natur trotzdem unter Zuhilfenahme der Sprache erfolgen – jedenfalls nicht unter Verzicht auf Sprache –, aber der Untersuchungsgegenstand wäre doch ausdrücklich ein anderer. Eben die Natur.

    Ich argumentiere dafür, dass es möglich und Gewinn bringend ist, nach einer Grammatik der Natur zu fragen. Und mehr noch: Die Methode, nach der dabei vorzugehen wäre, können wir sogar bei Wittgenstein nachlesen. Denn Wittgenstein hat seine spätphilosophische Methode bereits derart breit und fest abgesichert, dass wir sie nicht etwa von der Sprache her auf andere Bereiche zu übertragen haben, sondern dass wir sie gewissermaßen nur auf andere Bereiche anzuwenden brauchen. Im folgenden Abschnitt skizziere ich die Zusammenhänge einiger spätphilosophischer Grundbegriffe aus dem methodischen Teil der PU, um daran anschließend knapp darstellen zu können, wie die Methode zu verallgemeinern wäre. Im letzten Abschnitt führe ich ein konkretes Beispiel aus der elementaren Optik vor.

    2. Eine Skizze der sprachgrammatischen Methode der PU

    Der methodische Teil der PU reicht bis ca. § 133, wo es vorausschauend heißt: „[E]s wird nun an Beispielen eine Methode gezeigt, und die Reihe dieser Beispiele kann man abbrechen.“ Im ersten Teil (§§ 1 bis 88) geht es neben der Befreiung von Vorurteilen vor allem um die Einführung neuer philosophischer Begriffe: Sprachspiel, Lebensform und Grammatik. Im zweiten Teil (§§ 89 bis 137) geht es darum, was an der früheren, logischen Methode falsch war und wie sie durch die neue, grammatische Methode zu ersetzen ist. (Vgl. § 90: „Unsere Betrachtung ist daher eine grammatische.“) Dabei wird ein weiterer Begriff eingeführt: übersichtliche Darstellung. Zu den neuen Begriffen und zur grammatischen Methode einige Schlaglichter:

    Sprachspiel und Lebensform: Unter Sprachspielen versteht Wittgenstein einerseits spielerische Kommunikationsformen, „mittels welcher Kinder ihre Muttersprache erlernen“ und andererseits Formen primitiver Sprachen (§ 7). Dabei geht es ihm nie nur ums Sprechen allein, sondern immer auch um die Tätigkeiten, mit denen das Sprechen verwoben ist: „Das Wort »Sprachspiel« soll hier hervorheben, dass das Sprechen der Sprache ein Teil ist einer Tätigkeit, oder Lebensform.“ (§ 23 – Hervorhebungen, auch Anführungen in sämtlichen Zitaten wie im Original) Mit Lebensform, von der die Sprache also nur Teil ist, meint Wittgenstein all das, was wir uns außer einem sprechenden Sprecher noch vorstellen müssen, wenn wir versuchen, uns eine Sprache vorzustellen (vgl. § 19): z. B. eine Gemeinschaft von Sprechern, eine Lebenswelt, Gegenstände, alltägliche Rituale, Tätigkeiten oder auch Bedürfnisse etc. Die Lebensform bietet also den nötigen Kontext, in dem das jeweils betreffende Sprachspiel ausgemacht wird. All das viele „Lebensförmliche“ interessiert Wittgenstein jedoch nur am Rande; ihn selbst interessieren die sprachlichen Tätigkeiten, deswegen die Rede vom Sprachspiel.

    Sprachspiel und Grammatik: In den meisten Sprachspielen, die Wittgenstein beschreibt, wird etwas erlernt oder etwas Erlerntes hinterfragt (vgl. wieder § 7). Es handelt sich um Situationen, die durch Experten, zu denen auch wir Wittgenstein-Leser gehören, immer schon gemeistert wurden und die zugleich so einfach sind, dass potentielle Laien zu folgen vermögen. Dasjenige, was in diesen Situationen gelernt werden soll bzw. was wir uns anhand ihrer zu vergegenwärtigen versuchen, ist Teil der Grammatik der Sprache. So heißt es z. B. in § 29 zur Rolle des Wortes „Zahl“ beim Definieren (bzw. Lernen) der Zwei: „[D]as Wort »Zahl« zeigt hier an, an welchen Platz der Sprache, der Grammatik, wir das Wort setzen.“ An anderen Stellen ist von der Grammatik der Worte „wissen“, „können“, „verstehen“ (§ 150), „passen“ (§ 182) und „meinen“ (§ 187) etc. die Rede. Was bei der Suche nach der Grammatik interessiert, sind Verwendungsregeln, die die Laien gewissermaßen schlucken müssen, wenn sie die Verwendung mitmachen wollen. Dabei handelt es sich jedoch nicht um die Regeln der Sprachspiele. Schließlich könnten wir uns einerseits Spiele vorstellen, in denen es bspw. um Zahlen und Farben ginge und andererseits solche, in denen es zwar um Zahlen aber nicht um Farben ginge. Im ersten Fall spielten dann Zahl- und Farbgrammatik eine Rolle, im zweiten jedoch nur die Zahlgrammatik. Keine der beiden Grammatiken würde also als Regelwerk eines dieser beiden Sprachspiele gelten können. Vielmehr werden anhand von Sprachspielen Grammatiken gelernt. Deswegen kommt der Untersuchung von Sprachspielen eine so besondere Rolle zu. Grammatiken selbst sind Verwendungsregeln eines Begriffes (oder einer Familie von Begriffen), die für alle möglichen Sprachspiele, in denen sie auftreten, gelten. Man könnte z. B. in Anlehnung an § 7 sagen: „Farbspiele sind Spiele, mittels welcher Kinder die Grammatik der Farben erlernen“ – und es gibt eben unüberschaubar viele solcher Spiele.

    Grammatik und übersichtliche Darstellung: Da Sprachspielsituationen als Lehr-Lern-Situationen von Grammatiken beschreibbar sind, müssen die zu lernenden Grammatiken in ihnen offen verhandelt werden. Denn sonst würden die lernenden Laien nicht folgen können. Damit sind Wittgensteins Grammatiken keinesfalls als hypothetische Entitäten gedacht, die prinzipiell im Verborgenen liegen oder wirken. Sie können vielmehr mit Hilfe der grammatischen Methode frei gelegt und schließlich beschrieben werden. Somit löst Wittgenstein ein, was er in § 109 verspricht: „[W]ir dürfen keinerlei Theorie aufstellen. Es darf nichts Hypothetisches in unseren Betrachtungen sein. Alle Erklärung muss fort, und nur Beschreibung an ihre Stelle treten.“ Im übertragenen Sinne ist die grammatische Methode eine archäologische Methode. Sie rät uns dazu, Beispiele für den fraglichen Gebrauch zu suchen, diese Beispiele zu vermehren, zu variieren und abzuwandeln, nach Kriterien erfolgreicher und erfolgloser Anwendungen zu fragen und die Sprachspiele von verwandten und unverwandten abzugrenzen. Bis wir uns schließlich besser auskennen. Bis wir zuletzt in der Lage sind, die Grammatik übersichtlich darzustellen. Und wer die übersichtliche Darstellung zu lesen vermag, vermag die wesentlichen Tatsachen klar zu sehen: „Die übersichtliche Darstellung vermittelt das Verständnis, welches eben darin besteht, dass wir die ,Zusammenhänge sehen‘.“ (§ 122)

    3. Zur Verallgemeinerung der grammatischen Methode

    Obwohl Wittgenstein seine grammatische Methode auf die Untersuchung der Grammatik der Sprache hin entwickelt hat, ist ihre Anwendung keineswegs auf Sprachliches beschränkt. Dreh- und Angelpunkt dieser Aufweitung des grammatischen Blickes sind die vier neuen Begriffe, deren Zusammenhänge ich oben skizziert habe. Wenn es nämlich stimmt, dass Sprachspielsituationen im Grunde Lehr-Lern-Situationen sind, in denen Grammatiken offen verhandelt werden, dann öffnet sich ein Zugang zu einer Vielzahl solcher Situationen, in denen es überhaupt nicht um das Erlernen von Sprachlichem geht. Es gibt eben mehr zu lernen als nur unsere Sprache. Und wenn, wie Wittgenstein sich ausdrückt, „das Sprechen der Sprache ein Teil ist einer Tätigkeit, oder Lebensform“ (§ 23), dann kann und darf es uns eben auch um andere Teile „einer Tätigkeit, oder Lebensform“ gehen. Vermutlich liegt es dann nahe, nicht mehr nur von Sprachspielen zu reden. Zumindest erhielte der zweite Wortteil mehr Betonung. Die Methode sowie ihr Ziel würden jedenfalls bestehen bleiben: durch Variation der relevanten Spiele die Grammatiken offen zu legen und diese schließlich in übersichtliche Darstellungen zu bringen.

    In den Sprachspielen, die Wittgenstein beschreibt, tauchen bereits eine Menge Kandidaten für andere Teile „einer Tätigkeit, oder Lebensform“ als Sprache auf: anheb- und stapelbare Würfel und Platten (§ 2), aufmalbare Farben (§ 8), Zeichnungen (§ 23), Tiere (§ 25), Himmel (§ 33), Figuren aus Holz (§ 35) etc. Wir könnten danach fragen, was wir neben Sprachlichem gelernt haben mussten, um all das zu verstehen, und wie wir es gelernt haben. Außerdem gibt es eine Reihe weiterer, nicht rein sprachlicher Kandidaten dafür, Untersuchungsgegenstand einer verallgemeinerten Methode zu werden. Z. B. Aspekte des gesellschaftlichen Zusammenlebens oder die Wissenssysteme vergangener Epochen – dazu könnten wir von Claude Leví-Strauss und Michel Foucault lernen, deren Ethnographie bzw. Diskursanalyse deutliche „grammatische Züge“ tragen. Im letzten Abschnitt möchte ich beispielhaft andeuten, wie auch Naturphänomene nach der grammatischen Methode untersucht werden können.

    4. Reflexionsgesetz vs. Spiegelraum

    Das Reflexionsgesetz am Spiegel gehört zu unseren elementarsten physikalischen Gesetzen. Kaum vorstellbar, dass damit etwas nicht stimmen könnte. Aber eines fällt auf: Das reflektierte Licht, von dem dort die Rede ist (ob es nun als Strahl, Korpuskel, oder Welle gedacht sei), ist prinzipiell nicht beobachtbar. Wir mögen noch so sehr an die Vorstellung gewöhnt sein, dass von allem Hellen her etwas (unvorstellbar schnell) durch den Raum eilt, aber dieses „Licht“ bleibt letztlich doch eine hypothetische Entität. Das ist einerseits unbedenklich, weil solches Theoretisieren eben zum bewährten methodischen Kernbestand der Physik gehört. Aber andererseits ist es erlaubt, mit Wittgenstein zu gehen, der alles Theoretische und Hypothetische fortbringen möchte (s. o. zu § 109). Wie würde das für die Reflexion gelingen?

    Wir könnten die im Spiegel sichtbaren Objekte ernst nehmen. Die Spiegelobjekte liegen nicht flach auf der Spiegeloberfläche, sondern räumlich hinter ihr. Dort, „hinter“ bzw. „in“ dem Spiegel sind sie sogar ortsfest: Man kann vor großen, ebenen Spiegeln „ein wenig um sie herumgehen“ und sie bleiben währenddessen, wo sie sind (abgesehen vom eigenen umhergehenden Spiegelbild). Der Spiegel wirkt also optisch wie ein Fenster in einen Spiegelraum hinein. Was durch dieses Fenster hindurch sichtbar ist, ist zwar nicht ertastbar, aber trotzdem optisch real: Alle Spiegelobjekte stehen mit allen anderen Objekten in optischen Beziehungen (soweit es die Größe des „Fensterrahmens“ eben zulässt). So, wie in spiegelfreien Räumen bspw. eine Kerzenflamme eine Tasse beleuchtet, so beleuchtet eine Spiegelkerzenflamme eine Spiegeltasse. Aber außerdem beleuchtet sie durch den Spiegel hindurch auch die Tasse und die ungespiegelte Kerzenflamme (die selbst wiederum Tasse, Spiegeltasse und Spiegelkerzenflamme beleuchtet). Man kann sich davon leicht anhand von Schattenverläufen überzeugen. Der Spiegelraum ist also ein optisch vollwertiger Raum.

    Zu jedem (!) Objekt des Raumes, in dem der Spiegel steht, existiert im Spiegelraum ein Spiegelobjekt. Für ihre beiden Orte gilt ein einfaches, auf die Spiegeloberfläche bezogenes Spiegelgesetz: Jedes Objekt und sein zugehöriges Spiegelobjekt stehen sich lotrecht und abstandsgleich gegenüber. Damit ergibt sich auf einen Schlag die gesamte Geometrie der Situation. Außerdem wird sofort klar, dass für jede einzelne Sicht- und Beleuchtungsbeziehung diejenige Regel gilt, die vormals Reflexionsgesetz hieß. Nur das sie jetzt nicht mehr von einem hypothetischen „Licht“ handelt, sondern rein geometrische Verhältnisse beschreibt. Bei näherer Betrachtung ergibt sich sogar das Spiegelgesetz selbst aus einer noch elementareren Einsicht: Der Spiegel zeigt stets genau diejenige Ansicht, die er selbst (für einen hinter ihm stehenden Beobachter) gerade verdeckt (vgl. zu den letzten Absätzen Maier 1986 und Schön 1994).

    Die Rede vom Spiegelraum mag ungewohnt sein, sie ist jedoch sehr mächtig. Das Spiegelraum-Konzept kann durch die gesamte Optik mitgenommen werden, weswegen es auch Eingang in Schulbücher gefunden hat (z. B. Cornelsens „Physik plus, Berlin, 7./8. Schuljahr“). Es stellt keinerlei Hypothesen über hinter den Erscheinungen verborgene Ursachen auf. Es beschreibt einfach, wie es ist. Und mehr noch: Erinnern wir uns daran, wie wir Umgang mit Spiegeln bekamen! Als Kinder lernten wir, uns selbst im Spiegel zu erkennen und mit Hilfe kleiner Spiegel „um die Ecke“ zu spähen. Später lernten wir mit dem Reflexionsgesetz den Spiegel als Umlenker von Lichtstrahlen zu sehen. Schließlich aber meisterten wir, uns zu rasieren oder zu schminken. Und dabei vergaßen wir die Lichtstrahlen wieder, denn ein Verständnis des Reflexionsgesetzes half uns dort herzlich wenig. Kurzum: Das Spiegelraum-Konzept ist eine Art übersichtliche Darstellung eines Teils der Grammatik der Optik. Schminken ist eines der unzähligen Spiele, anhand deren wir diese Grammatik erlernen können.

    Es finden sich weitere hypothesenfreie, naturwissenschaftliche Beispiele, u. a. in den Beiträgen der Phänomen orientierten bzw. phänomenologischen Strömung(en) der Naturwissenschaftsdidaktiken (siehe dazu z. B. in Grebe-Ellis 2005, Theilmann 2006). Auch das Buch, das Wittgenstein völlig unkommentiert auf einem Zettel zu § 109 in den PU erwähnt („Faraday, The Chemical History of a Candle: Water is […]“), hält eine Menge solcher Beispiele bereit.

    Literatur

    1. Grebe-Ellis, Johannes 2005 Grundzüge einer Phänomenologie der Polarisation, Berlin: Logos.
    2. Maier, Georg 1986 Optik der Bilder, Dürnau: Verlag Kooperative Dürnau.
    3. Schön, Lutz-Helmut 1994 „Ein Blick in den Spiegel – Von der Wahrnehmung zur Physik“, Physik in der Schule 32, 2-5.
    4. Theilmann, Florian 2006 „Wie kinematisch ist die Lichtgeschwindigkeit?“, in: Johannes Grebe-Ellis und Florian Theilmann (Hrsg.), Open Eyes 2005, Berlin: Logos, 215-233.
    5. Wittgenstein, Ludwig 1984 Über Gewißheit, Frankfurt/M: Suhrkamp.
    6. ––– 1999 Philosophische Untersuchungen, Frankfurt/M: Suhrkamp.
    Marc Müller. Date: XML TEI markup by WAB (Rune J. Falch, Heinz W. Krüger, Alois Pichler, Deirdre C.P. Smith) 2011-13. Last change 18.12.2013.
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