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Denke Dir nun diesen Fall: Jemand hat wie im Beispiel (111) den Gebrauch von heller und dunkler gelernt. Ich gebe ihm die Aufgabe beliebige Gegenstände in Reihen zu ordnen nach ihrer Helligkeit. Er tut dies, indem er eine Reihe von Büchern legt, eine Reihe von Tiernamen aufschreibt, und endlich schreibt er noch die Reihe i, e, a, o, u. Ich frage ihn, weshalb er diese Reihe hingeschrieben hat, und er antwortet: i ist doch heller als e, und e ist heller als a, und a ist heller als o! Ich werde über diese Idee erstaunt sein, und doch sagen müssen, es ist etwas daran. Vielleicht sage ich ihm: Aber i ist doch nicht in der Weise heller als e, wie das Buch heller ist als das!. Aber er versteht das1 nicht, zuckt mit den Achseln, und sagt: Aber i ist doch heller als e? 2
1 [mich| das]
2 [, nein? |? ]
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Wir werden geneigt sein diesen Fall als eine Abnormität zu betrachten1, und zu sagen: Er muß irgendein2 Organ haben, mit dem3 er sowohl färbige Dinge als auch Laute als heller und dunkler empfindet. Und heller und dunkler haben also für ihn eigentlich eine andere Bedeutung als für uns. Und wenn wir unsre Idee ganz ans Licht ziehen, so sieht sie etwa so aus:4 Im normalen Menschen zeigt ein Instrument sichtbare Helligkeit und Dunkelheit an und ein anderes Instrument das, was man die Helligkeit und Dunkelheit von Lauten nennen kann; in dem Sinn, in welchem wir sagen können, Strahlen zwischen gewissen Wellenlängen nähmen wir mit unsern Augen wahr, andere mit unserm Temperatursinn.5 In unserm Subjekt (122) aber werden sowohl Farben als auch Laute nach den Ausschlägen desselben Instruments geordnet (wie eine photographische Platte einen Bereich von Wellenlängen anzeigt zu dessen Wahrnehmung wir zwei Sinnesorgane brauchen.)6
[Variante] Der normale Mensch registriert Helligkeit und Dunkelheit von Farben auf einem Instrument (der Seele, oder des Gehirns) und das, was man Helligkeit und Dunkelheit von Lauten nennen kann, auf einem andern (in dem Sinne in welchem wir sagen können, Strahlen zwischen gewissen Wellenlängen nähmen wir mit unsern Augen wahr, andere mit unserm Temperatursinn.) In unserm Subjekt (122) aber werden sowohl Farben als auch Laute nach den Ausschlägen desselben Instruments geordnet (wie etwa eine photographische Platte einen Bereich von Wellenlängen anzeigt zu dessen Wahrnehmung wir zwei Sinnesorgane brauchen.) Das Subjekt in (123) aber, möchten wir sagen,7 ordnet Farben und Laute nach den Ausschlägen desselben Instruments (wie eine photographische Platte eine Klasse8 von Wellenlängen anzeigt zu dessen Wahrnehmung wir zwei Sinnesorgane brauchen.)
1 [behandeln| betrachten]
2 [ein| irgendein]
3 [womit| mit dem]
4 [[Und wenn wir versuchen[, unsere|, uns diese] Idee [klar| ganz klar] zu machen,| Und wenn wir unsere Idee scharf ins Auge fassen,] so sieht sie etwa so aus:| Und wenn wir unsre Idee ganz ans Licht ziehen, so sieht sie etwa so aus:]
5 [anderes die Helligkeit und Dunkelheit von Lauten (in dem Sinne, in welchem wir sagen [könnten| können], Strahlen [gewisser| zwischen gewissen] Wellenlängen nähmen wir mit [den| unsern] Augen wahr, andere mit unserm Temperatursinn.) | anderes Instrument das, was man die Helligkeit und Dunkelheit von Lauten nennen kann; in dem Sinn, in welchem wir sagen können, Strahlen zwischen gewissen Wellenlängen nähmen wir mit unsern Augen wahr, andere mit unserm Temperatursinn.]
6 [Platte auf einen Bereich von Wellenlängen reagiert, [welchen| den] wir nur mit zwei Sinnesorganen wahrnehmen können).| Platte einen Bereich von Wellenlängen anzeigt zu dessen Wahrnehmung wir zwei Sinnesorgane brauchen.)]
7 [sind wir versucht zu sagen,| möchten wir sagen,]
8 [einen Bereich| ein Register| eine Klasse]
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Dieses Bild, ungefähr, liegt hinter unserer Idee, in (123) müsse das Subjekt die Worte heller und dunkler anders verstehen als wir. Auf der andern Seite aber wissen wir in diesem Fall nichts von der Existenz eines besondern Instrumentes und die Annahme ein solches existiere kann nur eine Hypothese (und vielleicht eine unnütze1) sein, oder ein Bild mit dem wir die Tatsachen einprägsamer darstellen.
1 [ganz überflüssige| unnütze]
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Er1 gebraucht doch gewiß heller in einem2 andern Sinn, wenn er sagt, i sei heller als e! Unterscheidest Du hier zwischen dem Sinn, in welchem er das Wort gebraucht, und der Art der Anwendung3? D.h., willst Du sagen, wenn Einer das Wort so gebraucht, wie er, müsse neben den offenbaren Unterschieden des Gebrauchs noch ein anderer bestehen, und zwar einer, der im seelischen Vorgang beim Gebrauch des Wortes liegt?4 Denke hier z.B. an das, was in der Betrachtung (116) und (120) gesagt wurde. Oder willst Du nur sagen, der Gebrauch von lichter und dunkler sei doch gewiß ein andrer5 als der im Satz Dieser Topf ist heller als der. Aber ist diese Verschiedenheit noch etwas außer den Verschiedenheiten im besondern?6 Diese sind unzählig;7 hinsehen und hinhören; Farben malen, Laute aussprechen; etc. Und ferner, wenn ich in (111) dem Schüler sage, Jetzt ordne die fünf Vokale nach ihrer Dunkelheit, so werde ich wohl ein besonderes Gesicht machen8 (vielleicht ein verschmitztes) und es in besonderem Ton zu sagen ( etwa zögernd); und diesem Ausdruck der Stimme, des Gesichts und etwa der Gebärde entspricht es, wenn ich z.B. sage: Sie sind freilich nicht eigentlich hell und dunkel, oder, Man kann gleichsam hellere und dunklere unterscheiden9, oder die Äußerungen in (122). Es verhält sich mit den Erlebnissen der Unähnlichkeit, wie mit denen der Ähnlichkeit.
1 [Aber er|Er]
2 [ heller gewiß in einem| gewiß heller in einem ]
3 [des Gebrauches| der Anwendung]
4 [ und zwar im seelischen Vorgang?| und zwar einer, der im seelischen Vorgang beim Gebrauch des Wortes liegt?]
5 [, daß der Gebrauch von lichter in diesem Satz doch gewiß ein andrer [genannt werden müsse| sei],|, der Gebrauch von lichter und dunkler sei doch gewiß ein andrer]
6 [Aber ist diese Verschiedenheit noch etwas, über und außer [allen besonderen Verschiedenheiten?| den Verschiedenheiten im besondern?]| Aber ist hier noch eine Verschiedenheit, über und außer den Verschiedenheiten im einzelnen?| Aber ist hier noch eine Verschiedenheit, außer den einzelnen Verschiedenheiten?| Aber ist diese Verschiedenheit noch etwas außer den Verschiedenheiten im besondern?]
7 [ [Und die Verschiedenheiten sind freilich mannigfaltig| der Verschiedenheiten sind freilich unzählige];| Und es sind unzählige Verschiedenheiten:| Diese sind unzählig;]
8 [so bin ich geneigt dabei ein besonderes Gesicht zu machen| so werde ich wohl ein besonderes Gesicht machen]
9 [, Es sind gleichsam hellere und dunklere unter ihnen|, Man kann gleichsam hellere und dunklere unterscheiden]
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A: Körper und Laute sind bald heller, bald dunkler. B: Aber doch Körper und Laute nicht im selben Sinn! Körper siehst Du und Laute siehst Du nicht; i ist doch nicht heller als a:1 wie dieses Buch heller ist als das! A: Ich sage ja nicht, daß ich die Laute ansehen2 kann, oder auf den Tisch stellen, sondern nur, daß sie auch heller und dunkler3 sind. B: Dann meinst Du mit heller und dunkler etwas anderes als ich. Ja 4 wenn das Kriterium, für das was A meint in dem liegen soll, was er bei so einer Gelegenheit sagt. Worauf aber schließt B, wenn er sagt Dann meinst Du ...? Er schließt auf gar nichts, oder in unbestimmter Weise darauf, daß sich wohl auch andere Unterschiede zwischen der Auffassung des A und der seinen finden werden. (Wie etwa, wenn man sagt: Du hättest bei dieser Gelegenheit so gehandelt? Dann mußt Du ein ganz anderer Mensch sein, als ich.)
1 [,|:]
2 [sehen| ansehen]
3 [bald heller, bald dunkler| heller und dunkler]
4 [,| ]
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Aber nehme ich denn nicht wahr, daß die Relation lichter (oder dunkler) zwischen Färbigem eine andre ist, als die Relation lichter zwischen Lauten, so wie ich wahrnehme, daß die Relation lichter zwischen i und e die gleiche ist, wie zwischen e und a? Aber unter Umständen werden wir auch geneigt sein in diesem Fall von verschiedenen Relationen zu reden. Man könnte sagen: Es kommt drauf an, wie man sie vergleicht.
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Stellen wir die Frage: Sollen wir sagen, daß die beiden Pfeile, und , in verschiedenen Richtungen weisen, oder in der gleichen? Auf den ersten Blick sagt man: Natürlich in verschiedenen. Aber sieh die Sache so an: Wenn ich in den Spiegel sehe und sehe das Spiegelbild eines Gesichtes, so kann das das Kennzeichen dafür sein, daß ich meinen eigenen Kopf im Spiegel sehe; sähe ich anderseits im Spiegel einen Hinterkopf so könnte ich sagen: Es kann nicht mein Kopf sein, es ist einer, der in entgegengesetzter Richtung schaut. So könnte ich sagen: ein Pfeil und das Spiegelbild eines Pfeiles zeigen in gleicher Richtung, wenn ihre Spitzen einander zugekehrt sind, und in entgegengesetzter, wenn die Spitze des einen der Feder des andern zugekehrt ist. Nimm an jemand hätte den gewöhnlichen Gebrauch des Wortes gleich gelernt in den Verbindungen: die gleiche Farbe, die gleiche Form, die gleiche Länge; er kennt auch den Gebrauch des Wortes gerichtet in Verbindungen wie der Pfeil ist auf den Baum gerichtet. Nun zeigen wir ihm die zwei Paare von Pfeilen:
und ; und fragen ihn, von welchen zweien er sagen möchte, sie seien gleich gerichtet. Wenn nun gewisse Anwendungen in seinen Gedanken obenauf liegen, ist es da nicht leicht vorzustellen, daß er vom ersten Paar sagen wird, sie seien gleich gerichtet?
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(Vielleicht wendet man ein: Wenn man das unter Richtung und das unter gleich versteht, dann kann man nur das als gleiche Richtungen bezeichnen. Ebenso ist man versucht zu sagen: Wenn man das unter der Negation versteht und das unter der Bejahung, so gibt eine doppelte Negation eine Bejahung. Von dem Fehler in dieser Auffassung müssen wir noch sprechen.)
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Wenn wir eine Tonleiter hören, sagen wir daß nach je sieben Tönen der gleiche Ton wiederkehrt. Wenn Einer gefragt würde, warum er das den gleichen Ton nennt, so würde er vielleicht antworten: Es ist wieder ein c. Aber das ist nicht, was ich hören möchte1, denn ich frage: Warum nennt man diesen Ton wieder c? Darauf wäre die Antwort vielleicht: Hörst Du denn nicht, daß es derselbe Ton ist, nur um eine Oktav höher?! Auch hier könnten wir uns vorstellen, jemandem sei der Gebrauch des Wortes gleich gelehrt worden wie in (125), nun werde2 ihm die C-Dur Tonleiter vorgespielt und er gefragt, ob etwa die gleichen Töne in ihr immer wiederkehren. Und wir können uns leicht verschiedene Antworten auf diese Frage vorstellen. (Vergleiche (110).)
1 [will| möchte]
2 [, und nun werde|, nun werde ]
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(Insbesondere könnte ich mir vorstellen, daß er sich weigert die Pfeile
als gleich gerichtet zu bezeichnen, da es keine Stelle gibt, auf die sie beide zeigen.)
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Wenn wir den Versuch mit zwei Menschen A und B machen, und A braucht gleich für jeden achten Ton und B auch für die Dominant jedes Tons, können wir sagen: A und B höre Verschiedenes? Wenn wir dies sagen, so laß uns klar sein, ob wir behaupten wollen, es müsse eine Verschiedenheit bestehen, noch außer der, die der Versuch gezeigt hat.
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Unsere Erörterungen hängen mit folgendem Problem zusammen: Nimm an, wir haben jemand gelehrt, Zahlenreihen anzuschreiben nach Regeln von der Form Mache jede folgende Zahl um n größer. Wir geben den Befehl eine solche Reihe anzuschreiben1 in der abgekürzten Form Addiere immer n!. Die Zahlzeichen in diesem Spiel sind Gruppen von Strichen: |, ||, |||, ||||, etc.. Wenn ich sage, wir haben jemand das2 Spiel gelehrt, so meine ich natürlich, wir haben ihm einerseits Erklärungen allgemeiner Art gegeben, und Übungsbeispiele mit ihm gemacht. Diese Beispiele hätten sich z.B. im Zahlenraum bis 86 bewegt. Wir geben ihm nun einmal den Befehl Addiere immer 1! und beobachten, daß er von 90 an, wie wir sagen würden, immer 2, und von 180 an immer 3 addiert. Wir weisen ihn zurecht3 und sagen: Ich habe Dir gesagt addiere 1; schau doch wie Du die Reihe bis 90 geschrieben hast!4 Nimm an der Schüler sagt, auf die Zahlen 92, 94, etc. weisend Ich bin doch in der gleichen Weise weiter gegangen! Ich dachte, so sollte ich's machen. Es würde uns nun nichts nützen, zu sagen: Aber siehst Du denn nicht ...?, und ihm die alten Erklärungen5 und Beispiele wieder vorzuführen. Wir könnten in so einem Fall sagen: Dieser Mensch versteht von Natur aus jenen Befehl6 (auf unsere Erklärungen und Beispiele hin) so, wie wir den Befehl auffassen würden7: Addiere bis 90 immer 1, bis 180 immer 2, etc.!.
1 [aufzuschreiben| anzuschreiben]
2 [dieses| das]
3 [machen ihn darauf aufmerksam| weisen ihn zurecht]
4 [angefangen hast!| bis 90 geschrieben hast!]
5 [Regeln| Erklärungen]
6 [diese Regel| jenen Befehl]
7 [die Regel verstünden| den Befehl auffassen würden]
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(Dieser Fall hätte eine Ähnlichkeit mit dem, daß ein Mensch, von Natur aus, auf eine zeigende Gebärde damit reagiert, daß er in der Richtung von der Fingerspitze zur Hand schaut. Verstehen ist hier reagieren.)
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Was Du sagst läuft also darauf hinaus, es sei, um den Befehl addiere immer 1 richtig zu befolgen, bei jedem Schritt eine neue Einsicht, Intuition, nötig. Aber was heißt es, den Befehl richtig ausführen? Wie, und wann soll es entschieden werden, welches an einem bestimmten Punkt der richtige Schritt ist? Der richtige Schritt ist überall derjenige,1 der mit dem Befehl, wie er gemeint ist, übereinstimmt. Das heißt wohl: als Du ihm den Befehl gabst Addiere immer 1!, da hast Du gemeint, er solle nach 90 91 schreiben, und2 nach 290 291 und3 nach 1041 1042 und so fort. Aber wie hast Du damals das alles meinen können? Ja, eine unendliche Anzahl Meinungen!? Oder würdest Du sagen: es hat nur ein Meinen stattgefunden, aus welchem aber jede der besondern Meinungen ihres Orts folgt? Aber ist denn nicht die Frage eben: Was folgt aus der allgemeinen Regel? Ich habe aber, als ich den Befehl gab, doch schon gewußt, daß er nach 90 91 schreiben soll4: Addiere immer 1. Du wirst von der Grammatik des Wortes wissen irregeführt. War dieses Wissen ein seelischer Akt, durch welchen Du den Übergang von 90 auf 91 ausführtest, als Du den Befehl gabst d.h.: ein Akt vergleichbar dem Aussprechen des Satzes: Nach 90 soll er 91 schreiben? Wenn ja, so frage Dich wieviele solcher Akte Du ausgeführt hast, als Du den Befehl gabst. Oder meinst Du mit dem Wissen eine Disposition zu gewissen Denkhandlungen, dann kann nur die Erfahrung zeigen5, wozu es eine Disposition ist. Aber hätte man mich gefragt, welche Zahl er nach 1568 schreiben soll, so hätte ich geantwortet 1569. Ich zweifle vielleicht auch nicht daran 6 aber es ist doch eine Hypothese; vergleichbar der, daß Du den N aus dem Wasser gezogen hättest, wenn er hineingestürzt7 wäre. Ich glaube Deine Idee ist die, daß Du in dem geheimnisvollen Vorgang des Meinens, der Intention, alle8 Übergänge irgendwie schon gemacht hast9, ohne sie wirklich zu machen. Deine Seele fliegt gleichsam voran und macht die10 Übergänge, ehe Dein Körper noch dort angelangt ist.11 Diese merkwürdige und uns immer wieder begegnende Idee hängt zusammen12 mit dem Gebrauch der Vergangenheitsform des Wortes meinen, wenn wir sagen: Ich meinte, Du solltest nach 90 91 schreiben. Diese Vergangenheitsform scheint zu sagen, daß damals ein besonderer Akt des Meinens stattgefunden habe bezüglich der Folge dieser Zahlen; in Wirklichkeit aber bezieht sich dieser Satz auf keinen solchen Vorgang.13 Man könnte die Vergangenheitsform durch diese Umformung des Satzes erklären: Hättest Du mich damals gefragt, welcher Übergang an dieser Stelle der Intention meines Befehls entspricht14, so hätte ich geantwortet .... Aber dies ist eine Hypothese. <!>
1 [der,| derjenige,]
2 [,|, und]
3 [,| und]
4 [Ich habe aber doch schon gewußt, daß er nach 90 91 schreiben soll als ich den Befehl gab|Ich habe aber, als ich den Befehl gab, doch schon gewußt, daß er nach 90 91 schreiben soll]
5 [lehren| zeigen]
6 [,| ]
7 [hineingefallen| hineingestürzt]
8 [die| alle]
9 [machtest| schon gemacht hast]
10 [alle| die]
11 [während Dein Körper noch nicht [bei ihnen| dort] angelangt ist.| ehe Dein Körper noch dort angelangt ist.]
12 [steht in Zusammenhang| hängt zusammen]
13 [daß damals ein besonderer [Vorgang| Akt] des Meinens [bezüglich der| in bezug auf die] Folge dieser Zahlen stattgefunden hat; in Wirklichkeit aber [redet der Satz von keinem| bezieht sich dieser Satz auf keinen] solchen Vorgang.| daß damals ein besonderer Akt des Meinens stattgefunden habe bezüglich der Folge dieser Zahlen; in Wirklichkeit aber bezieht sich dieser Satz auf keinen solchen Vorgang.]
14 [ dem Sinn meines Befehls gemäß ist| der Intention meines Befehls entspricht]
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Denke an diesen Fall: Als ich von Strauß sprach, meinte ich den Komponisten der Fledermaus. Bedeutet das: ich habe, als ich ihn meinte, daran gedacht, daß er der Komponist der Fledermaus ist?1
1 [daß er die Fledermaus geschrieben hat?| daß er der Komponist der Fledermaus ist?]
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Wenn wir sagen: Nach dem Sinne des Befehls sollte er auf1 90 91 schreiben, so erscheint es, als eilte2 dieser Sinn wie ein Schatten dem Befehl voraus, und alle Übergänge seien im Sinne in schattenhafter Weise schon gemacht. Aber wenn so die Übergänge in schattenhafter Weise gemacht worden sind3, welcher Schatten vermittelt die Übergänge von diesen Schatten-Übergängen zu den wirklichen?4 Wenn die Worte des Befehls allein einen Übergang von einer Zahl zur nächsten nicht vorausnehmen konnten, so konnte es auch kein seelischer Akt der diese Worte begleitet.5
1 [nach| auf]
2 [eile| eilte]
3 [wären| sind]
4 [, [welcher Schatten macht| was vermittelt] die Übergänge von den schattenhaften Übergängen zu den wirklichen?|, welcher Schatten vermittelt die Übergänge von diesen Schatten-Übergängen zu den wirklichen?]
5 [Wenn die [ Worte| bloßen Worte] [der Regel| des Befehls] die Übergänge von einer Zahl zur nächsten nicht vorausnehmen konnten, so konnte es auch kein seelischer Akt der diese Worte begleitet.| Wenn [die Worte allein| die Worte des Befehls allein] einen Übergang von einer Zahl zur nächsten nicht vorausnehmen konnten, so konnte es auch kein seelischer Akt der diese Worte begleitet.]
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Es spukt in der Philosophie (allerorten) von solchen schattenhaften Gebilden.1 Ihre Vorstellung drängt sich uns auf als Erklärung gewisser sprachlicher Formen. (Sie sind die Ausgeburt einer unverstandenen Sprachlogik (Paul Ernst).)2
1 [ In der Philosophie begegnen Dir eine Unmenge solcher schattenhafter ätherischer Gebilde.| Es spukt in der Philosophie [(überall)| (allerorten)] von solchen schattenhaften Gebilden.]
2 [ [Ihre Vorstellung| Die Vorstellung von ihnen] drängt sich uns als Erklärung [einer von uns [mißverstandenen| unverstandenen] grammatischen Form| unverstandener grammatischer Formen] auf. ([Sie ist [ das Erzeugnis einer| die Ausgeburt einer ]| Sie sind die Erzeugnisse einer| Sie sind die Ausgeburt einer ] unverstandenen Sprachlogik (Paul Ernst).) | [ Die Vorstellung von ihnen drängt sich uns als Erklärung [einer grammatischen Form| [grammatischer| sprachlicher] Formen] auf. (Sie sind die Erzeugnisse einer unverstandenen Sprachlogik (Paul Ernst).)| Ihre Vorstellung drängt sich uns auf als Erklärung gewisser sprachlicher Formen. (Sie sind die Ausgeburt einer unverstandenen Sprachlogik (Paul Ernst).)] ]
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Es ist nicht ein Akt der Einsicht der uns die Regel Addiere immer 1 bei jedem Schritt so anwenden läßt, wie wir sie eben anwenden. (Es sei denn, daß es im besondern Fall ein Akt der Einsicht wäre. Ich sage etwa: Ach Du meinst, ich solle jede Zahl um 1 größer machen als die vorige!) Eher noch könnte man von einem Akt der Entscheidung reden. Aber auch das wäre1 irreführend, denn es findet kein Deliberieren statt, sondern wir schreiben einfach etwas hin, oder sprechen2 etwas aus. Wir wollen hier wie in tausend andern Fällen es nicht wahr haben, daß die Kette der Gründe zu einem Ende kommt.
1 [ist| wäre]
2 [er schreibt etwas hin, oder spricht| wir schreiben einfach etwas hin, oder sprechen]
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Nun vergleiche diese beiden Sätze: Es heißt doch gewiß, die Regel addiere immer 1 jetzt in anderem Sinn gebrauchen, wenn Du nach 90 fortfährst 92, 94, 96 ..., und Es heißt doch gewiß, das Wort dunkler in einem andern Sinn gebrauchen, wenn Du es jetzt auf Laute anwendest, und früher auf Färbiges.1 Das kommt drauf an, was Du einen andern Sinn nennst. Aber ich sage auch, Laute seien in einem andern Sinn heller und dunkler, als färbige Gegenstände; und ich schreibe auch in der Reihe addiere2 immer 1 nach 90: 91, 92, 93 .... Nicht mit einer bestimmten Rechtfertigung, oder nicht notwendig mit einer bestimmten Rechtfertigung.
1 [: [[Es ist doch gewiß| Es heißt doch gewiß] nicht die gleiche Anwendung der Regel addiere immer 1[, wenn man anfängt: 1, 2, 3, 4 ... und nach 90 [fortsetzt| schreibt]: 92, 94, 96 etc.| , wenn man die Reihe mit 1, 2, 3, 4 ... anfängt und sie mit 90, 92, 94 ... fortsetzt]| Es ist doch sicher nicht die gleiche Anwendung der Regel addiere immer 1, wenn man die Reihe mit 1, 2, 3, 4 ... anfängt und dann fortsetzt: 90, 92, 94 ...]; und: Es ist doch [gewiß| sicher] nicht die gleiche Anwendung des Wortes dunkler, wenn man es zuerst auf färbige [Dinge,| Gegenstände,] und dann auf Laute anwendet. |: Es heißt doch gewiß, die Regel addiere immer 1 jetzt in anderem Sinn [verwenden| gebrauchen], wenn Du nach 90 fortfährst 92, 94, 96 ..., und Es heißt doch gewiß, das Wort dunkler in einem andern Sinn [verwenden| gebrauchen], wenn Du es jetzt auf Laute anwendest[, früher aber auf Färbiges|, und früher auf Färbiges].]
2 [ Addiere| addiere]
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Es ist eine sehr gewöhnliche1 Denkkrankheit, hinter allen Handlungen der Menschen Zustände der Seele zu postulieren, aus denen die Handlungen entspringen. Es entstehen so die2 Scheinerklärungen von der Art: diese Handlung entspringe aus dem Charakter des Menschen, das Benehmen aus dem Volkscharakter, etc., etc.. (Es beruhigt uns eben, etwas zu sagen, was die Form der Erklärung hat.) Nimm an, jemand sagt: Die Mode ändert sich, weil der Geschmack der Menschen sich ändert. Wenn nun ein Schneider heuer einen andern Schnitt des Frackes entwirft als im vorigen Jahr, warum soll das, was wir die Änderung seines Geschmacks nennen, nicht zum Teil, oder ganz, eben darin bestehen, daß er den Schnitt ändert3?
1 [verbreitete| gewöhnliche]
2 [Man gibt | Es entstehen so die]
3 [er dies tut| er den Schnitt ändert]
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Aber wir sagen1: Einen neuen Schnitt zeichnen ist doch nicht, seinen Geschmack ändern, so wie, etwas sagen, nicht heißt, es meinen. Es müssen bestimmte Empfindungen, seelische Akte2, das Zeichnen, und Sprechen, begleiten. Es ist doch offenbar möglich, daß Einer einen neuen Schnitt zeichnet, ohne seinen Geschmack geändert zu haben; sowie er etwas sagen kann, ohne es zu meinen. Und das ist gewiß wahr. Aber es folgt daraus nicht, daß unter bestimmten Umständen das unterscheidende Merkmal einer Geschmacksänderung nicht einfach darin besteht, daß er jetzt etwas anderes zeichnet als vor einem Jahr. (Siehe das Beispiel 66). Übrigens ist ja selbstverständlich, daß es bei diesem Zeichnen mannigfache Empfindungen und seelische Vorgänge geben wird. Und ist, in einem Fall was er zeichnet, nicht das Kriterium der Geschmacksänderung, so folgt nun nicht: daß es eine Veränderung in einer eigenen Region seiner Seele sozusagen einem Geschmackszentrum ist.3
1 [man sagt| wir sagen]
2 [Vorgänge| Akte]
3 [[,|:] daß es in einer Veränderung einer eigenen Region [seines Geistes| seiner Seele] sozusagen eines Geschmackszentrums [besteht| liegt].|: daß es eine Veränderung ist, die in einer eigenen Region seiner Seele, sozusagen einem Geschmackszentrum, vor sich gegangen ist.|: daß es eine Veränderung in einer eigenen Region seiner Seele sozusagen einem Geschmackszentrum ist.]
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Wir gebrauchen das Wort Geschmack nicht zur Bezeichnung einer Empfindung. Dies aber anzunehmen1, heißt, die Praxis unserer Sprache in einer falschen Vereinfachung darstellen.2 Durch eine3 Darstellung des Gebrauchs unserer Worte in4 falscher Vereinfachung entstehen eine große Zahl5 der6 philosophischen Probleme. (Denke etwa an die Idee: die Eigenschaften eines Dings seien Ingredienzien, die in ihm enthalten sind. Die Schönheit sei im Schönen enthalten; wie der Alkohol im Alkoholischen.)
1 [[So etwas| Dies irrtümlich] anzunehmen| Dies aber anzunehmen]
2 [heißt, den Gebrauch [dieses| des] Wortes viel einfacher darzustellen, als er in Wirklichkeit ist.| heißt, die Praxis unserer Sprache in einer falschen Vereinfachung darstellen.]
3 [die| eine]
4 [der Praxis unserer Sprache in| des Gebrauchs unserer Worte in ]
5 [Unmenge| große Zahl]
6 [unserer| der]
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Wenn immer wir es in diesen Untersuchungen mit Ausdrücken zu tun haben, die wie man sagen würde, seelische Vorgänge oder Zustände beschreiben, mit Ausdrücken also wie einen Satz in dem und dem Sinne meinen, auffassen, eine Absicht haben, von etwas überzeugt sein, etwas glauben, annehmen, bezweifeln, wünschen, hoffen, etc., ist es klärend, in unseren Betrachtungen statt des Meinens, Glaubens, Zweifelns1 u.s.f. den Tonfall, die Gebärde, den Gesichtsausdruck zu substituieren, die für jene seelischen Vorgänge charakteristisch sind.
1 [für das Meinen, Glauben, Zweifeln| statt des Meinens, Glaubens, Zweifelns]
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Stellen wir diese Betrachtung an: William James spricht irgendwo [nachlesen] davon, daß wir mit den Worten wenn, und, nicht bestimmte Gefühle verbänden, daß man also von einem Wenn-Gefühl reden könnte. etc. Diese Gefühle sollen die Bedeutungen jener Wörter erklären. Wie kommt man nun auf die Idee, daß es solche Gefühle gibt? Nun, man spricht sich einen Satz vor, z.B., Wenn es heute regnet, kann ich nicht ausgehen, und beobachtet was da geschieht. Wenn Du das nun tust so wirst Du gleich merken, daß das Wenn-Gefühl nicht immer gleich stark ist. Du bist vielleicht geneigt zu sagen, daß Du den Satz einmal mehr, einmal weniger mechanisch aussprichst. Aber denke doch daran wie Du ihn aussprichst, wenn Du ihn praktisch gebrauchst. Denn im praktischen Gebrauch erfüllt er doch wohl seine eigentliche Funktion. Du wirst sehen, daß Du ihn da bei verschiedenen Gelegenheiten sehr verschieden aussprichst und daß das Wenn-Gefühl nicht bloß der Stärke nach variiert. Und ferner: Du wirst sehen daß, was Du dieses Gefühl nennst, mit einem bestimmten Tonfall, einer Gebärde, einem Gesichtsausdruck, verbunden ist; änderst Du den Tonfall so ändert sich das Gefühl denn es ist, mindestens zum Teil, das Erlebnis1 dieses Tonfalls. Mach dies2 Experiment: Sage den Wenn-Satz und schüttle dazu verneinend den Kopf.
1 [das Gefühl| das Erlebnis]
2 [das| dies]
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Wenn uns nun nicht eine falsche Auffassung der Grammatik des Wortes Bedeutung verführt, daß wir glauben, es müsse ein Wenn-Gefühl geben, so werden wir nun sagen: Es gibt Wenn-Gefühle und zwar in dem Sinne, in dem es Wenn-Gebärden gibt, und1 Wenn-Tonfälle. Diese sind für den Gebrauch des Wortes wenn charakteristisch insofern wir das Wort oft in dieser Weise aussprechen. Aber sie können auch ganz fehlen und das Wort doch vollgültig gebraucht sein.
1 [oder| und]
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So nun verhält es sich auch mit dem Gebrauch der Wörter meinen, glauben, intendieren1 etc.: eine falsche falsch vereinfachte Auffassung ihrer Bedeutung, d.h. ihrer Grammatik, verleitet uns, zu denken, es müsse einem Wort2 ein bestimmtes charakteristisches Erlebnis entsprechen. Und auch hier macht man etwa den Versuch, sagt sich einen Satz vor, etwa Ich glaube es wird heute regnen, beobachtet sich und denkt: Nun, es geht doch etwas Bestimmtes dabei vor, wenn ich etwas glaube. Aber auch hier sieh weg von diesem experimentellen Aussprechen des Satzes und denke daran wie Du ihn für praktische Zwecke aussprichst. Geht da wirklich immer das Gleiche vor? Und nun sieh auf Dein Experiment und frage Dich ob, was da vorgegangen ist nicht wieder mit der besonderen Art und Weise verknüpft ist, wie Du den Satz ausgesprochen hast. Ja wenn Du so ein Experiment machst so mimst Du ja das Glauben, und wie tust Du es? Du machst einen gewissen Tonfall nach, ein Gesicht, eine Gebärde. (Vergleiche (86)) Es verhält sich mit dem Erlebnis des Meinens, der Überzeugung etc. ganz so wie mit dem Wenn-Gefühl.
1 [beabsichtigen| intendieren]
2 [jedem dieser Wörter| dem Wort| einem Wort]
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Wir sprechen von einem Ton der Überzeugung und das1 täten wir nicht wenn dieser Ton für das Überzeugtsein nicht irgendwie charakteristisch wäre. Aber es ist auch klar, daß nicht alles diesen Ton hat, was mit Überzeugung gesagt wird und daß manches ihn hat, was nicht mit Überzeugung gesagt wird.2 Ganz richtig, sagst Du nun, das zeigt daß Überzeugtsein eben etwas anderes ist, als im Ton der Überzeugung reden. Und da es auch etwas anders ist, als mit einer bestimmten Gebärde reden, etc., so ist es eben eine spezifische Erfahrung, die zwar manchmal von solchen Äußerungen begleitet wird, aber mit ihnen nicht zu verwechseln ist. Aber deswegen ist es doch keine spezifische Erfahrung! Und ist es denn eine? Denn es muß nun keine sein. Denke Dir Du verstündest das Wort rot nicht, und jemand sagt Dir rot bedeute eine spezifische Erfahrung. Da wirst Du fragen: Welche? Und so ist es auch keine Erklärung zu sagen Überzeugung sei eine bestimmte Erfahrung. Die Frage ist: Welche? Wenn Du eine Erfahrung so nennst, welche ist es? Und willst Du diese Frage beantworten, so siehst Du bald, daß Du das Wort gar nicht zur Bezeichnung einer Erfahrung gebrauchst.
1 [dies| das]
2 [Aber es ist auch klar, daß dieser Ton fehlen kann, [und dennoch mit| auch wo mit ] Überzeugung geredet wird.| Aber es ist auch klar, daß nicht alles diesen Ton hat, was mit Überzeugung gesagt wird und daß manches ihn hat, was nicht mit Überzeugung gesagt wird.]
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Wenn wir nachsehen wollen welche besondere Erfahrung die der Überzeugung ist geschieht es uns so, wie wenn wir nach der spezifischen Erfahrung des Lesens suchen. <!> Wir fixieren unsere Aufmerksamkeit auf die Empfindung in einem besondern Fall und glauben, hier haben wir die spezifische Erfahrung. Wenn ich mir z.B. sage: Ich bin überzeugt daß binnen fünf Jahren ein fürchterlicher Krieg ausbricht, so finde ich, ich empfinde ein schweres, drückendes Gefühl in der Magengegend. Und wäre dies nicht meine Überzeugung so hätte ich es nicht. Aber nun denke ich mir daß ich sagte: Ich bin überzeugt, das Wetter wird heute schön bleiben. Auch da ein Gefühl, das nicht wäre, wenn ich nicht überzeugt wäre, aber wo ist das Gemeinsame? Such es und sieh ob es da ist, und was es etwa ist! Nur glaub' nicht, es müsse da sein. Eines ist freilich gemeinsam: die selben Worte; und das ist ja schon viel, und mit ihnen geht vielleicht auch ein etwas ähnlicher Ton. Vergleiche übrigens mit den Empfindungen, die für die Überzeugung charakteristisch sind1, die Erfahrungen, die mit dem Satz gehen:2 Ich bin überzeugt, in dieser Rechnung ist ein Fehler!
Aber warum gebrauchen wir dann in diesen verschiedenen Fällen das gleiche Wort? Die Spiele die wir mit ihm spielen haben eine gewisse Ähnlichkeit. Und auch die Empfindungen, die den Gebrauch des Wortes begleiten haben eine gewisse Ähnlichkeit. Denke, in welchen Sprachspielen Du etwa den Ausdruck ich bin überzeugt, daß ... lernen könntest. <!> Denken wir auch daran wie man etwa ein Kind das Wort sicher oder gewiß lehrt; man sagt ihm etwa: Er kommt ganz sicher!, und dabei spielt der Tonfall der Worte die größte Rolle, und auch Gebärde und Miene3. Das Wort ist vor allem Träger4 dieses Tonfalls.
1 [in den zwei obigen Fällen die Überzeugung [kennzeichnen| charakterisieren]| für die Überzeugung charakteristisch sind]
2 [wenn wir sagen:| die mit dem Satz gehen:]
3 [Gesicht| Miene]
4 [dient hauptsächlich als der Träger| ist vor allem Träger]
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Laß uns eine Analogie betrachten aus dem Gebiet des Gesichtsausdrucks. Denke es wäre die Frage: was ist der charakteristische Zug eines freundlichen Gesichts?1 Zuerst nimmt man vielleicht an daß es gewisse freundliche Züge gibt, deren jeder ein Gesicht bis zu einem gewissen Grade freundlich macht, und je mehr solche Züge vorhanden sind desto freundlicher ist das Gesicht. Auch deutet daraufhin unsere Ausdrucksweise, wir sprechen von freundlichen Augen, einem freundlichen Mund etc.. Aber es ist unschwer zu sehen daß der freundliche Mund unter bestimmten Umständen und das heißt hier: zusammen mit bestimmten andern Zügen des Gesichts z.B. Runzeln der Stirn etc. nicht freundlich, ja unfreundlich, aussehen kann. (Ein freundliches und ein unfreundliches Grinsen muß sich nicht im Mund unterscheiden. Betrachte Strichgesichter wie: . Sage nicht, was dem rechten für uns keinen freundlichen Ausdruck gebe, sei eine Assoziation! Es ist gleichgültig, was den Eindruck verursacht. Es ist auch gewiß wahr: diese Gruppen von Punkten und Strichen hätten für uns gar keinen Ausdruck, wenn wir dieses Schema nicht vom Gesicht des Menschen her kennten. Aber das ist hier auch gleichgültig: Nun haben sie2 Ausdruck, und wenn wir sie anschauen, so sehen wir nur sie und stellen uns nicht etwa hinter ihnen ein Gesicht von Fleisch und Blut vor.3 Wir können also diese Strichgesichter und das ist für folgende Betrachtungen wichtig als autonome Gebilde mit Gesichtsausdruck ansehen, die diesen nirgends anders her borgen.)
1 [ welches ist der Zug der ein Gesicht freundlich macht?| was ist der charakteristische Zug eines freundlichen Gesichts?]
2 [diese Gruppen von Strichen| sie]
3 [und halluzinieren nicht etwa ein Gesicht von Fleisch und Blut [dahinter| hinter ihnen].| und stellen uns nicht etwa hinter ihnen ein Gesicht von Fleisch und Blut vor.]
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Aber wenn es sich nun so verhält, ist es da nicht unrichtig von einem freundlichen Mund, und dergleichen, zu reden? Sehen wir noch eine Redewendung an, die wir oft gebrauchen: Es ist der Mund, der dieses Gesicht so freundlich macht. Das heißt doch ungefähr: Wäre der Mund anders, so hätte das Gesicht nicht den freundlichen Ausdruck. Aber das könnte man ja auch von den andern Zügen sagen! wären sie anders, so hätte es den freundlichen Ausdruck auch nicht; auch mit diesem Mund. Aber darum ist es doch nicht unsinnig, zu sagen, es sei der Mund, der das Gesicht freundlich mache: Wir denken eben hier an eine bestimmte, verhältnismäßig einfache, Veränderung des Gesichts die seinen Ausdruck ins Gegenteil verwandeln würde. Und ferners lenkt dieser Zug, wenn wir das Gesicht betrachten, besonders unsere Aufmerksamkeit auf sich. Auch: Halten wir uns die übrigen Züge des Gesichts zu1, so stellen wir uns automatisch2 ein freundliches Gesicht zu diesem Mund vor; obwohl auch das Gegenteil möglich wäre. (Ähnlich sagen wir auch Es ist dieses Wort, was dem Satz seine Kraft gibt. etc., etc.)
1 [weg| zu]
2 [normalerweise| automatisch]
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Es gibt eine große Familie freundlicher Gesichter; von dieser Familie ist, sozusagen, ein wichtiger Zweig durch den freundlichen Mund gekennzeichnet, ein anderer, durch die freundlichen Augen, etc. Aber in der großen Familie boshafter Gesichter kann auch dieser Mund vorkommen, und auch diese Augen. Und zwar wirkt der freundliche Mund hier nicht freundlich: so daß seine Freundlichkeit etwa nur von der Bosheit der andern Züge übertönt würde. Wir sagen auch, der lächelnde Mund wird von den Augen Lügen gestraft, und nicht, das Gesicht sei eigentlich doch nicht so unfreundlich, da doch immerhin der Mund lächle.
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Sehr verschiedene Züge machen eine Äußerung zum Ausdruck der Überzeugung.1 Es gibt da Gefühle, wie die, in den Beispielen (136) und Gefühle die mit dem Ton, der Miene, einer charakteristischen Körperhaltung, einer Geste der Überzeugung verbunden sind 2 aber er muß gar keine solchen für das Überzeugtsein charakteristischen Erlebnisse haben, während er die Überzeugung ausdrückt, und was das Überzeugtsein ausmacht, kann darin3 liegen, was er vor und nachher tut. Und daß das4 Tun von allerlei Gefühlen begleitet ist, ist wieder selbstverständlich.
1 [Sehr verschiedene Züge kennzeichnen, was Einer sagt, als Ausdruck der Überzeugung.| Sehr verschiedene Züge machen eine Äußerung zum Ausdruck der Überzeugung.]
2 [,| ]
3 [in dem| darin]
4 [ein| das]
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Das Erlebnis des Tons, der Miene etc. kannst Du doch nicht für das Überzeugtsein1 charakteristisch nennen, da sie eben von andern Erlebnissen lügengestraft werden können. Aber in diesem und jenem Fall werden sie eben nicht von etwas anderm lügengestraft, und hier sind sie das hervorstechende Merkmal der Überzeugung. Wie in diesem Gesicht der freundliche Mund der hervortretend2 freundliche Zug. Gewiß, das Reden in dieser Weise macht das Überzeugtsein nicht aus; aber wenn Du mich fragst: Was für ein Erlebnis hattest Du da, als Du mit Überzeugung sagtest: ... so werde ich vielleicht antworten müssen: Ich blickte vor mich hin, sprach in diesem Ton, etc.; wenn auch dieses Erlebnis das Überzeugtsein nur in der besonderen Situation, mit dem was vorher und nachherging und in der Abwesenheit gewisser andrer Tendenzen, charakterisierte. Aber man sagt doch oft: Ich habe mit dem Gefühl der Überzeugung gesprochen3. Nun, welches Gefühl ist das? Stelle Dir solche Fälle vor! dann wirst Du es vielleicht finden4. Ich denke da hauptsächlich an ein Gefühl im Gesicht ( ein Gefühl des Gesichtsausdrucks) und an ein Gefühl in der Brust (ein Gefühl der Atmung). Hier ist es wieder nützlich, sich zu fragen: Wann habe ich das Gefühl der Überzeugung? Denn denke daran,5 daß das, wovon Du überzeugt bist, ein Satz ist, Anfang und Ende hat. Bist Du vom ersten Buchstaben des Satzes bis zum letzten überzeugt? und immer vom Gleichen? Oder bist Du von jedem Wort einzeln überzeugt, und wann bist Du es?
Zieh auch keine irreführende Grenze zwischen Tun und Erleben; als wäre es kein Erleben, so und so zu reden, etc. (Vergleiche frühere Bemerkungen.) Denn, wie der Tonfall der Überzeugung, so kann auch das Gefühl der Überzeugung Lügen gestraft werden. Der, der die Überzeugung schauspielert und der sie hat, können genau das selbe erleben, während sie ihr Ausdruck geben; auch dann, wenn sie nicht etwa automatisch, oder ohne zu denken, reden. Wie ein freundliches und ein unfreundliches Gesicht genau die gleichen Augen haben kann. <!>
1 [die Überzeugung| das Überzeugtsein]
2 [hervorstechend| hervortretend]
3 [geredet| gesprochen]
4 [sehen| finden]
5 [vergiß nicht,| denke daran,]
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Eine Ausdrucksweise, die sehr geeignet1 ist, uns irrezuleiten ist diese: Er sagt es und meint es. Vergleiche Meinen, was Du sagst wenn Du a) jemandem sagst: Ich werde mich freuen Sie zu sehen, und b): Der Zug nach N geht um 3h30. Angenommen, Du hättest jemandem jene ersten Worte gesagt, und würdest dann2 gefragt: Hast Du es gemeint? Du würdest dann etwa an Deine Gefühle denken, als Du die Worte3 sagtest und wärst geneigt zu antworten: Hast Du es denn nicht gemerkt, daß ich es gemeint habe?. Angenommen aber, Du habest jemand die Information gegeben: Der Zug nach N geht um 3h30; und nun fragte Dich jemand Hast Du Deine Worte4 gemeint?. Da wärst Du vielleicht einfach geneigt zu sagen: Ja freilich, warum soll ich sie nicht gemeint haben!
1 [dazu angetan| sehr geeignet]
2 [danach| dann]
3 [es| [diese| die] Worte]
4 [es| Deine Worte]
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Im ersten Fall werden wir vielleicht von einem bestimmten Gefühl reden, welches das Meinen der Worte kennzeichnet, aber nicht im zweiten Fall.
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Vergleiche nun auch die Erlebnisse des Lügens in den beiden Fällen! Im ersten wird das wohl oft das Lügen kennzeichnen, daß unsere Worte nicht von den entsprechenden Gefühlen begleitet sind, aber vielleicht sogar von den entgegengesetzten. Wir fühlen: es fällt uns schwer ein freundliches Gesicht zu machen. Wenn wir im Falle (b) eine Lüge sagen, so werden wir wohl auch dabei ein anderes Erlebnis haben als wenn wir jemand wahrheitsgemäß über den Abgang des Zuges informieren, aber der Unterschied wird nun nicht in der Abwesenheit eines für das Meinen charakteristischen Gefühls liegen, sondern etwa im Vorhandensein eines Gefühls des Unbehagens, der Unsicherheit, etc..
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Es ist aber auch möglich, beim Aussprechen einer Lüge ganz entschieden das zu empfinden, was man Gefühle des Meinens nennen könnte dessen, was man sagt. (Es heißt dann manchmal von jemand, er habe diese Lüge so oft gesagt, daß er sie schon beinahe selber glaubt.)
Man sollte hier aber vielleicht einen Unterschied machen zwischen glauben, was man sagt, und meinen, was man sagt. Wenn ich z.B. sage der Zug geht um 5h30, während ich wohl weiß, daß er um 3h geht, so könnte man sagen, ich glaube zwar nicht, was ich sage, sage es doch aber nicht automatisch, wie ein Papagei, und meine es also. Hier frage Dich wieder, wann Du es meinst; und wie das Meinen das Sagen begleitet. Auch mache diesen Versuch: Denke Der Zug geht um 3h30, aber ohne Worte! Auf die Frage Was geschah da, als Du das sagtest und es meintest, und auch glaubtest? wirst Du in einer großen Zahl von Fällen antworten müssen: Ich habe es gesagt; mehr weiß ich nicht. (Von dem Meinen alles dessen was man nicht automatisch spricht, später.)
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Wenn man unter Glauben einen Akt verstehen will, der vor sich geht, wenn das Geglaubte gedacht, ausgesprochen wird, dann wird Glauben in vielen Fällen das Gleiche bedeuten wie dem Glauben Ausdruck geben.
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Es ist wichtig und interessant1 einen Einwand dagegen2 zu betrachten: Wie, wenn ich wahrheitsgemäß sage Ich glaube, es wird regnen, und jemand will einem Franzosen, der nicht Deutsch versteht, erklären, was ich glaube. Wenn alles, was geschah, war, daß ich jenen Satz aussprach, so sollte ja der Franzose erfahren, was ich glaube, wenn er meine Worte hört, oder wenn ihm gesagt wird3: Il croit: es wird regnen. Nun ist es klar, daß ihm das nicht sagen wird, was ich glaube; und dies zeigt, daß wir ihm das Wesentliche nicht mitgeteilt haben, nämlich den geistigen4 Akt des Glaubens. Die Antwort aber ist, daß selbst wenn meine Worte von allerlei Erfahrungen begleitet waren, und wenn wir im Stande wären, diese zusammen mit den deutschen Worten dem Franzosen zu übermitteln, er auch dann nicht wüßte5, was ich glaube. Denn wissen, was ich glaube heißt nicht: fühlen, was ich fühle während ich diese Worte spreche. Ebenso wie meine Absichten bei diesem Schachzug kennen nicht heißt: wissen6, was ich fühle während ich den Zug mache. Obwohl dies zu wissen Dir in gewissen Fällen sehr genauen Aufschluß über meine Absichten geben würde.
1 [interessant| wichtig und interessant]
2 [hiergegen| dagegen]
3 [man ihm sagt| ihm gesagt wird]
4 [seelischen| geistigen]
5 [gewußt hätte| wüßte]
6 [fühlen| wissen]
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Und wie teilen wir ihm denn nun mit, was ich glaube? Nun, indem wir es in seine Sprache übersetzen.1 Und es ist möglich, daß wir ihm dadurch nichts darüber mitteilen, was in mir vor sich gegangen ist2, als ich meiner Meinung Ausdruck gab.3 Vielmehr haben wir ihm einen Satz gegeben der in seiner Sprache eine ähnliche Stellung einnimmt, wie mein Satz in der deutschen Sprache. Und man kann auch wieder4 sagen daß wir, in gewissen Fällen wenigstens, ihm viel genauer hätten mitteilen können was ich meinte5, wenn er gut Deutsch verstanden hätte6, weil er dann, genau wüßte, was in mir vorgegangen ist, als ich redete.
1 [Wir würden sagen, wir hätten dem Franzosen mitgeteilt, was ich glaube, wenn wir ihm meine Worte in's Französische übersetzt hätten.| Und wie teilen wir [denn nun dem Franzosen mit,| ihm denn nun mit,] was ich glaube? Nun, indem wir es in seine Sprache übersetzen.]
2 [ging| gegangen ist]
3 [den Satz aussprach.| meiner Meinung Ausdruck gab.]
4 [anderseits kann man wieder| man kann auch wieder]
5 [ glaubte| meinte]
6 [[im Deutschen| in der deutschen Sprache] zu Hause gewesen wäre| gut Deutsch verstanden hätte]
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Gegeben gewisse Umstände, so wird allerdings Meinen und Nicht-meinen Glauben, Beabsichtigen etc. durch das charakterisiert, was in der Seele des Redenden vorgeht, oder nicht vorgeht.
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Du wirst Dich hier wieder fragen können: Was für Fälle gibt es da? Und wenn Du Dir Fälle des Meinens vergegenwärtigst, so siehst Du1, daß es eine Unzahl verschiedenartiger gibt; die aber alle miteinander auf eine oder die andere Art verwandt sind.
1 [wirst Du sehen| siehst Du]
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Das Meinen ist ein seelischer Vorgang beim Reden, vielleicht auch vorher, aber besonders während des Redens. Wenn ich etwas meine, so geht doch in mir etwas anderes vor, als wenn ich es sage und nicht meine. Das letztere ist im großen und ganzen wahr. Und nun sieh nach, was vorgeht. Und kümmere Dich dabei nicht um das was doch vorgehen muß1. Wir sind, wenn wir philosophieren,2 oft3 in der Versuchung, die Dinge so darzustellen, wie der Maler Klecksel als Kind die4 menschlichen Gesichter im Profile.
1 [doch eigentlich vorgehen müßte| doch vorgehen muß]
2 [ beim Philosophieren|, wenn wir philosophieren,]
3 [immer| oft]
4 [kleine Maler Klecksel die| Maler Klecksel als Kind die ]
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Es ist ein Unterschied im seelischen Vorgang, wenn Du meinst, was Du sagst und wenn Du es nicht meinst. Es sind allerlei solche Unterschiede und in verschiedenen Fällen ganz verschiedene. Aber es kann auch in besonderen Fällen gar kein solcher Unterschied bestehen. Vergleiche die charakteristischen Empfindungen des Meinens, wenn Du zu jemandem sprichst:
Verzeih, es tut mir sehr leid, daß ich das gesagt habe!
Ich freue mich, daß Du da bist!
Die Erde geht in einer Ellipse um die Sonne.
Ich hoffe Dich wiederzusehen!: Worin besteht es, dies Meinen? Man könnte denken: darin, daß man ein Gefühl des Hoffens hat. Wie ist das Gefühl der Hoffnung?1 Ist es, übrigens,2 nur ein Gefühl der Hoffnung3 im allgemeinen, oder dieser Hoffnung? Schau nach; siehst Du wirklich die Hoffnung die die Worte begleitet?4 Vielleicht hattest Du bei diesen Worten ein Gefühl der Bedrückung (die Angst beim Abschied), und wenn Du es mit diesen Worten hattest und5 unter diesen Umständen, kann man sagen, Du fühltest Hoffnung.
1 [Aber wie ist so ein Gefühl?| Wie ist das Gefühl der Hoffnung?]
2 [, z.B.,|, übrigens,]
3 [des Hoffens| der Hoffnung]
4 [ein solches Gefühl, [was| das] die Worte begleitet?| die Hoffnung die die Worte begleitet?]
5 [und mit diesen Worten und| und wenn Du es mit diesen Worten hattest und]
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Hast Du wirklich gemeint, es wird regnen, oder hast Du es nur so gesagt? Etwas sagen und meinen, kann heißen, es ohne Hintergedanken sagen; und es bloß sagen kann darin bestehen, daß man es mit Hintergedanken sagt.
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Ich werde dieses Haus nie mehr betreten! Hast Du es gemeint?
Wie meint man das nie mehr? Braucht es einige Zeit diese Worte zu meinen? oder kann man es tun, während man sie ausspricht?
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Wie wäre es gewesen, hätte er die Worte nicht wirklich gemeint? Frage Dich: wie sagt man diesen Satz wenn man ihn meint; wie, wenn man ihn eigentlich nicht meint?
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Ich habe es mehr als eine Übertreibung gemeint. Daß ich das sage, darin liegt, zum Teil, daß ich es so gemeint habe. (Vergleiche Traum und Erzählung des Traums nach dem Aufwachen.) Aber was habe ich da für eine Entdeckung gemacht? Wie kann ich denn entdecken1 worin das Meinen besteht2? Ich trachte mir den Fall vorzustellen, und da3 sehe ich, daß auch was ich weiterhin sage, es bestimmt, ob ich von Übertreibung reden soll. (Wer den ei-Laut anhört, ohne an die Schreibung zu denken, hört, daß er a-e klingt.)
1 [Aber was ist das für eine Entdeckung, die ich da [gemacht habe| mache]? Wie konnte ich eine Entdeckung darüber machen,| Aber was habe ich da für eine Entdeckung gemacht? Wie kann ich denn entdecken ]
2 [liegt| besteht]
3 [Ich [schaue den Fall mir ohne ein gewisses grammatisches Vorurteil an | stelle mir den Fall vor, ohne ein gewisses grammatisches Vorurteil] und da| Ich trachte mir den Fall vorzustellen, und da ]
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Etwas im Scherz (im Ernst) meinen Meinst Du jedes Wort eines Scherzes im Scherz? <!>
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Wir werden in vielen Fällen außer wenn wir philosophieren gar nicht davon reden, daß Einer meint, was er sagt: z.B., wenn er jemandem die Gesetze des freien Falls erklärt. Wollen wir hier von meinen reden, so fühlen wir eine gewisse Schwierigkeit; wir wissen nicht recht, welchem Fall das Meinen entgegengesetzt wird. Ob dem, daß der Lehrer im Schlafe redet, oder dem, daß er eigentlich von einer andern Mechanik überzeugt ist, oder dem, daß er zerstreut geredet1 hat etc.. Was ist der Unterschied zwischen einem zerstreuten, geistesabwesenden, Reden und einem nicht zerstreuten? Stelle Dir Fälle vor.
1 [geistesabwesend gesprochen| zerstreut geredet]
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<!> Ich gehe einen Gang entlang und stolpere über eine Stufe, und sage: Ich habe geglaubt, es geht da eben weiter. Was geschah da, als ich es glaubte? Oder ich bin derselben Meinung und sage einem Andern: Geh nur eben weiter!
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Die seelischen Vorgänge während des Redens spielen die gleiche Rolle wie, im besondern,1 die Ausdrucksempfindungen (d.i., die Empfindungen, die die Korrelate sind des Ausdrucks der Überzeugung, des Zweifels, der Vermutung etc. etc..) Man kann sagen: Wer es unter diesen Umständen so sagt, der meint es. (In dieser Umgebung ist dieser Mund ein freundlicher Mund.) Es ist nichts da, was diesen Ausdruck lügenstraft. Denn dieser Ausdruck2 ist nicht das Symptom dafür, daß etwas Anderes vorhanden ist: das eigentliche Meinen; sondern er ist einer der Züge, die das Meinen ausmachen, wenn auch3 nur zusammen mit anderen Zügen und in der Abwesenheit gewisser anderer.
1 [ insbesondere,|, im besondern,]
2 [er| dieser Ausdruck]
3 [freilich| wenn auch]
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Wir können uns den Fall denken, daß A gegen B falsch ist, er redet mit ihm immer in der freundlichsten Weise denn er ist ein ausgezeichneter Schauspieler, hinter seinem Rücken aber haßt er den B. Er1 wird also wohl in der Abwesenheit des B übel2 von ihm reden und ihm zu schaden trachten. Aber können wir uns auch das denken: A ist falsch gegen B, er redet immer in der freundlichsten Weise mit ihm, denn er ist ein ausgezeichneter Schauspieler; aber in B's Abwesenheit redet er auch immer in der freundlichsten Weise von ihm, sowohl zu Andern, als auch zu sich selbst, und er tut auch nichts um B zu schaden.
Es lassen sich mit großem Nutzen für das Verständnis ein Unzahl verschiedener Fälle3 vorstellen.
1 [A| Er]
2 [schlecht| übel]
3 [von Fällen| verschiedener Fälle]
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Es ist nicht wahr, wenn man sagt: Nur er kann wirklich wissen, ob er meint, was er sagt. Nein, es kommt vor, daß ich mit Sicherheit weiß, daß er es meint, und daß ich allen seinen nachträglichen Versicherungen, er hätte es nicht gemeint, nicht glauben könnte. (Davon später mehr.) <!>
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Ich verspreche jemandem: Ich werde bestimmt morgen zu Dir kommen. (Was geschieht da, wenn ich das1 wirklich meine?). Nun denke Dir, Du gehst auf einen ganz Unbekannten zu und sagst ihm diese Worte. Versuche sie zu meinen. Aber wie kann ich das, ich weiß ja z.B.2 nicht, wo er wohnt? Aber wenn Du es einem Bekannten sagst, so mußt Du ja auch nicht an seine Adresse denken, während Du sprichst3. Nehmen wir an, jemand hätte wirklich das einem Unbekannten gesagt; und er versichere uns dann: Als ich es sagte, hab ich es gemeint. Wir werden ihn fragen: Wie war das? Hast Du ihn für einen Bekannten angesehen; oder war es, als hättest Du ein Gespräch mit ihm gehabt und dies sei das Ende des Gespräches;4 oder hattest Du, sozusagen, ein Vorgefühl, daß Du morgen zu diesem Menschen kommen werdest; oder hast Du plötzlich den Zwang gespürt, auf diesen Menschen zuzugehen und ihm das im Ernst zu sagen; oder meinst Du, Du habest es einfach ohne Hintergedanken gesagt, und ohne daß Dir daran etwas Sonderbares aufgefallen5 wäre? <!>
1 [es| das]
2 [gar| z.B.]
3 [es sagst| sprichst]
4 [und als sei dies der letzte Satz des Gesprächs;| und dies sei das Ende des Gespräches;]
5 [sonderbar vorgekommen| Sonderbares aufgefallen]
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Denk an die Grammatik des Ausdrucks: jemand matt setzen. Er bezieht sich auf eine gewisse Handlung im Spiel. Aber wenn jemand, sagen wir ein Kind, mit Schachfiguren und einem Schachbrett spielt, dabei, ein paar Figuren aufs Brett setzt und die Handlung1 des Mattsetzens ausführt2, werden wir nicht sagen, es habe jemand matt gesetzt.
1 [Bewegungen| Handlung]
2 [macht| macht| ausführt]
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Denke1: ich ziehe und gebe meinem Gegner Schachmatt; jemand fragt mich: Hast Du die Absicht gehabt ihn matt zu setzen? Ich sage, ja. Nun fragt er: Wie kannst Du das sagen? Du weißt doch nur, daß in Dir das und das vorgegangen ist, wie Du den Zug gemacht hast.
Denn kann nicht nur der die Absicht haben jemand matt zu setzen, der das Spiel versteht; d.h., der die Regeln kennt und eine gewisse Praxis im Spiel hat? Aber wie können denn diese Bedingungen in meine seelischen Vorgänge beim Ziehen eintreten? Und doch hängt es von diesen ab, ob ich ihn jetzt absichtlich matt gemacht habe, oder nicht.
1 [Nimm an| Denke]
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Oder: Kann jemand, der das Spiel nicht kennt, mich matt setzen wollen? Und warum nicht? Ist es ihm unmöglich sich in den richtigen Geisteszustand zu versetzen? Und wenn es ihm nun doch gelänge?
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Aber was ging vor1, als ich ihn mit Absicht matt setzte? Nimm an, ich sagte mir die Worte: Nun wird er matt. Aber diese Worte konnte auch der sagen, der das Spiel nicht kennt; und2 er konnte sie mit allen meinen Empfindungen sagen, aber sie bedeuten nichts; nicht, weil sie nicht von den richtigen Erlebnissen begleitet sind3, sondern, weil sie nicht im Zusammenhang eines Sprachspiels stehen.
1 [geschah| ging vor]
2 [ja| und]
3 [werden| sind]
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<!>
Oder denke1 Dir so einen2 Fall: Du hattest Besuch; er war Dir unwillkommen und langweilig; Du hattest die ganze Zeit Gedanken von der Art: Wenn er nur schon ginge etc.. Als er weggeht sagst Du ihm nun: Ich hoffe Sie kommen3 bald wieder! und meinst es. Nachdem Du es gesagt hast, hoffst Du, er werde nie mehr wieder kommen. Ist das möglich? Und wenn Du meinst, daß nein, warum nicht? Ich glaube, Du wirst Dich fragen: Wie kann das zugehen? was heißt es hier, diesen Satz, ex abrupto, meinen? Nimm an, es sagte jemand: Das könnte nur ein momentaner Wahnsinn sein. Aber ist das eine Erklärung? Ich will wissen: Worin4 bestand hier das Meinen?
Etwas meinen besteht darin, daß man Verschiedenes denkt, fühlt, sagt und tut.
1 [Denke| Oder denke]
2 [diesen| so einen]
3 [Du kommst| Sie kommen]
4 [Zugegeben, daß es ein Wahnsinn ist, so will ich wissen: Worin| Ich will wissen: Worin ]
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Es geschieht auch, daß wir sagen: Im Augenblick, als ich es sagte, war ich davon überzeugt. Und hier könnte man meinen sollte es sich doch zeigen, worin das Überzeugtsein besteht. Aber stelle Dir so einen Fall vor! Du findest nicht, was Du suchst. Dieses Überzeugtsein, könnte man sagen, wird wohl seine Vorgeschichte gehabt haben. <!>
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Unter diesen Umständen, am Schluß einer Schachpartie. werde ich sagen müssen heißt das:1 ihn mit Absicht2 matt setzen. Oder auch: unter diesen Umständen heißt, was in mir vorging: die Absicht haben, ihn matt zu setzen. Man sagt auch z.B.: Ich hatte jetzt die Absicht ihm Schach zu geben. Und würde ich gefragt: Was meinst Du, wenn Du das sagst; was ist da geschehen, wie Du die Absicht hattest? so würde ich mich etwa an die Worte erinnern die ich mir gesagt habe, die Züge, die ich mir vorstellte,3 etc.. Und man sagt auch: Ich habe jetzt die Absicht, ihm Schach zu geben und da ist das nicht eine Beschreibung meines seelischen Zustandes nach vorhergegangener Introspektion; es ist nicht, als sagte man: Es fällt mir auf, ich habe jetzt die Absicht ..., wie man etwa sagt4 Es fällt mir auf, ich habe jetzt die Tendenz, Übles von N. zu reden. Sondern, daß ich das sage, ist ein Teil des Vorgangs, die Absicht zu haben. D.h., wenn ich mich etwa nachträglich daran erinnere und sagen soll, ob ich damals diese5 Absicht hatte und wie das war,6 so werde ich sagen, ich hatte die Absicht, denn ich sagte zu mir selbst (oder auch laut ... denn das kommt aufs gleiche7 hinaus). Ich habe jetzt die Absicht etc.
1 [,|:]
2 [absichtlich| mit Absicht]
3 [vorgestellt habe,| vorstellte,]
4 [sagen kann| sagt]
5 [die| diese]
6 [worin dies bestand,| wie das war,]
7 [auf dasselbe| aufs gleiche]
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Warum interessieren wir uns hier, wie auch früher, als wir vom Lesen und anderem sprachen, so sehr für die Tatsachen der Psychologie? Was haben diese mit unserer Untersuchung zu tun? Was uns interessiert, ist der Gegensatz zwischen dem wirklichen Sachverhalt und dem, welchen unsere Ausdrucksweise uns zu erwarten geneigt macht.
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Denke an einen bestimmten Menschen, in dessen Zuneigung zu Dir Du unbedingtes Vertrauen setzst und nun versuche Dir vorzustellen, daß, was er zu Dir spricht, falsch gemeint ist. Er sei also ein ganz unerhörter Schauspieler. Was hieße das? d.h.: welche Annahmen machst Du nun über ihn? Da wirst Du Dir vielleicht vorstellen, daß er, wenn Du ihm den Rücken drehst, Dir bös nachschaut; oder, während er das und das Freundliche zu Dir spreche, sage er in sich selbst etwas Unfreundliches. Aber da müßte ich vielleicht sagen, er sei verrückt, denn wenn er dies auch zu sich selbst sagte, so wäre es mir hier durchaus nicht klar, daß ich nicht dem trauen sollte, was er laut sagt. <!>
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Was vom Worte meinen gilt, gilt auch von denken. Wir können oft nicht anders denken, als indem wir halblaut zu uns (selbst) sprechen; und niemand, der beschreiben sollte, was da vorsichgeht, käme auf den Gedanken1 zu sagen, daß dabei ein Vorgang das Denken des Satzes2 den Vorgang des Sprechens begleite. Wenn er nicht durch die Existenz des Wortpaares Sprechen-Denken dazu verleitet wird, dadurch nämlich, daß unsere Sprache von diesen beiden Verben einen parallelen Gebrauch macht. Denke an den Gebrauch der Ausdrücke: Er redet ohne zu denken, Denke bevor Du sprichst!, Ich kann meinen Gedanken nicht richtig ausdrücken, Er sagt Eines und denkt dabei etwas Anderes3, Er meint kein Wort von dem, was er spricht4. Sehr interessant und nützlich ist es auch, die folgende Absurdität zu überlegen, die vor einigen Jahren ein französischer Staatsmann ausgesprochen5 hat: in der französischen Sprache folgen die Wörter in der Ordnung, in welcher man denkt.
1 [die Idee| den Gedanken]
2 [das Denken| das Denken des Satzes]
3 [eines und denkt dabei etwas anderes| Eines und denkt dabei etwas Anderes]
4 [sagt| spricht]
5 [gesagt| ausgesprochen]
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Wenn beim lauten Denken etwas das Sprechen begleitet, so ist es etwa der Tonfall der Rede, der Ausdruck des Gesichts und der Gebärde, und Ähnliches. Aber niemand würde diese Vorgänge allein das Denken nennen.
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Freilich, man sagt Ich glaube und sage, es wird regnen; und das klingt, als liefen hier zwei Vorgänge miteinander parallel: Glauben, es wird regnen, und Sagen, es wird regnen.
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Was ich mit dunkler meine, findet sich nicht in der Beziehung der Laute; ich sage es von Lauten nur in übertragener Bedeutung, d.h., nur vergleichsweise. Aber denkst Du also immer zuerst an Farben, wenn Du das Wort auf Laute anwendest? Nein, aber ich ziehe das Wort nur zu, hole es gleichsam heran; es ist nicht das eigentliche Wort für die Sache. Das Wort hat dann eine andere Beziehung zu dem, was es bezeichnet. Ich habe1 ein anderes Erlebnis des Meinens. Dieses Erlebnis ist z.B. gekennzeichnet durch das Zögern, wenn wir mit Ausdruck sagen: o ist gleichsam dunkler als e. (Statt des Wortes gleichsam steht manchmal nur ein Zögern der Rede und ein unartikulierter Laut.) <!>
1 [Oder: ich habe| Ich habe ]
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Man kann sagen: Körperliche und geistige Anstrengung heißen beide so, denn das Element der Anstrengung ist in beiden. Die Idee, das Bild, ist hier: Anstrengung heißt etwas, was in beiden enthalten ist. Man kann aber auch sagen: Ich nenne beides Anstrengung, weil eine Ähnlichkeit zwischen ihnen besteht. Und man kann sich nun auf alle möglichen Ähnlichkeiten besinnen.1 Denke an geistige und körperliche Unruhe, oder Ruhe. Man könnte sagen, die geistige Unruhe sei2 eine Art körperlicher Unruhe. Ähnliches ist oft gesagt worden ( Und Geist ist auch nur etwas am Körper (Zarathustra). Diese Idee muß uns noch beschäftigen.) Es gibt vielleicht Menschen, die geneigt sind sich so auszudrücken:3 Ich nenne Laute und Färbiges4 heller und dunkler, weil das gleiche Element in beiden Relationen vorhanden5 ist.
1 [[. Und|; und] man kann sich [nun| dann] an alle möglichen Ähnlichkeiten erinnern.|. Und man kann sich nun alle möglichen Ähnlichkeiten in die Erinnerung rufen.|. Und man kann [dann an alle möglichen Ähnlichkeiten denken| sich nun auf alle möglichen Ähnlichkeiten besinnen].]
2 [ist| sei]
3 [zu sagen:| sich so auszudrücken:]
4 [Farben| Färbiges]
5 [da| vorhanden]
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Denke Dir,1 Einer sagte: Ich sehe in ihnen ein Gemeinsames. Was soll ich nun sagen? Ich werde ihn fragen: Was ist das? Er: Das kann ich Dir nicht erklären, ich kann nur sagen, daß ich so etwas sehe. Ich: Dann sagst Du mir damit auch nichts neues, außer:2 daß Du Dich eben so ausdrücken willst; und das ist ja vielleicht in mancher Beziehung interessant.
<!>
1 [Nehmen wir an,| Denke Dir,]
2 [,|:]
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Es fragt mich jemand: Welche Farbe hat das Buch dort? Ich antworte: Rot. Er: Warum nennst Du seine Farbe rot? Ich werde unter gewöhnlichen Umständen1 sagen müssen: Aus keinem Grunde. Ich habe hingesehen, und das Wort rot gesagt. Hier möchte man sagen: Das kann doch nicht alles sein! Du könntest doch auf eine Farbe schauen und ein Wort dabei sagen und doch die Farbe nicht benennen. Und dann fällt uns leicht die Erklärung ein: Wenn ich das Wort als Name dieser Farbe ausspreche so kommt es mir in einer besondern Weise. Fragt man aber, auf welche Weise, so können wir keine Beschreibung von ihr geben. Nun fragt man mich:2 Erinnerst Du Dich also, daß Dir das Wort, wenn Du eine Farbe benannt hast,3 immer in dieser selben Weise gekommen ist? und wir müssen4 gestehen, daß wir uns an keine besondere Weise erinnern. Ja es ist leicht zu sehen, daß wir beim Benennen einer Farbe ganz Verschiedenartiges empfinden können.5 Denke etwa an diese Fälle: 1) Ich habe ein Eisen ins Feuer gelegt, will es auf helle Rotglut erhitzen und sage: Gib auf das Eisen acht und sag mir von Zeit zu Zeit, welchen Hitzegrad es erreicht hat. Du beobachtest es und sagst: Es fängt an hellrot zu werden.
2) Wir stehen an einer Straßenkreuzung und ich sage: Schau auf das Lichtzeichen und sag mir wenn grün kommt; dann lauf ich hinüber. Frage Dich: wenn Du nun in einem solchen Falle Grün! sagst und in einem andern Lauf!, kommen Dir diese beiden Wörter in verschiedener Weise, oder auf die gleiche? Kannst Du hierüber irgend etwas im allgemeinen sagen?
3) Ich frage Dich: Was hat der Stoff dort für eine Farbe? Du denkst: Wie nennt man ihn nur? heißt das Preußisch Blau, oder Indigo?
1 [normalerweise| unter gewöhnlichen Umständen]
2 [könnte man fragen:| fragt man mich:]
3 [ bei so einer Gelegenheit|, wenn Du eine Farbe benannt hast,]
4 [ich muß| wir müssen]
5 [ganz verschiedenartige [Erfahrungen| Empfindungen] haben können.| ganz Verschiedenartiges empfinden können.]
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Man kann auch so fragen: Ich sage Einem: Bring mir eine rote Blume: wie soll er wissen, welche Farbe er zu wählen hat, wenn er das Wort rot hört?1 Sehr einfach: er soll die Farbe nehmen, die2 ihm beim Hören des Wortes einfällt. Aber wie soll er wissen, was die Farbe ist, deren Bild ihm einfällt? Braucht es dafür ein weiteres Kriterium?
Es gibt übrigens auch ein Spiel: die Farbe wählen, die einem beim Wort rot einfällt. Und ein anderes: auf die Farbe zeigen, die Du rot nennst.
1 [Man kann [die Frage auch so stellen:| auch so fragen:] Wenn ich ihm sage Bring mir eine rote Blume, wie soll er wissen, welche Farbe er zu wählen hat?| Man kann auch so fragen: Ich sage Einem: Bring mir eine rote Blume[: |: ] wie soll er wissen, welche Farbe er zu wählen hat, wenn er das Wort rot hört?]
2 [deren Bild| die]
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Wenn wir in einer Diskussion über diese Dinge sagen Beim Benennen einer Farbe kommt der Name1 in einer bestimmten Weise, so bekümmern wir uns nicht um verschiedene Fälle und Möglichkeiten. Vielmehr, unsere Stütze ist das Argument, daß eine Farbe benennen verschieden ist vom Aussprechen irgend eines Wortes, während man auf eine Farbe sieht. Nimm an, ich zähle Gegenstände, welche auf meinem Tisch liegen; einer ist blau, einer rot, einer weiß, einer schwarz. Ich schaue der Reihe nach auf sie und sage: Eins, zwei, drei, vier. Siehst Du nun nicht,2 daß in diesem Fall3 etwas anderes geschieht, während man die Worte ausspricht, als was geschieht, wenn man jemandem die Farben dieser Gegenstände nennt4? Und hättest Du nicht hier, wie früher, sagen können: alles, was dabei geschieht, ist: ich sehe die Dinge an, und spreche die Zahlwörter aus?5 Nun ist gewiß: in vielen Fällen ist das Zählen von Dingen von andern, charakteristischen, Erlebnissen begleitet, als das Angeben ihrer Farben. Und es ist leicht zu sagen worin dieser Unterschied besteht. Beim Zählen von Gegenständen gibt es, z.B., eine gewisse charakteristische Geste: wir zeigen mit dem Finger der Reihe nach auf die Dinge6 und streichen sie, gleichsam, als schon gezählt ab. Man kann an verschiedene ähnliche Erfahrungen denken. Anderseits gibt es Erfahrungen des Konzentrierens unserer Aufmerksamkeit auf die Farbe von Dingen; verschiedene Erfahrungen (eine von ihnen ist, daß uns der Name einfällt den die Farbe in unsrer Muttersprache hat). Aber es ist nicht wahr, daß immer wenn wir zählen und immer wenn wir Farben angeben, die Vorgänge solche, mehr oder weniger charakteristischen, Züge aufweisen. <!>
1 [Der Name einer Farbe kommt|Beim Benennen einer Farbe kommt der Name]
2 [Ist es nicht leicht zu sehen,| Siehst Du nun nicht,]
3 [hier| in diesem Fall]
4 [Du die Worte aussprichst, als was geschieht, wenn Du jemandem die Farben dieser Gegenstände [hättest sagen sollen| nennst]| man die Worte ausspricht, als was geschieht, wenn man jemandem die Farben dieser Gegenstände [hätte sagen sollen| nennt]]
5 [alles was dabei geschieht, ist, daß ich die Dinge anschaue und die Zahlwörter sage? | alles, was dabei geschieht, ist: ich sehe die Dinge an, und spreche die Zahlwörter aus?]
6 [sie| die Dinge]
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Wenn uns diese Dinge philosophische Schwierigkeiten bereiten, so werden wir gleichsam den Versuch machen: eine Farbe benennen, um zu sehen, was dabei geschieht. Dabei schauen wir etwa unverwandt auf1 einen bestimmten Gegenstand2 vor uns und sprechen den Farbnamen immer wieder, im selben Ton und mit der gleichen Gebärde, aus: versuchen ihn gleichsam von der Farbe des Dinges abzulesen. Und es ist kein Wunder daß wir dann dazu neigen3 zu sagen, etwas ganz Bestimmtes geschehe, wenn wir eine Farbe benennen. Aber schaue von diesem Versuch auf andere Fälle des Benennens von Farben!
1 [starren wir etwa auf| schauen wir etwa unverwandt auf ]
2 [ein bestimmtes Ding| einen bestimmten Gegenstand]
3 [geneigt sind| neigen]
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Sieh von hier auf die Fragen1 die uns beim Nachdenken über das Wesen des Wollens, des willkürlichen Handelns begegnen. Vergleiche etwa diese Fälle: Ich überlege mir, ob ich einen bestimmten, eher schweren Gegenstand heben soll; ich entschließe mich dazu, es zu tun; dann setze ich meine Kraft ein, und hebe ihn. Hier, könnte man sagen, haben wir einen voll entwickelten2 Fall des Wollens3. Vergleiche damit etwa: Du reichst jemand das brennende4 Zündholz hin, nachdem Du Deine Zigarette damit angezündet hast, Du siehst5, daß er sich seine auch anzünden will. ( Dies6 tust Du gleichsam by the way.) Oder aber:7 Du bewegst Deine Hand beim Schreiben eines Briefes. Oder Lippen, Zunge, etc. beim Reden. Ich habe früher mit Absicht den irreführenden Ausdruck gebraucht: ein voll entwickelter8 Fall; denn diese Worte drücken9 aus, was wir über Fälle, wie die beschriebenen,10 zu denken geneigt sind: daß nämlich in dem einen das voll aufgeblüht und Aller11 Augen sichtbar ist, was alles willkürliche Handeln kennzeichnet, wenn auch nicht so offensichtlich.12 Unser Bild und unsere Ausdrucksweise nehmen wir von einem speziellen Fall her und wenden sie nun13 auf nahe, und entfernt Verwandtes an14; und möchten nun sagen: im Grunde15 haben wir überall das Gleiche. Die Ausdrucksformen unserer Sprache passen recht eigentlich16 auf gewisse besondere Fälle der Anwendung17 der Worte: wollen, denken, meinen, etc.; auch lesen gehört hierher. (So hätten wir das Buchstabieren das voll entwickelte Lesen nennen können. Vergleiche meinen Gebrauch des Wortes Bild in der Logisch-philosophischen Abhandlung.) Wir sprechen von einem Willensakt und unterscheiden ihn von der ausgeführten18 Handlung. Und in dem19 ersten Beispiel finden sich Akte, die diesen Fall von einem unterscheiden20, in welchem ich nichts andres sagen kann, als daß mein Arm mit dem Gewicht sich gehoben hat. Aber wo sind die Analoga zu diesen Akten in anderen Fällen?
1 [Denke hier an die Fragen| Sieh von hier auf die Fragen]
2 [ausgewachsenen| voll entwickelten]
3 [des geflissentlichen, willkürlichen Handelns| des Wollens]
4 [ein brennendes| das brennende]
5 [ Du hast gesehen| Du siehst]
6 [Das| Dies]
7 [Oder:| Oder aber:]
8 [ausgewachsener| voll entwickelter ]
9 [dies drückt| diese Worte drücken]
10 [über diese Fälle| über Fälle, wie die beschriebenen,]
11 [aller| Aller]
12 [was in allem willkürlichen Handeln, wenn auch nicht so offensichtlich, liegt.| was alles willkürliche Handeln kennzeichnet, wenn auch nicht so offensichtlich.]
13 [, wenden sie| und wenden sie nun]
14 [auf näher und entfernter Verwandtes an| auf nahe, und entfernt Verwandtes an]
15 [eigentlich| im Grunde]
16 [eigentlich| augenscheinlich| augenfällig| recht eigentlich]
17 [Anwendungen| Fälle der Anwendung]
18 [gewollten| ausgeführten]
19 [unserem| dem]
20 [unterscheiden von einem| von einem unterscheiden]
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Diese Abwesenheit des Willensaktes wie ich einmal sagen will ist William James aufgefallen und er beschreibt z.B. den Akt des Aufstehens am Morgen so: er liege im Bett und überlege ob es schon Zeit sei aufzustehen, und auf einmal finde er, daß er aufsteht. Ähnlich sagt man manchmal plötzlich hörte ich mich die Worte sagen .... Was heißt es denn aber, wenn ich sage: Wenn ich aufstehe geschieht nur das. Im Gegensatz wozu? Was ist es denn, was nicht geschieht? Und wenn etwas hier nicht geschieht, so geschieht es ja wohl in andern Fällen. Nun, ich glaube, wenn Einer ein schweres Gewicht mit Anstrengung hebt, oder Schritt für Schritt einen mühevollen Weg geht, wird er nicht sagen: I find myself ... Es ist das Gefühl der Muskelanstrengung, dessen Abwesenheit wir Abwesenheit des Willensaktes nannten.
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Hier gibt es einen seltsamen1 Widerstreit zweier Ideen: Man möchte sagen der Wille ist keine Erfahrung und der Wille ist doch nur Erfahrung. Was heißen diese beiden Sätze überhaupt und warum will man beide sagen? Wenn man den ersten Satz sagt, hat man ihn durch Introspektion gewonnen? Hat man sich beim Wollen beobachtet und gesehen, daß der Wille keine Erfahrung ist? Man möchte sagen: Der Wille darf keine Erfahrung sein! denn, wenn mir das Wollen auch nur geschieht, dann ist es eben kein Wollen. Und ist es hier nicht wieder, als rängen wir mit dem Wesen der Dinge?! Aber sind nicht beide Teile gleicherweise auf falscher Fährte? Der Wille ist eine Erfahrung , im Gegensatz wozu? Ich hätte statt dessen auch sagen können: Das Wollen geschieht mir. Nun wie verwenden wir den Ausdruck2 etwas geschieht mir? Wir sagen nicht Es geschieht mir, daß mein Arm sich hebt, wenn ich ihn hebe; wir sagen dies aber in gewissen andern Fällen. Und wir können uns so ausdrücken: die Erfahrungen, wenn sich in beiden Fällen der Arm hebt sind verschiedene. Den Ausdruck es geschieht mir, daß ich den Arm hebe gebrauchen wir normalerweise 3 nicht; und wenn, dann bedeutet4 er wohl: ich hebe den Arm.
1 [ist ein [merkwürdiger| seltsamer]| gibt es einen [merkwürdigen| seltsamen]]
2 [das Wort| den Ausdruck]
3 [für gewöhnlich| normalerweise ]
4 [heißt| bedeutet]
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Was ist nun der Unterschied zwischen den beiden Erfahrungen, wenn ich einmal meinen Arm hebe und ein andermal es mir geschieht daß er sich hebt? Da gibt es verschiedene Fälle. Er wird z.B. von einem Anderen gegen meinen Willen gehoben. D.h. ich mache eine Muskelanstrengung, ihn nicht zu heben. Es gibt aber auch Fälle in denen wir den Arm schlaff hängen lassen und er sich von selbst, weder mit, noch gegen unsern Willen, hebt. Nur dann haben wir auch nicht die gleichen Empfindungen in den Armmuskeln, als wenn wir ihn heben.
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Gefährlich ist hier die Verwechslung zwischen Wollen und Wünschen. Denn wenn ich meinen Arm hebe, so ist es nicht so, daß ich zuerst wünsche, er möchte sich heben, und nun tut er es tatsächlich. (Obwohl auch das in besondern Fällen geschehen könnte.)
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Wenn wir unsere Finger in bestimmter Art verschränken, so sind wir nicht im Stande einen bestimmten Finger auf Befehl zu heben, wenn der Befehlende bloß auf den Finger zeigt ihn bloß unserm Auge zeigt. Wenn er ihn dagegen berührt, so können wir ihn bewegen. Man kann diese Erfahrung so beschreiben: wir seien nicht im Stande, den Finger heben zu wollen. Aber nicht nur ist das ganz anders, als wenn wir nicht im Stande sind den Finger zu heben, sondern wir müssen sagen, daß der Ausdruck im Stande sein oder1 das Wort versuchen hat im ersten Fall eine andere, wenn auch verwandte Bedeutung.
1 [und| oder]
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Man ist nun leicht geneigt diesen Fall so zu beschreiben: man könne für den Willen keinen Angriff finden, ehe der Finger nicht berührt sei, ehe man den Finger nicht fühle. Erst wenn man ihn fühle, könne der Wille wissen, wo er anzugreifen habe. Aber diese Ausdrucksweise ist irreführend; man1 möchte sagen: Wie soll ich denn wissen, wo ich mit dem Willen anzupacken habe, wenn das Gefühl nicht die Stelle bezeichnet? Aber ich könnte fragen: Und wie weiß man denn, wenn das Gefühl da ist, wohin ich den Willen zu lenken habe?
1 [. Man|; man]
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Dieses Experiment, sowie das, ein Viereck mit den Diagonalen im Spiegel zeichnen, zeigt möchte man sagen, daß Wollen auch nur eine Erfahrung ist (der Wille nur Vorstellung). Er kommt, wenn er kommt; ich führe ihn nicht herbei1. Oder: Man kann nicht wollen, wenn man will. Es geschieht einfach!
1 [kann ihn nicht herbeiführen| führe ihn nicht herbei]
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Was dieses Experiment aber tut, ist: es legt uns eine Betrachtungsweise nahe. Denn, indem es uns in die Lage bringt zu sagen: ich kann das nicht wollen, wirft es das Wollen mit andern Dingen zusammen, die auch nicht geschehen1, weil ich wünsche, daß sie kämen2. Es hätte oben heißen sollen: Ich kann nicht immer wollen, wenn ich zu wollen wünsche. Oder, ich kann eine willkürliche Handlung nicht immer tun3, wenn ich sie zu tun wünsche, oder, sie geschieht nicht immer, wenn ich wünsche sie geschähe, auch wenn sich keine Kraft meinem Willen entgegensetzt.
1 [kommen| geschehen]
2 [kommen| geschehen| kämen]
3 [ausführen| tun]
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(Wer lernt die Ohren zu bewegen, lernt auch es zu wollen. Dies ist ähnlich damit: Wer sprechen lernt, lernt auch denken.)
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Kannst Du wollen wenn Du willst? Das Wort wollen ist hier falsch verwendet. Es schillert in zwei Bedeutungen (Frege). Es ist als wäre mit dem Wollen schon gewollt und als wäre1 noch nicht gewollt. (Das Bild vom Schillern ist darum so zutreffend,2 weil auch der Eindruck des Schillerns in einem gewissen Sinne ein Farbeindruck ist.)
1 [wäre| als wäre]
2 [stellt die Sache darum so [gut| richtig] dar,| ist darum so zutreffend,]
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Dieser ganze Versuch einer Umarbeitung von Seite 118 bis hierher ist nichts wert.
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Franz Hespe